Zum Thema (Fazit 80)
Johannes Tandl | 22. Februar 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 80, Fazitthema
Die Grenzen des Marktes Die Angst ums Geld treibt viele Anleger zu Sachwerten. Dazu zählen nicht nur Immobilien, Edelmetalle oder Aktien, sondern immer öfter auch klassische Rohstoffe und Nahrungsmittel. Doch Verbrauchsmaterialien locken nicht nur sicherheitsorientierte Anleger. Die Industrie muss ihre Rohstoffversorgung mit Futures absichern. Das ermöglicht Hebelgeschäfte, bei denen selbst geringe Preisänderungen hohe Gewinne und natürlich auch Verluste auslösen können. Wer einen Trend richtig vorhersieht, kann in kurzer Zeit enorme Gewinne machen.
Betrachten wir etwa die Rahmenbedingungen auf dem Markt für Rohöl: Mit der Weltwirtschaft wächst auch der Ölverbrauch. Durch die Unruhen in Nordafrika und den sich aufschaukelnden Konflikt mit dem Iran könnten die Preise kurzfristig durch die Decke schießen. Die Industriemanager versuchen daher ihre Versorgung und einen für sie erträglichen Ölpreis mit Futures sicherzustellen. Damit steigt die Nachfrage, obwohl vorerst gar nicht mehr Öl verbraucht wird. Die Preise ziehen an und ein Markttrend wird verstärkt. Dieser Trend wird natürlich auch von der Finanzindustrie wahrgenommen. Es werden daher entsprechende Produkte kreiert. Und zwar für sicherheitsorientierte Anleger, die mit den Preisanstiegen linear mitverdienen wollen, aber auch für risikobereite Investoren, die mit Hebelprodukten aus einem Prozent Preissteigerung schon einmal fünf oder gar zehn Prozent Gewinn realisieren können.
Auf diese Art wurden im Jahr 2003 weltweit 13 Milliarden Dollar in Rohstoffgeschäfte veranlagt. 2011 sollen es bereits 600 Milliarden Dollar gewesen sein. Diese gewaltigen Spekulationssummen haben natürlich Auswirkungen auf die Preise. Das Öl wird also noch teurer und damit alle Produkte zu deren Herstellung Öl benötigt wird. Damit können findige Finanzmanager weitere Trends begründen. Und so lässt sich auch auf den Lebensmittelmärkten wunderbar verdienen: Mit Index- und Agrar-Fonds etwa kann man mit Essen so einfach handeln wie mit Aktien. Während eine zehnprozentige Preiserhöhung bei Nahrungsmitteln einem durchschnittlichen Europäer wahrscheinlich relativ egal sein kann, weil er ohnehin nur acht bis 15 Prozent seines Einkommens für das Essen ausgibt, können die Folgen für jemanden, der in einem Entwicklungsland leben muss, fatal sein. Dort geben die Menschen durchschnittlich 80 Prozent ihres wenigen Geldes für Nahrung aus.
Eine direkte Konsequenz dieser Spekulationen: Die Zahl der Hungernden stieg in den letzten Jahren jährlich um 75 Millionen auf rund eine Milliarde Menschen!
Zum Thema, Fazit 80 (März 2012)
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