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Von der Erfindung eines politischen Themas

| 14. Juli 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 74

Adolf Hitler ist also Ehrenbürger von Amstetten. Oder war das bis vor wenigen Tagen, als der dortige Gemeinderat auf eine Initiative eines jungen grünen Mitglieds hin diesen Umstand (auch formal) aus der Welt schaffte. Die freiheitlichen Amstettner Gemeinderäte haben sich bei der Abstimmung über diese Frage – im Spätfrühling 2011, also mehr als 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft – der Stimme enthalten. Was im Übrigen auch eine Botschaft darstellt. Mittlerweile sind weitere österreichische Gemeinden fündig geworden, so wurde etwa in Klagenfurt dieser Ehrenbürgerschaft der anderen Art ein spätes Ende gesetzt.

Ich halte diese gesamte Diskussion für schwachsinnig. Ich halte darüber hinaus die Vorgehensweise der beteiligten Volksvertreter –  Politiker also, die dem treichelschen Ideal eines solchen mehr als nahe kommen – für überaus dilettantisch, wenn nicht fahrlässig. Dabei geht es mir um mich ganz persönlich.

Ich lebe nicht seit 45 Jahren in einem Land, in dem Hitler Ehrenbürger irgendeiner Stadt, irgendeiner Gemeinde oder irgendeines Weilers ist. Wer das behauptet, der beleidigt nicht nur die Republik (was jungen Grünen, die allen, die »Heimat im Herzen« haben, auch gleich die »Scheiße im Hirn« attestieren, ja wenig ausmachen würde), nein, der beleidigt Sie und mich. Und das kann und will ich so nicht stehen lassen.

Die Geschichte dieses Landes seit 1945 ist eine in vielen Facetten schwierige, in einigen wesentlichen ist sie aber eine einzige Erfolgsgeschichte. Etwa in ihrer demokratischen Entwicklung. (Bei all den Defiziten im Detail.) Kein Gemeinderat, kein öffentliches Gremium muss im Jahr 2011 dem Herrn Hitler die »Ehrenbürgerschaft« aberkennen. Hitler ist kraft Existenz der Republik Österreich selbstverständlich nirgendwo in ihr Ehrenbürger. Dass es kein Regierungsmitglied gibt, dass das in dieser Knappheit klarstellt, spricht Bände. Dass es unserem blassen Kanzler nicht einfällt, ist leider wenig überraschend. Dass die Freiheitlichen, die in dieser Thematik durch fragwürdige Figuren wie Tattoos (und nicht durch fragwürdige Anschuldigungen grüner Antifas) unter besonderer Beobachtung stehen, sich mit einer »Enthaltung« aus der Affäre ziehen, kann man nicht durchgehen lassen.

Genauso wenig kann man aber diese dummdreiste Erfindung eines Problems durchgehen lassen, die nichts anderes darstellt, als Österreicherinnen und Österreicher samt und sonders als Hitlerverehrer verächtlich zu machen. Dumm, wer solche dummen Diskussionen vom Zaun bricht!

Editorial, Fazit 74 (Juli 2011)

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