Was kommt nach dieser Politik?
Christian Klepej | 26. September 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 86
Die österreichische Innenpolitik hat den »Point of no Return« überschritten. Ein solcher Punkt bezeichnet in der Fliegersprache jenen Moment, in dem ein Flugzeug nicht mehr mit genügend Treibstoff ausgestattet ist, um zum Ausgangsflughafen zurückzukehren. Was immer in den nächsten Monaten bis hin zur nächsten Nationalratswahl passieren wird, die politische Landschaft wird sich umwälzend ändern, es wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Vielleicht, die österreichische Meisterschaft im Prokrastinieren mag es ermöglichen, »retten« sich die beiden Volksparteien SPÖ und ÖVP 2013 noch ein weiteres Mal in eine Regierung – der dann aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens drei Parteien angehören werden müssen –; aufhalten wird das den Untergang dieses Systems auf gar keinen Fall.
Kongenialer Kopilot auf dieser abenteuerlichen Reise ins Ungewisse ist dabei der österreichische Journalismus, der allen Ernstes davon ausgeht, dass seine Imagewerte nur wenige Punkte über jenen der Politik ein besonderes Qualitätsprädikat darstellen würden. (Wie man in Armin Wolfs Sommergesprächen sehen durfte, der immer noch nicht begriffen hat, dass gute Interviewführung wenig mit »Nichtausredenlassen« zu tun hat.)
Wenn auch die Regierungsparteien in den letzten Tagen in Sachen Korruptionsausschuss keine gute Figur gemacht haben (warum sollten sie das übrigens gerade in dieser Frage?), so ist die durch alle Qualitätsmedien heischende Aufregung über diese blosse Nebensache österreichischer Probleme, doch ausnehmend entlarvend. Alexandra Föderl-Schmid etwa, Chefredakteurin des Standards, ortete gleich ein »erbärmliches Schauspiel«, ein »Über-den-Tisch-« und »In-den-Dreck-Ziehen«.
Dabei ist dieser Untersuchungsausschuss ein fragwürdiges Konstrukt. Erstens laufen ja gleichzeitig Justizverfahren in den selben Angelegenheiten und zweitens verkommt dieses parlamentarische Instrument in dieser seiner aktuellen Spielart viel zu oft zu einem Schauprozess, in dem sich Peter Pilz und seine Grünen (noch mehr) zur einzigen moralischen Instanz im Lande hochstilisieren können.
Daneben radebrechen – offenbar nicht am Aufmerksamkeitssradar der Föderl-Schmids des Landes – der Außenminister und sein Neostaatssekretär irgendwas über die Errichtung einer zweiten Kammer für das Europäische Parlament daher. Wozu? Um der aktuellen SPVP-Garde ein Ausgedinge zu errichten? Sind die Kapazitäten des Bundesrates dafür erschöpft? Schauen wir uns einmal an, was der Oktober bringt.
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Editorial, Fazit 86 (Oktober 2012)
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