Zum Thema (Fazit 91)
Johannes Tandl | 27. März 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 91, Fazitthema
Welche Versprechen erfüllen die Lebensmittellabels? Lebensmitteleinkauf bei jemand, dem wir abnehmen, dass er uns kein medikamentenverseuchtes Stück Fleisch verkauft, das von einem Tier stammt, das nicht unter erbärmlichen Bedingungen dahinvegetiert hat. Ist das möglich? Zahlreiche Lebensmittelskandale haben den Konsumenten vorsichtiger werden lassen. Und wer es sich leisten kann, greift vorzugsweise zu Biolebensmitteln. Die sind aufgrund besserer Kontrollen – hoffentlich – sicherer und vielleicht sogar gesünder.
Die Werbung, aber auch die Agrarlobbyisten raten uns, beim Einkaufen auf Gütesiegel zu achten. Das Schweinderl aus der Billa-Werbung sagt uns, dass wir uns an der Marke „Ja natürlich!“ orientieren sollen, SPAR bewirbt das Biolabel „Natur pur“ und der Diskonter Hofer hat mit einem vollbärtigen Almöhi, der mit lustigem Dialekt die Hofer-Biomarke „Zurück zum Ursprung“ vermarktet, sogar einen völligen Imagewandel versucht. Dass wir Konsumenten keine Ahnung haben, worin sich diese Biolabels voneinander unterscheiden und welche Standards erfüllt sein müssen, um sie auf die Verpackungen drucken zu dürfen, steht freilich auf einem anderen Blatt. Zumindest mit dieser Ausgabe wollen wir versuchen einen Weg durchs „Label-Labyrinth“ zu zeigen. Das bekannteste österreichische Lebensmittel-Label ist das AMA-Gütesiegel für konventionell hergestellte, also nicht biologisch produzierte, österreichische Lebensmittel.
So wie bei allen anderen bekannten Labels stehen nicht kritische Konsumenten dahinter, sondern es wird von der Agrarmarkt Austria Marketing GmbH (AMA) herausgegeben – eine Werbe- und Lobbying-Agentur der Landwirtschaftskammern. Auf deren Webpage heißt es: „Das AMA-Gütesiegel gewährleistet unabhängige Kontrollen und steht für konventionell erzeugte Lebensmittel, die überdurchschnittliche Qualitätskriterien erfüllen und deren Herkunft nachvollziehbar ist.“ Auch die vielen Werbespots der Agrarmarkt Austria Marketing GmbH versuchen, in uns den Eindruck zu erwecken, dass sie ihr Siegel nur an streng kontrollierte Produkte verleihen. Und natürlich beruhigen uns diese Garantieerklärungen irgendwie. Aber nur, solange ein Gütesiegel nicht in einen Lebensmittelskandal verwickelt ist …
Und genau das ist beim AMA-Siegel in großem Umfang geschehen. Ein kriminell gewordener Eierhändler wurde aufgedeckt, weil seine mit dem AMA-Siegel versehenen Freilandeier in Wahrheit millionenfach aus ungarischen Legebatterien stammten. An einen solchen Skandal erinnern sich die Konsumenten mindestens ebenso lange wie an das mit großem Werbeaufwand verbreitete Idyll vom bäuerlichen Produkt und von der sicheren Qualität. Skepsis bei Gütesiegeln ist daher angebracht – vor allem bei jenen von Handelskonzernen und Absatzorganisationen.
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Zum Thema, Fazit 91 (April 2013)
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