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Zur Lage (36)

| 5. April 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 71, Zur Lage

Unwesentliches über einen Supermarkt, kurz zum Berufsbild des Wachmanns, etwas über Ernst Strasser und was über Vorstände.
Zwei-, dreimal im Monat komm ich zum Einkaufen bei diesem Spar-Markt in der Hans-Sachs-Gasse. Also eigentlich komm ich dann ja gerade nicht zum Einkaufen, also nicht rechtzeitig bis um sieben, und muss daher zu dem Spar-Markt in der Hans-Sachs-Gasse, der hat länger offen. Und er hat noch etwas Außergewöhnliches anzubieten: eine ladeneigene Security, sagt man da heute. Wachmänner, verstehen wir Alten. Wahrscheinlich komm ich doch seltener in diesen Markt, auf jeden Fall denk ich mir, das ist immer ein anderer Wachmann. Aber er schaut immer gleich gefährlich aus. Wahrscheinlich ist das ja sogar eine – um dem Berufsbild zu entsprechen – wichtige Voraussetzung für so einen Wachmann, so einen »Shop-Guard«, ein bisschen gefährlich auszusehen. Ich muss gestehen, ich bin immer froh, dass ich dann gerade in einem Spar-Markt bin, wenn ich dieses Wachmannes ansichtig werde, in einem dunklen Wald oder auch nur auf einem einsamen Autobahnparkplatz würde das vielleicht ein wenig anders ausschauen. Jedenfalls erzielt er seine Wirkung, der Wachmann. Also bei mir zumindest.
Seitdem dieser dort aufpasst und einen genauestens beobachtet, während man vor der Kassa aufs Zahlen wartet, habe ich es noch nie verabsäumt, alle meine Hosen- wie Jacken- und sonstigen mitgeführten Taschen genauestens zu kontrollieren, wohl nichts eingesteckt oder -gepackt zu haben, was den Eindruck erwecken könnte, an der Kassa vorbeigeschummelt werden zu wollen. Nicht, dass ich jemals auch nur einen Lutscher hätte wo mitgehen lassen, aber diese Wachleute dort, die wirken mir eher dem alten Ideal verpflichtet, keine Gefangenen zu machen.
Gestern erst, da war ich wieder dort, da hab ich mir gedacht, dieser Ernst Strasser, der kann froh sein, dass er bei seinen internationalen Bemühungen, alle Verbrecher – besonders die ganz korrupten – dieser Welt zu überführen, noch nicht bei dem Spar-Markt vorbeigekommen ist.
Weil für so Missverständnisse im Zuge solcher in Wahrheit der demokratischen Kultur verpflichteten Ermittlungen, denen der Ernst Strasser mal in seinem Büro, mal in seiner Bar nachkommt, für so Missverständnisse hätten die Wachleute dort, glaube ich halt, kein Verständnis. Der Strasser Ernst, der hätte nur anheben brauchen zu seinem noch so gut vorbereitetem »änd for diss ei täck äbaut ä handaddausnd juhros ä jier …« – patsch hätt’s gemacht, und der Wachmann hätte den Ernst sofort an die Wand genagelt. Aber sofort! Links, rechts, patsch! Na ja. Wissen Sie, diese Sache um diesen selbstgefälligen und offenbar schwer korrupten Karrieristen Ernst Strasser, die hat mich wirklich in Mark und Bein getroffen. Aber lassen wir das, das führt zu nichts. Viel lustiger, ich erzähl Ihnen die Geschichte von meinem Mobilnetzbetreiber, der hat mir nämlich vor wenigen Tagen ein so ein »personalisiertes Mailing« zugeschickt.
Das ist immer was Tolles, Post bekommt man in diesen postarmen Zeiten gerne. Dieses »Mailing« von A1 Telekom – ja, ich bin da recht wenig kreativ in der Auswahl meines Mobilnetzbetreibers, auch unser Firmenfestnetz und sogar das Internet beziehen wir dort, wenn man denn davon sprechen kann, das Internet zu beziehen – war ein recht aufwendig gestaltetes, handlich zusammengefaltetes, offen dann nicht ganz A1-großes Plakat. »Sehr geehrter Herr Klepej«, war da einleitend zu lesen und dann weiter: »Persönliche Wertschätzung. Eine gute Beziehung. Ein gemeinsames Jahr. Heute ist der Tag, an all das zu denken«. Das liest man gerne. Noch dazu auf so edlem Papier in so wunderbaren Farben. Der gute Alexander Sperl, MBA, zeichnender Vorstandsdirektor der A1 Telekom Austria AG, bedankt sich dann abschließend in kurzen, sehr freundlichen und beinah Intimität imaginierenden Worten bei mir für mein erstes Jahr der gemeinsamen Zusammenarbeit mit A1. Super Sache, einmalig.
Besonders intensiv wird dieser Dank natürlich eingedenk der Tatsache, dass ich seit dem Jahre 1991 ein Mobiltelefon mein Eigen nenne und das damals schon, ganz uneingedenk der Tatsache mit dem Monopol, beim Rechtsvorgänger der A1 Telekom Austria angemeldet hatte. Ein Jahr danach kam ein zweites dazu und mittlerweile sind es seit mehr als sechs Jahren sechs Mobiltelefonverträge und vier Festnetzleitungen (die seit zwanzig Jahren), die ich – und ich erlaube mir, ihn hier stellvertretend zu nennen – bei Vorstandsdirektor Sperl jedes Monat blech. Da freut es mich natürlich, wenn Sperl mich jetzt wenigstens seit einem Jahr als Kunden wahrnimmt. Ein bisschen relativiert dieses Mailing natürlich auch jede Sorge vor allzu großem Datenmissbrauch durch diese Riesenkonzerne.
Dafür sind die viel zu behäbig; dinosaurierartig sind die dumm genug, viel zu viel Geld für ein solches mich für meinen Lieblingsprovider fremdschämen lassendes Mailing auszugeben. Anstatt dass die mir nach mittlerweilen bald sieben Jahren, die ich jetzt mit meinem Samsung-Klapptelefon aus der Steinzeit telefoniere, endlich einmal ein neues Telefon schenken würden. Aber hallo! Das bekommt man ja nur bei einem Jahresvertrag gratis! Den ich erst zwanzigmal habe laufen lassen. Aber was interessiert uns mein Handy. Bis bald. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass eine große Koalition dem Lande nicht nutzen kann.

Zur Lage #36, Fazit 71 (April 2011)

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