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Phonosophicum (Oktober 2010)

| 29. Oktober 2010 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 66, Phonosophicum

Kabel – Esoterik und Wirklichkeit Die klanglichen Auswirkungen von Kabeln sind ein Dauerthema in der Hi-Fi-Fraktion. Es gibt einiges, was der Verkabelung so zugeschrieben wird. Dazu gehört auch die Mär vom „klingenden“ Kabel. Nur so viel: Kabel können nicht direkt „klingen“. Aber sie haben indirekten Einfluss auf das Klanggeschehen. Das heißt: Mit einem gut konstruierten Kabel kann Ihre schon gute Anlage noch besser klingen. Wer seine Strippen unter der Prämisse „billig = gut“ aus dem Baumarkt holt, spart eindeutig am falschen Ende. Dazu Robert Czesany vom Hifi-Team Graz: „Auch bei Kabeln gilt die alte Weisheit: Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.“

Aber was ist dran an einem guten Kabel? Dazu ein kurzer Exkurs in die Physik: Parameter wie elektromagnetische Felder, Isolierung, Verseiltechnik oder Material der Leiter verändern den Stromfluss im Kabel frequenzabhängig. Kabel sind Hohlleiter. Und 90 % der elektrischen Gesamtinformation spielt sich an den Außenseiten der Litzen ab (Skineffekt). Diese sind das Kabelinnerste, durch die der Strom fließt, der das Audiosignal transportiert. Die billigsten Kabel haben bei 1,5 qmm Querschnitt eine Litzenanzahl zwischen 8 und 25, wohingegen bereits preisgünstige Hi-Fi-Kabel im gleichen Querschnitt 5 separate Litzenstränge zu je 40 Litzen aufweisen können. Dass bei einer solchen Maximierung der Oberfläche wesentlich mehr Information zum Lautsprecher gelangt, ist selbst für Nichtphysiker einleuchtend.

Qualitätslitzen bestehen aus sauerstofffreiem Kupfer, dadurch bleiben sie flexibel und bruchsicher. Für besonders edle Verbindungen wird oft reines Silber oder eine Silber/Gold-Legierung als leitendes Material verwendet. Bei diesen Kabeln hat das Grundmaterial allerdings schon einen recht hohen Preis. Zudem sind die Litzen in High-End-Kabeln zugunsten der gegenseitigen Schirmung untereinander verdrillt, während sie bei Schnäppchen-Kabeln gerade laufen. Dazu kommt, dass diese nicht unter Schutzatmosphäre gezogen werden, was wiederum eine Oxidierung der äußeren Litzenschicht begünstigt, und nicht sauber verlötet sind.
Und was ist nun tatsächlich hörbar? Da gut konstruierte Kabel einen niedrigen Induktionsverlauf aufweisen, belasten sie den Verstärker weniger. Das hat zur Folge, dass dieser den gesamten Frequenzbereich mit weniger Einbrüchen, Auslöschungen und Phasendrehungen übertragen kann, was wiederum einen einwandfreien Signalfluss garantiert und somit einen positiven Einfluss auf das gesamte Klanggeschehen (Räumlichkeit, besser aufgelöste Höhen und Bässe) hat.

Die Länge der Kabel ist nicht so kritisch wie oft angenommen, trotzdem sind kürzere Verbindungen generell vorzuziehen. Falls Ihre Komponenten es zulassen, sollten Sie symmetrischen XLR-Verbindungen den Vorzug geben. In diesen heben sich Störsignale zwischen den beiden Polen gegenseitig auf. Und was den Querschnitt von Kabeln betrifft, so sind in der Regel 3 bis 4 mm2 absolut ausreichend.

Natürlich gibt es Kabel, die preislich jenseits von Gut und Böse liegen. Aber Kabel werden mit zunehmendem Preis nicht unbedingt besser. Immer wieder berichten Feinspitze von riesigen Unterschieden bei Hörtests. Blindtests zeigen jedoch erfahrungsgemäß ernüchternde Ergebnisse. Selbstredend verwendet jeder Hersteller von hochwertigen Kabeln nicht nur eine ausgeklügelte Kabelarchitektur mit speziellen Materialien für die Leiter und Isolationsschichten, sondern auch eine ganz spezielle Klangphilosophie. So nett die Superstrippen von Nordost, Kimber oder Audioquest auch anzusehen sind: Ich würde nicht im Traum daran denken, mehrere Tausend Euro für einen Stereometer Kabel auszugeben. Eine Faustregel scheint mir hier ganz praktikabel zu sein: Für Ihre Kabelage dürfen Sie guten Gewissens 10 % bis 15 % des Preises Ihrer Anlage ausgeben!
Und: Wenn Sie schon in sehr gute NF- und Lautsprecherkabel investieren, dann kitzeln Sie die letzten Nuancen aus Ihrer Anlage und gönnen sich eine saubere Stromzufuhr mittels Netzfilter und gut geschirmter Stromkabel. Es macht sich bezahlt!.

Fazit: Eine ordentliche Verkabelung gehört zu einer guten Hi-Fi-Anlage. Erwarten Sie nicht, dass ein teureres Kabel den Klang Ihrer Anlage völlig verändert. Bei einer nur mittelmäßig klingenden Anlage helfen auch teure Kabel nicht. Und unterschätzen Sie nicht andere, wesentlich wichtigere Klangfaktoren wie Position und Einwinkelung der Lautsprecher oder Raumbeschaffenheit. Falls Sie in hochwertige Verbindungen investieren wollen, entscheiden Sie sich für einen etablierten Hersteller. Gönnen Sie sich Hörsitzungen und testen Sie verschiedene Produkte. Vertrauen Sie dabei weniger irgendwelchen Messtabellen als einfach Ihren Ohren!

Phonosophicum #15, Fazit 66 (Oktober 2010)

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