Politiker aufwerten. Oder abschaffen.
Christian Klepej | 24. März 2010 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 61
Der steirische Landeshauptmann will den Bundesrat aufwerten. Oder abschaffen. So hat er es, gemeinsam mit seiner Salzburger Kollegin Gabi Burgstaller, dieser Tage verlauten lassen. Um nur wenige Stunden zuvor im ORF-Report die (nicht wirklich neue) Idee zu präsentieren, den Steiermärkischen Landtag von derzeit 56 auf 36 Mandatare zu verkleinern. Dies alles unter dem Topos der »Zeiten budgetärer Knappheiten«. Und nicht zuletzt deswegen wäre die heimische Politik schlecht beraten, diesen Vorschlägen nachzukommen.
Jedenfalls strikt abzulehnen ist der Plan, weniger Abgeordnete in die Landesstube zu entsenden. Ein funktionierendes demokratisches Vertretungssystem, und das haben wir (zumindest in der Theorie) bei uns vorliegen, bedarf einer möglichst pluralistisch zusammengestellten Kammer, in der möglichst viele verschiedene Interessens-lagen der Bevölkerung Abbildung finden. Eine Reduktion um beinahe 40 % würde einen solchen Pluralismus deutlich einschränken, wahrscheinlich sogar gefährden. Und auf eine solche Idee kann eigentlich nur der kommen, der nicht begriffen hat, dass es »Politikerverdrossenheit« und nicht »Politikverdrossenheit« ist, die immer mehr Wähler von den Urnen fernhält. Franz Voves und die SPÖ stehen da natürlich nicht alleine; immer wieder kommen solche Anregungen auch von bürgerlicher Seite.
Dringenden Reformbedarf haben weder unser parlamentarisches System noch irgendwelche demokratischen Grundstrukturen hierzulande. Dringenden Reformbedarf haben an aller erster Stelle unsere Parteien. Die müssen erkennen, dass sie die vornehmste wie vordringlichste Aufgabe ihres Daseins wahrzunehmen haben: Nämlich solche Listen zu erstellen, solche Mandatarinnen und Mandatare in unsere Parlamente zu entsenden, die dieser »Politikerverdrossenheit« entgegenarbeiten.
Wie weit sie davon derzeit entfernt sind, zeigt die Tatsache gut auf, dass der Obmann der steirischen SPÖ offenbar davon ausgeht, keine 18, 22, 24 Persönlichkeiten auftreiben zu können, die es verdienen, im Landtag wirken zu dürfen. Die über eine Million Steirerinnen und Steirer, die verdienen – zumindest – 56 Persönlichkeiten, die sie im Landtag vertreten! Und verdienen Parteien, deren Obmänner sich darum kümmern, solche Persönlichkeiten aufzustellen.
Und was die Sache mit dem Bundesrat betrifft, das hat ja was. Vielleicht aber auch nur deshalb, weil dieses Thema seit gut dreißig Jahren in Österreich immer wieder diskutiert wird. Oder länger.
Editorial, Fazit 61 (April 2010)
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