Tandl macht Schluss
Johannes Tandl | 20. Dezember 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 89, Schlusspunkt
Die Gemeindestrukturreform geht in die entscheidende Phase. Und geht man von den nüchternen Zahlen aus, die die Analysen vieler der vom Land Steiermark angedachten Gemeindefusionen ergeben, gibt es zu einem Zusammenschluss kleinerer Gemeinden zu einer größeren meist keine sinnvolle Alternative. Denn selbst ohne die Ausschöpfung der zahlreich vorhandenen Einsparungspotenziale im Bereich der Verwaltung würden die Gemeindeeinnahmen steigen. Dafür sorgt der Finanzausgleich, der das Durchbrechen der 10.000-Einwohnerschwelle mit einem überproportionalen Anteil am Steuerkuchen belohnt. Und da mehr Geld für die einen automatisch weniger Geld für die anderen bedeutet, ist klar, dass sich die finanzielle Situation für jene Gemeinden, die auch nach der Gemeindereform weniger als 10.000 Einwohner haben, verschärfen wird.
Trotzdem äußern sich viele Bürgermeister ablehnend zu den über ihre Köpfe hinweg geplanten Fusionen. Das liegt in der Natur der Sache und hat vielfach emotionale und persönliche Gründe. Schließlich bedeutet eine Gemeindefusion für einen eingesparten Bürgermeister nicht nur den Verlust seiner gesellschaftlichen Stellung, sondern auch deutliche finanzielle Einbußen.
Die eigene Gemeinde in etwas Größeres einzubringen – das fällt niemanden leicht! Und natürlich haben viele Bürger Angst davor, mit einer Fusion den Einfluss auf die Gestaltung des eigenen Dorfes zu verlieren. Mit denjenigen, die in der Vergangenheit besonders von ihrer Nähe zu den Bürgermeistern profitiert haben, gibt es auch zahlreiche echte Verlierer einer Gemeindestrukturreform. Dazu kommen die Bürger, die bei Existenzsicherung oder Karriereplanung von der Gemeinde abhängig sind.
Die Bürgermeister haben jedes Recht der Welt, um ihre Gemeinden zu kämpfen. Die meisten von ihnen haben sich jahrelang ehrenamtlich in Partei- und Gemeindefunktionen engagiert, bevor sie überhaupt nur an eine Aufwandsentschädigung für ihre Tätigkeit denken konnten. Dazu kommt, dass sie auch jetzt, im Bürgermeisteramt, alles andere als überbezahlt sind. Sie stellen sich Tag für Tag und vor allem Abend für Abend für ihre Bürger, Vereine und Institutionen zur Verfügung. Mit ihrer Schlauheit, Beharrlichkeit und Initiative haben sie Projekte umgesetzt und Dinge bewegt, die ohne ihren Einsatz niemals umgesetzt worden wären. Und zu ihrem Ehrenkodex gehört, dass man sich auf ein gegebenes Wort zu 100 Prozent verlassen können muss. Umso weniger verstehen sie jetzt, dass sich mit der Einführung der Reformpartnerschaft die Rahmenbedingungen für ihre Arbeit um 180 Grad geändert haben sollen.
Dieser berechtigte Widerstand der Bürgermeister ändert jedoch nichts daran, dass eine Änderung der Gemeindestrukturen in vielen Fällen sinnvoll und eine Voraussetzung für eine nachhaltige positive Entwicklung einer Region sein kann. Und selbst, wenn sich falsch informierte Bürger mehrheitlich gegen eine Fusion aussprechen, ist sie deswegen nicht weniger sinnvoll oder gar faschistisch und undemokratisch. Die Festsetzung von Gemeindestrukturen setzt eine Unbefangenheit voraus, die dem einzelnen Bürger ganz einfach nicht zuzumuten ist. Denn es ist eben der Standort, der den Standpunkt bestimmt.
Es hat daher keinen Sinn, die Verantwortung in die Hände von Funktionären oder Bürgern zu legen, die persönlich betroffen sind, und sei es nur, weil sie Leuten wie ihrem Bürgermeister nahestehen. Solcherart herbeigeführte Plebiszite haben mit rationaler Demokratie nichts zu tun! Sonst könnte man bei strafrechtlichen Verfehlungen ja ebenfalls das Volk oder die Opfer anstelle eines Gerichtes entscheiden lassen. Persönliche Betroffenheit verstellt den Blick auf das Richtige.
Die emotional geführte Fusionsdiskussion reißt Gräben auf. Die Diskussion über die Neuordnung der Gemeindegrenzen wurde vom Land Steiermark begonnen, weil es dafür zuständig ist. Daher muss nun auch das Land darüber entscheiden, was für eine Region besser ist – ob Gemeinden zusammengehen oder für sich bleiben. Für diese Entscheidung haben wir den Landtag und nicht die Bürgermeister gewählt!
::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK
Tandl macht Schluss! Fazit 89, (Jänner 2013)
Kommentare
Antworten