Zur Lage (23)
Christian Klepej | 25. November 2009 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 58, Zur Lage
Über Kabarett und Politik, über einen Radweg, über Marken und Logos und über die Europäische Union.
Kabarettist Jörg Martin Willnauer wechselt die Fronten. Der bundesdeutsche Wahlgrazer steht nämlich vor seinem Einstieg in die Höhen steirischer Landespolitik; als Spitzenkandidat der Grünen bei der Landtagswahl 2010. Willnauer hat offensichtlich den gar nicht so heimlichen Trend erkannt, dass heimische Politik langsam aber sicher jedem redlichen Satiriker das Wasser abgräbt. Blicken wir etwa auf die ehrenvolle Stiftungsgeschichte der Steirischen Sozialdemokraten. Die SPÖ will ja ihre Stiftung auflösen, um den Geruch des steuerschonend geparkten Stiftungskapitals etwas zu überdecken und dasselbe in einer »gemeinnützigen ForschungsgmbH« mit ganz neuen Düften auszustatten. Der Stiftungsexperte Gregor Kohlbacher ortet dabei aber Probleme. Laut Kleiner Zeitung sieht er »keine Möglichkeit, die Stiftung rechtswirksam aufzulösen. In Frage käme nur die Begründung, dass der Stiftungszweck erreicht oder nicht mehr erreichbar ist.« Jetzt muss man wissen, als Stiftungszweck gilt die Förderung sozialdemokratischer Ideale. Also hat Franz Voves offenbar erkannt, dass dies nicht mehr vonnöten ist (kann man so sehen) oder schlicht nicht mehr möglich ist (da wäre ja sogar ich optimistischer als der Landeshauptmann).
Da gibt es offenbar noch einiges an Klärungsbedarf. Wie auch bei einem Radwegprojekt, um das sich die Stadt Graz dieser Tage annimmt. Keine zwei Jahre ist es her, da wurde von der stadteigenen Messe ein Grundstück an eine Wohnbaugesellschaft verkauft, heute nun will die Stadt Teile davon zurückkaufen, um einen 1,43 km langen Radweg zu errichten. Zum Schnäppchen von 3,6 Millionen Euro. (Das wären dann più meno an die 50 Millionen Schilling! 36000 der Radwegmeter. Na, da mach ich‘s aber dem Willnauer gleich, verändere mich und biete hier und heute den Meter Radweg der Stadt um wohlfeile 29999 an.) Anführen muss ich noch, dass Lisa Rücker überlegt, die Sache »noch einmal zu prüfen«. Also ist da noch nicht aller Tage Abend.
Wie bei der »Graz AG«. Diese vor doch schon etwas mehr als 365 Tagen (in Jahren klingt das so runtermachend wenig; es könnten dafür aber auch nur 320 Tage sein) eingeführte »neue Marke« der Grazer Stadtwerke befindet sich bereits wieder auf der Halde entsorgter Logos. Heute, wo Sie und ich noch immer »Stadtwerke« sagen, wird bereits an einem neuen Namen gezimmert. Die 100000 Euro, die die Logoumstellung von »Stadtwerke« auf »Graz AG« laut verschiedenster Medien gekostet haben soll, würden außerdem nur für 38 Meter Radweg reichen (und sind in Euro ja gar nix mehr).
Ist also alles nicht so schlimm. Zumindest nicht so schlimm, wie die aktuellen Überlegungen betreffend des jetzt ganz neuen Namens: »GIG« (Grazer Infrastruktur GmbH) sollen die Stadtwerke bald heißen, oder auch »GUG«, angesichts der Tatsache, dass das 2011 sicher wieder verändert wird, hab ich mir das nicht genau gemerkt.
Beim »Nichtmerken« fällt mir der Olymp europäischer Satirekunst ein, die EU. Haben Sie sich schon die Namen der neuen europäischen Spitzenpolitiker verinnerlicht? Der eine, Herman Van Rompuy, wird neuer Präsident des Europäischen Rates (in etwa eben nicht vergleichbar mit einem Europäischen Superstaatschef), die andere, Catherine Ashton, nicht einmal EU-Außenministerin sondern »Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik« (in etwa eben nicht vergleichbar mit dem maltesischen Außenminister). Als deren Nominierungen bekannt wurden, hab ich mir gedacht, naja, Tony Blair, Wolfgang Schüssel, Joschka Fischer oder Alfred Gusenbauer wären »cooler« gewesen, aber schau ich mir halt einmal an, wie die das machen. Nur mußte ich dann (in der APA) folgendes lesen: Van Rompuy will „diskret“ agieren. Bei seiner ersten Pressekonferenz sagte Van Rompuy, seine Aufgabe sei es, Konsens herbeizuführen. „Meine Meinung ist völlig untergeordnet. Es ist völlig egal, was ich denke, meine Rolle besteht darin, nach dem Konsens zu suchen.
Warum macht den Job dann nicht Donald Duck? Diesen würde man weltweit kennen. Fotografieren lässt man sich auch gerne mit ihm, und ob er wirklich so einfältig ist oder nicht, spielt keine Rolle. Selbst ein Idiot kann Dinge tun, bei denen eigenes Denken völlig egal ist. Ich befürchte, dem Projekt der EU geht es wie der »Graz AG«: Gescheitert; aber jedenfalls Geschichte. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass eine große Koalition dem Lande nicht nutzen kann.
Zur Lage, Fazit 58 (Dezember 2009)
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