Anzeige
FazitOnline

Politicks August 2012

| 27. Juli 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 85, Politicks

Reformpartnerschaft – Jetzt geht’s ans Eingemachte
Das Doppelbudget 2013/2014 wird zur großen Herausforderung der sogenannten „Reformpartnerschaft“. Ab Herbst wird offiziell verhandelt, und schon jetzt ist klar, dass die Sparziele der nächsten drei Jahre wesentlich härter werden müssen als jene der laufenden Doppelbudgetperiode. Schließlich geht es, so Landeshauptmann Franz Voves, noch einmal um jährliche Einsparungen von 200 bis 300 Millionen Euro. Erst nachdem diese Hürde geschafft ist, wollen Voves und LH-Vize Hermann Schützenhöfer bekanntgeben, ob sie noch einmal antreten oder nicht. Spannend ist diese Frage allemal. Aber nachdem zuletzt der wiedergewählte Industriellenpräsident Jochen Pildner-Steinburg anlässlich des Sommerempfangs der steirischen Industrie an die beiden appelliert hatte, bei der Landtagswahl 2015 unbedingt noch einmal anzutreten, ist es inzwischen wieder alles andere als klar, ob Voves nicht doch noch einmal die Lust verspürt, in den Ring zu steigen. Wer die Automatismen der steirischen Politik kennt, weiß, dass unter diesen Umständen das Match wie zuletzt nur Voves gegen Schützenhöfer heißen kann.
Für die Steiermark ist es gut, dass diese Frage vorläufig im Hintergrund bleibt. Denn längst ist klar, dass die beiden ihr historisches Ziel, bis 2015 ein Nulldefizit zu erreichen, mit aller Kraft stemmen wollen. Die Unwägbarkeiten auf diesem Weg sind jedoch groß und zahlreich. Denn Wachstumsraten von weniger als einem Prozent verschieben das Verhältnis zwischen den stagnierenden Einnahmen und den der Inflationsdynamik unterliegenden Ausgaben ebenso wie zu erwartende Zugeständnisse an ÖGB, Bauern, Beamtenschaft und anderem Klientel sowie die ungewisse Zinsentwicklung.
Für Voves ist daher klar, dass bei den sogenannten Klientelbudgets weiter gespart werden muss. Dabei geht es um Kosteneindämmungen im Sozial- und Spitalsbereich, und auch bei der öffentlichen Verwaltung wird es wohl nicht damit getan sein, die Zahl der Hofratsposten zu halbieren und die Gehälter der ehemaligen Abteilungsleiter einzufrieren. Auch Wahlzuckerln für 2015 wird es mit Voves nicht geben.

Schützenhöfer und Buchmann bei CSU-General Dobrindt
Beeindruckt zeigte sich Hermann Schützenhöfer anlässlich einer Steiermark-Präsentation in München von einem Gespräch mit CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Dobrindt informierte die Steirer sozusagen exklusiv von der geplanten Klage Bayerns gegen den deutschen Länderfinanzausgleich und argumentierte das gerichtliche Vorgehen mit der Reformunwilligkeit der Empfängerländer, allen voran die deutsche Hauptstadt Berlin. Schützenhöfer war vor allem von der Budgetdisziplin der Bayern angetan. Das Land schafft es nun bereits zum neunten Mal hintereinander, einen Budgetüberschuss von über einer Milliarde Euro – das entspricht zwei Prozent des 50-Milliarden-Haushalts – zu erwirtschaften und damit einen Teil der 22 Milliarden Altschulden zu bezahlen. Gegenüber den mitgereisten Medienvertretern erneuerte der steirische LH-Vize sein Bekenntnis zur Reformpartnerschaft und zur Notwendigkeit, mit Einsparungen das Fundament für die Zukunftstauglichkeit der Steiermark zu legen. Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann reiste nach dem Besuch in der bayrischen Metropole nach Brüssel weiter. Er sieht die Steiermark gemeinsam mit anderen erfolgreichen EU-Regionen gefordert, einen gemeinsamen Standpunkt für die Neuverhandlung des EU-Regionalbudgets 2014 bis 2020 zu formulieren, um zu verhindern, dass jene Regionen, die ihre Hausaufgaben rechtzeitig gemacht haben, von der EU durch eine Kürzung der Regionalfördermittel bestraft werden. Im Rahmen der Delegationsreise nutzte Schützenhöfer die Gelegenheit zu weiteren Gesprächen mit der bayrischen Europaministerin Emilia Müller (CSU), dem bayrischen Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) sowie dem Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Außerdem trafen sich die beiden auch mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zu einem kurzen Informationsaustausch.

Was verbindet die deutsche Kanzlerin mit österreichischem Exminister?
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gilt als Hüterin der Interessen der ehemaligen Hartwährungsländer in der Eurozone. Ihre Positionen sind oft unkonventionell, aber nicht immer plausibel und nur selten Parteilinie der CDU. Schließlich muss Merkel Rücksicht auf die überschuldeten EU-Staaten nehmen, die ohne deutsche Hilfe weder die Spielräume noch die Kraft dazu hätten, ihre strukturellen Defizitquellen zu beseitigen.
Jedes Zugeständnis Merkels an Italien oder Frankreich stößt in Berlin naturgemäß auf Widerstand in den eigenen Reihen. Denn viele CDU- und CSU-Politiker haben große Probleme, ihre Wähler von Projekten wie dem EFSF oder dem ESM zu überzeugen. Die wegen ihrer Geschichte besonders inflationsängstlichen Deutschen sehen im Euro-Rettungsschirm nämlich zuallererst eine Belohnung für jene Länder, die es verabsäumt haben, ihre Hausaufgaben zu machen. Diese Haltung teilt auch die Kanzlerin, die ein Jahr vor der Bundestagswahl auch innenpolitisch punkten muss.
Merkels klare Botschaft lautet: Wer sich anstrengt, wird belohnt! Zur Untermauerung trägt sie stets eine kleine Grafik mit sich herum, die ihre Politik anschaulich machen soll. Darin vergleicht sie die Zinssätze für Staatsanleihen der Euro-Staaten mit der Wettbewerbsfähigkeit des Landes, gemessen an den Lohnstückkosten. Das Ergebnis: Die Zinssätze für Staatsanleihen sinken, wenn sich die Länder durch Arbeitsmarkt- und Sozialreformen fit gemacht haben. Das Beispiel Irland belegt das. Aber auch für Portugal ist nach den massiven Reformen und Sparmaßnahmen der Regierung eine Entspannung bei den Zinssätzen zu erkennen. Für die reformresistenten Griechen bedeutet das wiederum, dass sie mit keinerlei weiteren Zugeständnissen der deutschen Kanzlerin rechnen sollten. Diesbezüglich dürfte Merkel inzwischen sogar dazu bereit sein, den lange Zeit sakrosankten Verbleib der Griechen in der Eurozone zu riskieren.
Bleibt die Frage, woher Merkel das Unterfutter für ihre eigenwillige, aber bislang erfolgreiche Politik nimmt. Lange Zeit war der Ökonom Jens Weidmann Merkels wirtschaftspolitischer Chefberater. Seit dessen Wechsel an die Spitze der Bundesbank nimmt diese Position offiziell Lars-Hendrik Röller ein. Inzwischen hört man jedoch immer öfter, dass die Kanzlerin großen Wert auf die Einschätzung des ehemaligen österreichischen Wirtschaftsministers Martin Bartenstein legen soll. Die beiden telefonieren nicht nur regelmäßig miteinander, sondern sind auch persönlich und familiär befreundet. Dass Merkel Bartenstein schätzt, ist seit der gemeinsamen Zeit der beiden Politiker als Umweltminister ihrer Länder zwischen 1995 und 1998 bekannt.

Doppelnein bei Grazer Volksbefragung
Das Doppelnein bei Sachfragen, die einer Volksbefragung unterstehen, sollte eigentlich keine Auswirkungen auf die Wahlchancen bei einer Gemeinderatswahl haben. Dennoch haben es die Grazer Parteien geschickt verstanden, Bürgermeister Siegfried Nagl zum Verlierer der Umfrage zu stempeln. Ob die Befragung Auswirkungen auf die Wählerpräferenzen hat, werden frühestens die Herbstumfragen zur Gemeinderatswahl zeigen. Zu den vermuteten Gewinnern zählt mit den Grünen aber ausgerechnet eine Partei, die mit direkter Demokratie nur dann etwas am Hut hat, wenn sich das zu erwartende Ergebnis eindeutig mit der Parteilinie deckt. Geschickt hat sich auch SPÖ-Chefin Martina Schröck verhalten. Sie bedankte sich bei den Wählern für das Doppelnein zur Umweltzone und zu Reininghaus und hofft nun darauf, dass auch die Wähler in Nagl den Verlierer der Befragung ausmachen. Gefährlich wird es für Nagl jedoch nur dann, wenn ihm aufgrund des Abstimmungsergebnisses sein Gewinnerimage tatsächlich verloren geht, aber dafür gibt es derzeit keine ernstzunehmenden Anzeichen.

Schröcksnadel gegen Winter: Was ist da los?
Ist der aktuelle Konflikt zwischen Schladmings Bürgermeister Jürgen Winter und ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel nur ein Sturm im Wasserglas oder steckt mehr dahinter? Die ÖSV-Drohung, den Schladmingern den Nachtslalom zu entziehen, gilt jedenfalls als völlig haltlos.
Schladming hat die WM-Vergabe bekanntlich dem persönlichen Einsatz des ÖSV-Präsidenten zu verdanken. Auch dass sich dessen übermächtiges Ego mit jenem manch Schladminger Dorfkaisers reibt, ist spätestens seit der WM-Generalprobe im März bekannt.
Sollten hinter dem Konflikt, wie kolportiert, tatsächlich nur Streitereien um ein paar hundert VIP-Plätze stecken, wird wohl die für Tiroler aber auch Ennstaler Gebirgsbewohner ungewohnte Sommerhitze dafür verantwortlich gewesen sein, dass es diese belanglose Auseinandersetzung in das mediale Sommerloch geschafft hat.
Bürgermeister Winter und dem mittlerweile ausgewechselten Planai-Chef Ernst Trummer sollen Schröcksnadel ja eine geharnischte Antwort auf dessen Vorwürfe bezüglich angeblicher Schladminger Vertragsbrüche gegeben haben. Dass immer noch nicht genau bekannt ist, was in diesem ominösen Brief steht, ist aber ein gutes Zeichen. Denn offenbar reichen die gekränkten Eitelkeiten der Verantwortlichen nicht aus, die schmutzige Wäsche, die im Vorfeld einer Millionenveranstaltung wie der Ski-WM schon einmal anfallen kann, an die Öffentlichkeit zu zerren. Der Countdown der WM-Vorbereitung läuft dem Vernehmen nach jedenfalls wie geplant.

Politick, Fazit 85 (August 2012)

Kommentare

Antworten