Tandl macht Schluss
Johannes Tandl | 27. März 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Allgemein, Fazit 91, Schlusspunkt
Drei Jahre nach Beginn der Eurokrise wage ich die Behauptung, dass der Verbleib von Ländern wie Griechenland, Italien, Spanien und wohl auch Frankreich in der Gemeinschaftswährung keinen konstruktiven Beitrag mehr zu einem friedlichen Europa leisten kann. Diese Länder wurden von der Krise erfasst, weil ihnen der Euro zuerst die Möglichkeit geboten hat, sich zu niedrigen Zinsen zu verschulden. Nun nimmt er ihnen die Chance, die Krise zu überwinden, weil es ihre Ökonomie ohne massive Abwertungen nicht schaffen wird, wieder konkurrenzfähig zu werden.
Im gleichen Zeitraum hat die Wirtschaft der ehemaligen Hartwährungsländer Deutschland, Österreich oder den Niederlanden davon profitiert, dass ihre eigenen Währungen nicht noch härter geworden sind. Damit ist die Konkurrenzfähigkeit außerhalb Europas deutlich gestiegen und deutsche Produkte waren auf einmal gleich billig wie italienische oder französische. Doch inzwischen scheint das Ende der Fahnenstange erreicht, denn die Wirtschaft der Krisenländer hat ihre Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt und die Arbeitslosigkeit ist nach oben geschnellt. Die harten Spardiktate nehmen Südeuropa zudem die Chance, aus eigener Kraft auf die Beine zu kommen. Immer mehr EU-Bürger stellen sich daher die Frage, ob es nicht doch Alternativen zur Alternativlosigkeit gibt. Wie ein Damoklesschwert schweben die Milliardenhaftungen für die Eurorettung über der Eurozone. Daran, dass diese irgendwann schlagend werden und auch finanziell gesündere Länder in Bedrängnis bringen, herrscht ohnehin kaum noch Zweifel.
Dass nun auch noch Zypern mit seinem dubiosen Bankensystem gescheitert ist, hängt ebenfalls mit den Systemfehlern des Euro zusammen. Das Land ist eine Steueroase, die mit seinem wasserdichten Bankgeheimnis jährlich Milliarden aus oft dubiosen Quellen in seinen Bankensektor lockt, der das Geld daraufhin vor allem in Griechenland investiert und ist so in eine dramatische Schieflage geraten. Dass die Banken auf Zypern immer noch fünf Prozent Zinsen bezahlt haben, als wir für unser Geld nur mehr 0,5 Prozent erhielten, hat ebenfalls an deren Untergang mitgewirkt. Der Euro war als politische Anschub-Hilfe für einen europäischen Bundesstaat gedacht. Das war gut gemeint. Und „gut gemeint“ ist bekanntlich oft das Gegenteil von „gut gemacht“. Weder die Steuersysteme noch das Bankensystem wurden harmonisiert. Anstatt die Zeit zu nutzen und die systemrelevante Banken auf insolvenzfähige Größe zu verkleinern, kommt nun eine Bankenunion, die aus einem Bankenhaftungsverbund und der Verlagerung der nationalen Bankenaufsicht zur Europäischen Zentralbank bestehen wird.
Inzwischen ist der Traum von den „Vereinigten Staaten von Europa“ ausgeträumt. Und einen großen Teil der Schuld am Auseinanderdriften der EU trägt der Euro. Aus der Gemeinschaftswährung als Friedensprojekt ist ein europäischer Spaltpilz geworden. Die Deutschen sind drauf und dran, zum zweiten Mal innerhalb eines Jahrhunderts zum meistgehassten Volk Europas zu werden. Und wegen seiner belasteten Vergangenheit und wohl auch aus falsch verstandener Solidarität mit dem Süden tut Deutschland viel zu wenig, um dieses Bild zu ändern. Denn das Nachkriegseuropa ist dadurch geprägt, dass das hoch industrialisierte Deutschland wesentlich bessere Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg hat als etwa Italien, von dem nur der nördliche Teil industrialisiert ist, oder Frankreich, das den Niedergang seiner Stahl- und Bergbauindustrie nie kompensieren konnte.
Obwohl sie wegen des Euro inzwischen gleich viel verdienen wie die wesentlich produktiveren Deutschen, gehen die Leute in Athen und Nikosia mit antideutschen Transparenten auf die Straße. Solange sich diese Ressentiments auf Griechenland und Zypern beschränken, kann die EU das verkraften. Wenn aber erst einmal Millionen Franzosen mit Hakenkreuzfahnen gegen Merkel demonstrieren, ist die deutsch-französische Freundschaft gescheitert. Und mit der EU ist es vorbei.
In Deutschland formiert sich übrigens gerade eine Partei, die einen Austritt aus der Eurozone fordert. Bei der „Alternative für Deutschland“ handelt es sich jedoch nicht um krakeelende Rechtspopulisten, sondern um bürgerliche Ökonomen, Wissenschafter und Unternehmer, die eine Lösung kennen wollen, wie man den Euro wieder abschaffen könnte, ohne dass das gesamte Finanzsystem in die Luft fliegt.
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Tandl macht Schluss! Fazit 91, (April 2013)
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