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Politicks Juli 2011

| 14. Juli 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 74, Politicks

Airpower als Tourismushighlight
Gerade rechtzeitig zur „Airpower11“, der größten Flugshow Europas am 1. und 2. Juli in Zeltweg, kam die Kritik von Peter Pilz, dass der Eurofighter eigentlich ein Schrottflieger und die meiste Zeit nicht einsatzfähig sei. Schon möglich, dass diese „Enthüllungen“, die vom Bundesheer zurückgewiesen wurden, zur Strategie der Grünen gehören, den größten steirischen Event des Jahres madig zu machen. So präsentierte Lambert Schönleitner etwa eine Studie, die besagt, dass es mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Airpower nicht weit her sei. Doch Tourismusreferent LH-Vize Hermann Schützenhöfer konnte angesichts der Erfahrungen mit der „Airpower09“ ein ganz anderes und bei genauem Hinsehen auch wesentlich glaubwürdigeres Bild zeichnen: So werden bei der „Airpower11“ wieder 280.000 Besucher erwartet, die von 53 steirischen Wirten verpflegt werden. Darüber hinaus ist mit 60.000 zusätzlichen Nächtigungen zwischen Murau und Graz zu rechnen. Die Veranstaltung ist, so Schützenhöfer, die größte, die 2011 in der Steiermark stattfindet. Die zusätzliche regionale Wertschöpfung liegt bei 15 Millionen Euro. Geld, das man im oberen Murtal dringend gebrauchen kann. Dazu kam 2009 mit 1.040 Stunden internationaler TV-Berichterstattung ein Werbewert, der das Budget der Steiermark um ein Vielfaches übersteigt. Bei der „Airpower11“ werden übrigens 2.500 Mitarbeiter des Bundesheeres sowie Zivilisten beschäftigt sein. An den Vorführungen nehmen 200 Flugzeuge und sieben der weltbesten Kunstflugstaffeln teil. Schützenhöfer freut sich auch bereits über den zu erwartenden Andrang in der Pressezone. So sind bereits über 500 Journalisten akkreditiert, die zwei Tage in der Obersteiermark verbringen werden.

Der Sonntag bleibt geschlossen
Geht es nach dem Willen der steirischen Politik, bleibt die Sonntagsruhe im steirischen Handel unangetastet. In breiter Front lehnen Landeshauptmann Franz Voves, die Sektion Handel in der Wirtschaftskammer und die betroffene Gewerkschaft der Privatangestellten die von Einkaufszentrumsbetreiber und  „Überalldabei“ Richard Lugner angestrengte Öffnung der Geschäfte am Sonntag ab. Ebenfalls gegen eine Sonntagsöffnung sind die Kirche, die sogar die Bischofskonferenz mit der Thematik beschäftigt, oder etwa das Grazer Großkaufhaus Kastner & Öhler. Nicht ganz auf dieser Linie ist Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, der sich aber nur allenfalls vorsichtig positiv äußerte, weil er genau weiß, dass eine Liberalisierung der Sonntagsöffnung nicht einmal innerhalb des ÖVP-Wirtschaftsbundes und schon gar nicht beim ÖAAB mehrheitsfähig ist.

Steiermark spart Hunderte Spitalsbetten ein
Kristina Edlinger-Ploder hat eine für Politiker seltene Gabe. Wenn sie es für notwendig erachtet, hat sie keine Angst vor unpopulären Schritten. Grundsätzlich redet die Landespolitik ja davon, mit ihrem Sparkurs und den Reformen das Land zukunftsfähig zu erhalten. Doch Edlinger muss sich mit Maßnahmen wie etwa der Schließung der internen Abteilung des LKH-Stolzalpe im Abwanderungsbezirk Murau genau den gegenteiligen Vorwürfen aussetzen. Die Murauer behaupten nämlich, dass ihnen mit den Einsparungen des Landes bei der Infrastruktur genau jene Zukunftsfähigkeit genommen wird, die vielfach propagiert wird.
Aber Edlinger hat sich bemüht, bei den Sparmaßnahmen sehr ausgewogen vorzugehen. So werden insgesamt 735 Betten gestrichen und davon mehr als die Hälfte im Großraum Graz. Die übrigen Regionen Mürzzuschlag-Leoben-Bruck, Liezen, Murtal, Südweststeiermark und Südoststeiermark müssen jeweils zwischen acht und zehn Prozent des Einsparvolumens schlucken. Und das sind regionalpolitisch auch beim zweiten Hinsehen durchaus gerechte Einschnitte. Wie weit die Einsparungen gesundheitspolitisch zu rechtfertigen sind, können ohnehin nur die Experten beurteilen.

Scheitert Spindelegger am Anspruch, es jedem recht zu machen?
Es jedem recht zu machen ist scheinbar schwieriger, als man glaubt. VP-Obmann Michael Spindelegger hat sichtbar große Schwierigkeiten, Tritt zu fassen. Nicht nur die Steirer geben sich nach außen unzufrieden, auch die Oberösterreicher fordern mehr Einsatz, um zuerst die Themenführerschaft und danach die Umfragen für sich zu entscheiden. Doch Spindelegger kommt nicht vom Fleck. So tut er nichts, um eine Änderung der ORF-Spitze herbeizuführen, Ursula Plassnik ist als OSZE-Vorsitzende am türkischen Veto gescheitert und bei der Frage des Aufsteigens mit bis zu drei „Nicht genügend“ im Zeugnis rudert man zuerst vor und dann wieder zurück. Mit der angedrohten Volksabstimmung über die Wehrpflicht setzt ihm Werner Faymann zwar lächelnd, aber dennoch gezielt das Messer an die Brust. Gleichzeitig gärt es in der Wirtschaft, die dem Reformstau in wichtigen Bereichen wie der Verwaltung, dem Gesundheitswesen, dem Pensions- und dem gesamten Bildungssystem – vom Kindergarten bis zur Universität – nicht länger zusehen will. Faymann schafft es, die Volkspartei mit SPÖ-Klientel-Politik wie der aktuellen Kampagne „Zeit für Gerechtigkeit“ vor sich herzutreiben. Wenn Spindelegger nicht bald einen Erfolg in die Scheune fährt, könnte es das für ihn bereits gewesen sein.

Graz: 18 Monate vor der Gemeinderatswahl sind alle schlecht drauf
Was ist mit der Grazer Sozialdemokratie los? Da wird mit Edmund Müller der Wunschkandidat des Landeshauptmannes Vorsitzender und dann ist monatelang Funkstille. Dabei kann es doch gar nicht so schwierig sein, den amtierenden Bürgermeister herauszufordern. So soll dieser, nach Berichten der Kronen Zeitung, ja bereits knapp vor dem Rücktritt gestanden haben. Aufgrund der Absage – wo kein Rücktritt, da kein Nachfolger – herrscht nun angeblich jede Menge Frustration in den eigenen Reihen. Dabei hat man Siegfried Nagl bereits Ambitionen, unbedingt in das Land wechseln zu wollen, angedichtet. Dennoch läuft es für die Volkspartei eigentlich nicht so schlecht. Ein ernsthafter Herausforderer für Nagl ist nicht in Sicht. Und eine linke Mehrheit aus Grünen, SPÖ und KPÖ ist wohl weder für diese drei Parteien erstrebenswert noch sehr wahrscheinlich. Auch warum die Grazer Freiheitlichen unter Mario Eustacchio, der die letzten Wochen zwar genützt hat, um sein rechtes Profil als Burschenschafter zu schärfen, aber sonst kaum etwas auf die Reihe gebracht hat, nicht endlich den Versuch unternehmen durchzustarten, bleibt völlig schleierhaft. Aber vielleicht hoffen die Freiheitlichen ja auf einen Strache-Effekt. Überraschungen sind jedenfalls vom BZÖ zu erwarten, denn Gerald Grosz wird wohl alles unternehmen, um in 18 Monaten nicht erneut ohne Mandat in der Steiermark dazustehen.

Grundstücksdeal: Hat Werner Faymann die Interessen der Steuerzahler verletzt?
Die Presse war zuletzt einer abenteuerlichen Geschichte auf der Spur. Unter Werner Faymann als zuständigem Stadtrat soll die Stadt Wien Grundstücke in Wien Liesing gekauft und Jahre später mit 11,9 Millionen Euro Verlust an eine rote und an eine schwarze Wohnbaugesellschaft verkauft haben. In Faymanns Büro reagierte man auf eine Journalistenanfrage wie folgt: „Zu den 1990 getroffenen Einschätzungen über mögliche zukünftige Verkaufswerte kann nicht Stellung genommen werden. Für den Zeitpunkt der Liegenschaftstransaktion ist davon auszugehen, dass die für die Liegenschaftsbewertung und den Verkauf zuständigen Magistratsabteilungen korrekt vorgegangen sind.“ Eine Rechtfertigung, mit der das Wiener Kontrollamt jedoch nicht zufrieden sein dürfte, denn es hat festgestellt, dass sowohl die Ankaufs- als auch die Verkaufsverhandlungen des 20-Hektar-Grundstücks von der Stadtregierung und vom Gemeinderat geführt wurden und nicht von den zuständigen Beamten. Und bei den Preisverhandlungen habe die Stadt nichts unternommen, um ein besseres Ergebnis herauszuholen. So wurden beim Ankauf genau jene Wertminderungsgründe wie die mangelhafte Erschließung und das Fehlen einer Zufahrt außer Acht gelassen, die beim Verkauf die Ursache für den dramatischen Wertverfall des Grundstücks waren. Auch die beiden Bauträger verteidigen das Geschäft von damals. Zum einen habe man keinerlei Einfluss darauf gehabt, zu welchem Preis das Grundstück überhaupt angeboten wurde, heißt es in der Unternehmensleitung der SPÖ-nahen Wien-Süd. Außerdem, argumentierte man bei der dem ÖVP-Bereich zuzurechnenden GSG, sei das Vorhaben ein Pilotprojekt der von der Stadt ausgerufenen „Neuen Siedlerbewegung“ gewesen, das mit Wohnbauförderung bedacht werden sollte. Und Förderungen seien eben nur bis zu einem bestimmten Grundstückspreis beantragbar. Zum Zeitpunkt des Verkaufs wurde Wien jedenfalls von einer rot-schwarzen Stadtregierung geführt und einer der beiden Genossenschaftschefs saß im Gemeinderat.

Strache hält sich für kanzlerwürdig
Beim FPÖ-Parteitag in Graz stellte Heinz-Christian Strache einmal mehr den Führungsanspruch in Österreich. Tatsächlich kratzt die FPÖ in Umfragen an der 30-Prozent-Marke und liegt knapp hinter der SPÖ, aber deutlich vor der ÖVP. Mit wirkungsvollen Slogans wie „Unser Geld für unsere Leut!“ und der Infragestellung des Euro gaukelt Strache seinem Publikum einfache Lösungen vor. Und seine Anhänger kommen längst nicht mehr nur von rechts außen. Strache ist tief in rote und schwarze Bastionen vorgedrungen und holt sich seine Anhänger vor allem unter den Jugendlichen und Pensionisten. Seine Anhänger sind längst abgestumpft gegen die stereotypen Vorwürfe des Rechtsextremismus und der NS-Wiederbetätigung gegen Strache. Und so können heute zahlreiche FPÖ-Politiker ihren Rechtsextremismus zumindest innerhalb ihrer Partei bedenkenlos ausleben.

Politicks, Fazit 74 (Juli 2011)

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