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Rezension

| 20. Februar 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 90, Kunst und Kultur

Ein Jugendwerk von Josef Winkler wird erstmals als Buch verlegt

An Josef Winkler scheiden sich die Geister, mitunter wohl auch des Literaten eigener Geist. Der Kärntner Autor wird am 3. März seinen 60. Geburtstag feiern und kann sich einen Blick zurück auf sich selbst erlauben. Seiner Publikationen wurden unter anderem mit dem Georg-Büchner-Preis und dem Großen Österreichischen Staatspreis oder dem Sonderpreis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbes ausgezeichnet. Pünktlich zum Geburtstag erscheint bei Suhrkamp nun ein Frühwerk von Winkler, das unter dem Titel »Das lächelnde Gesicht der Totenmaske der Else Lasker-Schüler« bereits 1979 in der Grazer Literaturzeitschrift »manuskripte« erschien. Eine überarbeitete Version dieses Textes wurde nun erstmals als Buch verlegt. Der »Wortschatz der Nacht« ist ein literarischer Erguss, der nach Angaben des Verlages ein Produkt weniger Nächte ist.

Und es sind blutige Nächte, die einem niedergeschriebenen Albtraum gleichen. Wütend wirre Gedanken eines verspäteten Expressionisten, der sich an der eigenen Religiosität und Sexualität abarbeitet. Jeder Gedanke scheint dem nächsten im Weg zu stehen und doch fügen sich gerade dadurch beeindruckend verstörende Bilder: »Die Mutter schlachtet ein Huhn, das Blut ergießt sich nach der Erektion des steifen Messers, der Kopf fällt, und der Kamm des Hahns kämmt die Haare meiner Kindheit.« Dass Winkler dabei nicht nur aus einer Ich-Perspektive schreibt, sondern wohl tatsächlich sich meint, rechtfertigt es, gerade diesen Text zum »Geburtstagstext« zu machen. Den Leser aber hält der wortgewaltige Autor mit Hang zu destruktiven und sexuellen Metaphern auf Distanz. Vielleicht ist das gut so. Zumindest für uns.

 

winkler-cover_tnJosef Winkler, Wortschatz der Nacht
Verlag Suhrkamp, 109 Seiten, ab 18. Februar 2013 unter anderem bei Moser in Graz erhältlich. Empfehlung: Eher für Leute ohne Konfession

Lesung am 6. März 2013 um 20 Uhr im Literaturhaus Graz.

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