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Flachkappenalarm! Nicht nur in der Politik

| 22. Dezember 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 79

Kabarettist Roland Düringer hat bei Dorfers Donnerstalk den »Wutbürger« gegeben – nachzusehen auf Youtube – was von durchaus großem Unterhaltungswert gewesen ist. Bestenfalls unterhaltend sind allerdings die Reaktionen der österreichischen Internetintelligenzia auf Düringers überaus überzogenen Satire: Sie wurde bis ins kleinste Nebensätzchen ernst genommen und als »Befreiungsschlag« gegen die »schlimmen Umstände« angesehen. Das ist die wahre Tragik, unter der wir momentan zu leiden haben. Der letzte Rest an Vernunft scheint diesem Kontinent unter dem Eindruck einer Krise, von der noch keine Gesellschaftsschicht wirklich materiell betroffen ist, abhanden gekommen zu sein.
Die Politik können wir offenbar vergessen. Mit der einäugigen Ausnahme von Franz Voves und Hermann Schützenhöfer in der Steiermark – und das sei ohne jeden Anschein von Lokalpatriotismus gesagt! – tut sich nirgendwo auch nur ein Silberstreif am Horizont auf. Faymann und Spindelegger haben augenscheinlich nicht einmal mehr die Kraft, den geordneten Untergang von SPÖ und ÖVP wenigstens stilvoll abzuwickeln.
Und unsere flachwurzelnden Medien merken nicht einmal mehr, dass sie in Einfallslosigkeit und mangelnder Kompetenz der Parteipolitik in Nichts nachstehen. So meint etwa Nina Weißensteiner in einem Standardkommentar: »Genauso gut könnte man mit einem Ausländerfeind einen Integrationsplan erarbeiten, mit einem Frauenhasser einen Gleichberechtigungspakt schließen oder mit dem Papst einen Aufklärungskoffer zusammenstellen.« – Sie spricht damit den zugegeben fadenscheinigen Versuch der Bundes-ÖVP an, die Freiheitlichen für eine Schuldenbremse doch noch an Bord zu holen. Wer so denkt, hat Demokratie nicht verstanden! Ja selbstverständlich sind es gerade solche Gegenpole, die es gilt an einem Tisch zu versammeln, um dort konstruktive Lösungen gemeinsam zu entwickeln!
Dieses ewige Diskussionsverbot mit den Freiheitlichen – und in meiner Ablehnung der Strache-FPÖ soll mich niemand übertreffen! – führt ganz unausweichlich über eine Koalition von SPÖ, ÖVP und Grünen hin zu einer FPÖ-Alleinregierung. (Die Verstandesmenschen nicht wünschen können!) Demokratie heißt aber vor allem verschiedene Standpunkte in eine Diskussion einzubringen und dann Entscheidungen zu treffen. Und es ist die Mehrheit, die diese Entscheidungen zu verantworten hat. Und nicht irgendein, zu allen Zeiten der Geschichte immer nur schreckliche Auswirkungen erzielt habendes »gut gemeintes Programm«.

Editorial, Fazit 79 (Jänner 2012)

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