Zur Lage (60)
Christian Klepej | 24. Juli 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 95, Zur Lage
Nichts über die Jugend, weniger über Jugendforschung, dafür einiges über einen Jugendforscher.
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Vor gefühlten 100 Jahren war ich in der Schülervertretung tätig und durfte im Zuge zahlreicher Seminare viele interessante Menschen kennenlernen. So den damals auch jungen Bernhard Heinzlmaier. Ob ich ihn wirklich persönlich getroffen habe, erinner ich mich gar nicht mehr genau, jedenfalls glaube ich, ihm einmal bei einer gemeinsamen Sitzung mit Unterrichtsminister Fred Sinowatz begegnet zu sein. (Das hab ich jetzt übrigens nur geschrieben, weil ich die Formulierung »gemeinsame Sitzung mit dem Unterrichtsminister« als ausnehmend cool empfinde und schon länger verwenden wollte.) Was Bernhard Heinzlmaier genau machte, habe ich nie richtig verstanden, irgendetwas mit »Jugendforschung«. Heute weiß ich, Bernhard Heinzlmaier ist »Jugendforscher«. Und dieser Bernhard Heinzlmaier wurde dieser Tage vom Internetmagazin »Paroli« (paroli-magazin.at) interviewt. Schon der Titel dieses Interviews weckte dabei meine Neugier: »Ich sehe den Trend zum angepassten Hosenscheißer«.
Wenn der das sagt, hab ich mir gedacht, der muss das wissen. Denn Heinzlmaier ist ja quasi ein Berufsjugendlicher. Muss man sein, wenn man sich so lange und so intensiv mit dem Thema Jugend auseinandersetzt. Also habe ich das gelesen und ich komme nicht umhin, Ihnen ein paar Schmankerln, sozusagen die Highlights aus diesem Gespräch hier zu präsentieren. So meinte er auf die Frage, ob nicht heute den jungen Menschen viele Türen offenstehen würden, das sei nicht so, außerdem hätte er mit 25 Besseres mit seinem Leben anzufangen gewusst, als sich für ein Unternehmen zu engagieren. Shampoo! Das finde ich toll. Wenn das nur mehr verinnerlichen würden, dann bräuchte keiner mehr was tun. Weiters fügte er noch hinzu: »Damals habe ich von Tag zu Tag gelebt und mir das Recht herausgenommen, keine Pläne zu haben.«
Interessant, dass man auch der Irrung sein kann, es hätte zu irgendeiner Zeit der Menschheitsgeschichte eine Ära gegeben, in der es sinnvoll war, keine Pläne zu haben. Für einen Erwachsenen. Im Kindergarten ist die Notwendigkeit zum Planen jetzt noch nicht so vordergründig, aber schon in der Volksschule muss es nicht schaden. Mit 25 könnte man erkannt haben, dass am Plan an sich nichts Verwerfliches steckt. Außerdem kann man ihn ja ändern. Egal. Im weiteren Verlauf des Gesprächs hat Jugendforscher Heinzlmaier dann ein Trumpfass ausspielen können; Paroli frug ihn ob eines Ratschlages für die heutige Generation.
Wie aus der Pistole geschossen entfuhr ihm – wie es sich für einen Nichtganzalt-68er gehört – »keinen«, sowas würde er nicht machen. Diese bloß oberflächlich etwas angegraut erscheinende Laissez-faire-Weisheit zeichnet ihn als wirklichen Experten seiner Zunft aus. Noch dazu in unserem Milieu, in dem jeder das tun darf, was er will, solange es nur dem Obersten Rat der Grünen in die 88 Seiten umfassende Grundsatzprogrammatik passt. Besonderen Widerwillen scheint Heinzlmaier auch gegen, sagen wir, »unfaule« Menschen zu entwickeln, solche die »strebsam« sind: »Strebsam sein ist an sich schon widerlich.«. Da bin ich ganz bei ihm. Damals in der Unterstufe war niemand gerne Streber! Rückblickend betrachtet, hätte mir wahrscheinlich etwas mehr an Strebsamkeit in der Oberstufe nicht geschadet.
Abrechnen tut er auch mit Menschen, die Unternehmergeist entwickeln: »Diese Typen interessieren mich einfach nicht. Das sind langweilige, öde Menschen.« Richtig. Viele Unternehmer, die ich kenne, sind eher ungesellige Typen. Natürlich wären die lockerer, wenn sie ihre Firmen schließen und ihre Arbeitnehmerinnen der gesellschaftlichen Solidarität anempfehlen würden, um endlich das zu tun, was sogar ein Heinzlmaier für »erstrebenswert« ansieht, nämlich auf der Straße herumzulungern, ein Bier zu trinken und das Leben vorbeiziehen zu lassen: »Diese Verpunkung, das wäre ein Ideal, dem (sic!) ich dem heutigen Ideal entgegen halten (sic!) würde.« Solche Forscher braucht das Land!
Und als hätte Künstler Gustav Troger das Interview gelesen, hatten wir ja vor einer Woche auf seine Kosten ein neues Denkmal am Grazer Hauptplatz stehen: einen Punk aus Bronze. Also, ich gehe davon aus, dass Troger dieses temporäre Kunstwerk aus Eigeninitiative installiert wie bezahlt hat. Es wäre ein Zeichen mangelnden Respekts gegenüber einer die Gesellschaft ablehnenden Gruppe gewesen, weil die Gesellschaft sich mit einem solchen Denkmal ja nur lustig über sie machen kann. So ist aber alles in bester Ordnung. Auf die Zukunft! Die kommt auch ohne Forschung. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass eine große Koalition dem Lande nicht nutzen kann.
Zur Lage #60, Fazit 95 (August 2013)
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