Nagl: Reform statt Abrechnung
Johannes Tandl | 5. Oktober 2010 | Keine Kommentare
Kategorie: Aktuell
Die Grazer ÖVP war nach ihrem schlechten Abschneiden bei der Landtagswahl in die Kritik geraten. Als Bürgermeister Siegfried Nagl heute zur Presskonferenz lud, rechneten daher viele mit einer persönlichen Abrechnung. Doch es folgte eine strukturierte Manöverkritik, bei der Nagl sanft und dennoch bestimmt einige Dinge beim Namen nannte, mit deren Umsetzung er in Graz schon demnächst als Programm gegen die Politikerverdrossenheit beginnen wolle.
Der Grazer Bürgermeister stellte klar, dass aus seiner Sicht weder die Politik, noch die Parteien und schon gar nicht die Steiermark als Gewinner der Landtagswahl bezeichnet werden könne. Besonders die Jubelbilder aus der VP-Zentrale, hätten einen katastrophalen Eindruck hinterlassen. Was Nagl nicht sagte: als die weiß-grün gekleidete VP-Parteijugend ihren Spitzenkandidaten Hermann Schützenhöfer so euphorisch im Fernsehen bejubelte, war die Stimmung in der VP-Zentrale aufgrund partei-interner Hochrechnungen tatsächlich noch auf einen Wahlsieg eingestellt. Und hätte die ÖVP in Graz nicht deutlich schlechter abgeschnitten als in der übrigen Steiermark, wäre die ÖVP tatsächlich vor der SPÖ gelandet.
Trotzdem hat Nagl mit seiner Einschätzung des Wahlabends völlig Recht: Beide Großparteien haben Stimmen verloren und immer weniger Wähler können mit Parteien, die sich lieber gegenseitig schädigen, als positiv zu punkten, etwas anfangen. Er präsentierte daher drei Punkte, mit denen die Politik, Glaubwürdigkeit und Interesse bei den Wählern zurück gewinnen soll.
+ Ein schlechter Stil wird abgestraft
Hauptverantwortlich für die geringe Wahlbeteiligung und die Verluste von SPÖ und ÖVP ist für Nagl der Stil, der in den letzten fünf Jahren zwischen den Regierungsparteien herrschte und der vom Wähler abgestraft wurde. Für die Zukunft forderte Nagl einen respektvollen Umgang des Ersten mit dem Zweiten und dem Dritten und umgekehrt, dass der Zweite und der Dritte den Ersten mittragen. Das sei das Wesen jeder Konzentrationsregierung.
+ Die Wähler vertragen die Wahrheit
„Die Wähler haben erkannt, dass wir längst über den Rand des Finanzierbaren hinaus marschiert sind“, begründet Nagl seine Forderung nach einer Politik, die nicht mehr Geld ausgibt, als an Einnahmen zur Verfügung stehen und das dem Wähler auch mitteilt. Für Graz bedeutet das, dass Nagl die Budgetziele des Jahres 2015 schon bis Mitte 2012 erreichen will, um mit einer deutlichen Verbesserung der finanziellen Grazer Situation in das Wahljahr 2013 starten zu können. Das bedeutet, dass der Grazer Konsolidierungskurs deutlich verschärft werden muss.
+ Mehr Bürger-Mitsprache durch Volksbefragungen
Alle fünf Jahre ein Kreuzerl zu machen, sei den Bürgern längst zu wenig geworden. Nagl, will daher, ab sofort, die Wähler zu wichtigen Themen befragen. Konkret nannte er die Gestaltung des Mur-Raumes, den geplanten Stadtteil auf den Reininghaus-Gründen, die Haushaltskonsolidierung, Fragen zur Sicherheit und das immer wieder geforderte Bettelverbot als mögliche Abstimmungsthemen, wobei die konkrete Fragestellung vom Gemeinderat beschlossen werden solle.
Angesprochen auf die personelle Situation auf Landesebene, will Nagl übrigens nichts von der Notwendigkeit eines Austausches wissen. Das Team um Hermann Schützenhöfer sei optimal aufgestellt und daher gäbe es überhaupt keinen Grund für etwaige Änderungen, so der Grazer Bürgermeister.
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