Zur Lage (47)
Christian Klepej | 10. Mai 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 82, Zur Lage
Über ein Gespräch im Radio, über Rückenprobleme, nichts mehr über Karl Lueger und wenig über Außerirdisches.
Unlängst habe ich in einem Grazer Hörfunkprogramm einer wunderbaren Sendung lauschen dürfen. Da haben ein Mann und eine Frau, die Reihenfolge war jetzt dem Andenken an den Film gewidmet, intensiv und ohne jeden Quotendruck über ein die beiden offenbar bewegendes Thema gesprochen: Politik. Beziehungsweise das, was sie sich darunter vorstellen. Und das auf eine recht moderne Art und Weise, man könnte fast sagen „piratesk“, haben sie sich doch ihrer Thematik mit einem bemerkenswerten Wissenszugang genähert, mit keinem nämlich.
Blank und bar jeder Kenntnis der Materie – allzu viel Wissen, allzu viel Information, allzu viel Vorbereitung stellt ja alles bloß Ballast dar – konnten sie sich ganz und gar auf das konzentrieren, was politischen Diskurs der Zehnerjahre dieses Jahrtausends vom Nahen Osten über Facebook und die Twitterlande bis hin ins Wiener Audimax ausmacht: das Vertreten der eigenen Meinung als einzigen möglichen Zugang zu jedweder Problemstellung. Einzigen richtigen Zugang natürlich.
Und das war wirklich lustig mitanzuhören. Bin mir übrigens gar nicht sicher, ob ich nicht der einzige Zuhörer war, immerhin war es wochentags kurz nach zehn und eine zahnärztliche Intervention verlangte von mir, das Bett zu hüten. Wir drei hatten also Zeit und konnten über Politik reden. Ein bisschen Sorgen hab ich mir ob des doch überdurchschnittlich langsamen Sprechtempos der beiden Radiopolitchecker gemacht. Entweder waren die zwei auch gerade in zahnärztlicher Behandlung, da tut man sich halt schwer mit dem Sprechen, oder vielleicht war es gar eine Form – also, als Laie schreibe ich das jetzt, kurpfuschend natürlich nur – eine Form von Burn-out. Wobei Burn-out, nein, das ziehe ich jetzt zurück, das streicht mir wohl der Lektor.
Außerdem Burn-out, da weiß ich ja gar nichts von, mir fällt dabei nur ein, seitdem „Rückenprobleme“, die hie und da schon für Erleichterungen (von vermindertem Marschgepäck bis zur Frühpensi) gesorgt haben sollen – zu Recht, füge ich ein! –, leichter und eindeutiger diagnostiziert werden können (die Wissenschaft schreitet voran, auch wenn die Wiener Universität so lange unter so unmenschlichen Straßennamensbedingungen leiden musste), viel weniger Rückenprobleme, die für Erleichterungen sorgen könnten, festgestellt werden. Interessantes Faktum eigentlich. Jetzt endlich, wo man genau weiß, was ein Rückenproblem ist und wie man das feststellt, gibts kaum mehr welche. Sind quasi zum Erliegen gekommen.
Egal, genau, beim Radio war ich und dem langsamen Sprechtempo. Vielleicht hatte das auch gar nichts mit Zähnen oder sonstigen Sachen zu tun, sondern bloß mit bewusstseinserweiternden Substanzen. Ich kenn mich da nicht aus, also überhaupt nicht kenn ich mich da aus, aber immerhin hat der neue – seit zehn Jahren übrigens arbeitsunfähige – Gemeinderat der Stadt Innsbruck, seines Zeichens Pirat und vor wenigen Wochen in das Stadtparlament gewählt, in einem ausnehmend sympathischen wie belanglosen Interview mit Conny Bischofberger auf die Frage, ob er denn eventuell auch gerne ab und an eine „Tüte“ rauche, offenherzig und ehrlich, wie es nun mal Sache der Piraten ist, geantwortet: „Wenn in einer netten Runde was herumgeht, sage ich natürlich nicht Nein.“ Na, ist das erfrischend! Aus diesem Stoff sind die Leute gestrickt, die wir gerne in unseren Parlamenten sehen.
Inhaltlich kann ich Ihnen jetzt gar nicht mehr allzu viel von der Radiosendung erzählen. Kurz nachdem der männliche Protagonist festgestellt hat, dass er ein großer Anhänger der direkten Demokratie und der damit verbundenen regelmäßigen Abhaltung von Volksabstimmungen ist, fiel ihm nämlich ein, dass Volksabstimmungen auch nicht ideal wären, wäre er doch davon überzeugt, immer anderer Meinung zu sein, als es die Mehrheit ist. Mit diesem Dilemma musste ich die Sendung allein lassen und bin eingeschlafen.
Und da hab ich dann geträumt, dass die Steiermark von Außerirdischen entdeckt wurde und es irgendwo an einem Rain zwischen Feldbach und Radkersburg – interessant, weil irgendwo an einem Rain zwischen Leibnitz und Radkersburg wäre es ja viel einfacher gewesen – zu einem „Ersten Kontakt“ gekommen ist. Auf jeden Fall waren die Menschen so begeistert ob dieses historischen, ja geradezu epochalen Ereignisses, dass sie ihre Häuser verließen, die Bezirkshauptmannschaften stürmten und niederrissen und genau auf diesem Rain zwischen Feldbach und Radkersburg eine neue BH aufbauten und die beiden Bezirke zusammenlegten. Zur Ehre der Außerirdischen nannten sie diesen neuen Bezirk Klingonien. Na, werden Sie sagen, was der zusammenträumt! Na, sag ich, wirklich wahr! Sowas kann man nur träumen; einfallen würd einem das nie. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass eine große Koalition dem Lande nicht nutzen kann.
Zur Lage #47, Fazit 82 (Mai 2012)
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