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Sepp Oberdenglers Rundschau (2)

| 11. April 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 201, Oberdenglers Rundschau

Foto: Manfred Weis

August Schmölzer ist Sepp Oberdengler! Der Schauspieler und Schriftsteller lässt seine Radiofigur »Sepp Oberdengler« seit der letzten Ausgabe auch im Fazit monatlich »Rundschau halten«.

Irgendwie sind jetzt olle schmähstad. Dafür macht sich Österreich langsam kriegsfit.

Liebe Steirer und Innen, ich hoffe es geht Euch gut? Jetzt is a tod da Navalni. Umgebracht oder nicht, wie muss es der Mutter, der Frau und seinen Kindern gehen? 20 Minuten Requiem und ab in die Ewigkeit; so viel zur orthodoxen Kirche. Wie groß muss die Angst der Verantwortlichen sein? Angst vor was? Vor Menschen, die frei sein wollen?

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Liebe Steirer und Innen, ich hoffe es geht Euch gut? Jetzt is a tod da Navalni. Umgebracht oder nicht, wie muss es der Mutter, der Frau und seinen Kindern gehen? 20 Minuten Requiem und ab in die Ewigkeit; so viel zur orthodoxen Kirche. Wie groß muss die Angst der Verantwortlichen sein? Angst vor was? Vor Menschen, die frei sein wollen?

Für mich sind die Diktatoren die eigentlich Unterdrückten. Trotz Brutalität und allen möglichen kranken Ideen reißen diese Psychopathen ihr Volk selbstsüchtig mit in den Abgrund. Das auf dem Weg zu ihrem erbärmlichen Ende so viel Menschen leiden, ist das wirklich Schreckliche. Abgesehen von den Mitläufern, die dann wie immer nicht dabei gewesen sein werden. Internationale Aufschreie landauf, landab, aber kaum was passiert. Wo sind die internationalen Untersuchungen? Irgendwie sind jetzt olle schmähstad. Liebe Freunde, warn des no Zeiten, als Putin in Wien vier Monate nach der Krim-Annexion mit Expräsi Fischer und Exwirtschaftspräsi Leitl über Diktatur g’lacht und g’scherzt hot. Fischer hat Putin dafür sogar gestreichelt! Oder Putins Hochzeitsbesuch in der Südsteiermark, und erst der Kniefall unserer  Außenministerin vor ihm, woa das net schön? Bumm und auf amol wara a Diktator!

Igitt, des hama net g’wusst? Und plötzlich hat nie irgendwer was mit ihm zu tun g’habt. Jetzt wird nicht mehr gscherzt und gstreichelt, jo geheim schon, a bissl, weil der Rubel muss ja rollen und die G’schäftl’n müas’n rennen. Regimegegner und Oppositionelle sterben inzwischen wie die Fliegen. Aber Gottseidank kriegen wir noch unser Gas. Biogas is uns zu teuer und eine neue Pipeline an Russland vorbei, brauch ma des? Wir haben eh unsere Lieferverträge mit Putin, wo is das Problem? Die Rüstungsindustrie boomt und »Steyr Arms« jubelt. Österreich macht sich kriegsfit. Wenn diplomatische Anstrengungen so groß wären, wie die Rüstungsindustrie aufmagaziniert, wäre das vielleicht eine Chance. I brauch keinen Krieg. Aber schützen müssen wir uns, auf jeden Fall. Wir sind ja neutral, aber das wäre jedem Diktator wurscht. Erstaunlich, sagt mein Nachbar Ferdl. Wie gut es den meisten Österreichern geht, und trotzdem schrein sehr viele nach dem starken Mann, nach den Allesversprechern, den Alleskönnern, den Sängern in der Badewanne. Tja, Demokratie ist etwas sehr Kompliziertes, aber was Besseres hat man bis jetzt noch nicht für ein friedliches Miteinander gefunden. Gut, die Habsburger haben lieber geheiratet als Kriege geführt, aber weg sind sie jetzt auch vom Fenster. Und wenn man die heut Mächtigen anschaut, wer soll da bitte wen heiraten?

Wir sind, sagt der Ferdl, am Plafond ankommen. Am besten reißen wir alles nieder und fangen von vorn wieder an, denn Krieg is a supa Gschäft. Wenn Putin in Moskau rülpst, gibt’s in der Europäischen Union an Hurrikan, das nennt man Chaostheorie oder Angstverhalten. Lösung habe ich auch keine. Was hilft, wär vielleicht reden, offen und ehrlich, laut und alle miteinand‘! Wollen wir das alles wirklich so? Also ich will Frieden und Demokratie und wenn’s noch so weh tut. Aber dazu braucht es gute Politiker, keine Zündler, Kriegsgewinnler, oder  Verführer, sondern leibhaftige, empathische Menschen, die am Menschen und am Frieden interessiert sind.

Alles andere ist meiner Ansicht nach vorprogrammierter Untergang. Aber vielleicht brauchen wir das wieder, damit wir begreifen, wie gut es uns geht und dass es trotz aller Schwierigkeiten und Fehler die Demokratie ohne Wenn und Aber zu schützen gilt. Uns bleibt also nur die Möglichkeit, das Unsere beizutragen, egal wie klein oder groß, aber steter Tropf’n höhlt den Stein. Und vielleicht hilft uns das Osterfest und die Auferstehung, wieder etwas in uns zu gehen. Wir brauchen es dringend. In diesem Sinne bis zum nächsten Mal bei der Fazit-Rundschau, herzlich Ihr Sepp Oberdengler

PS. Aufpassen! Der Teif’l schloft net!

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Sepp Oberdenglers Rundschau #2, Fazit 201 (April 2024)

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