Die Römer dürfen wieder spinnen
Christian Klepej | 20. November 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 98, Kunst und Kultur
Schon die Vorwörter von Albert Uderzo und Anne Goscinny zum neuesten Asterix-Band zeigen das Dilemma auf, vor dem die Serie seit dem Tod von René Goscinny im Jahr 1977 steht. Die Tochter des großen französischen Comictexters lobt darin »das gewaltige Talent«, mit dem Uderzo der Erinnerung an Goscinny immer gerecht geworden sei. Nun hat der wunderbare Zeichner Albert Uderzo selbstverständlich unvorstellbar viel Talent; nur eben als Zeichner. Und wenig bis gar keines als Geschichtenerzähler. Die Alben, die Uderzo alleine verantwortete, fielen allesamt – bis auf die ersten drei, die offenbar noch gemeinsam konzipiert wurden – ungeheuer von den ersten 23 Bänden ab und wurden von Mal zu Mal flacher und einfallsloser.
Nun hat ein neues Team die Comicserie um den kleinen Gallier und seinen dicken Freund übernommen, die beiden Franzosen Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichnungen). Und ihr erstes Album »Asterix bei den Pikten« erscheint als kleiner Silberstreif am gallischen Horizont. Ferri und Conrad können zwar (noch) lange nicht an die großen Asterixalben der Neunzehnsechziger und -siebziger anschließen, zeigen aber zumindest großes Potenzial auf, das in ihnen steckt.
Zeichnerisch ist Conrad ein perfekter Handwerker; bis auf zwei, drei Panels, die Asterix eher tollpatschig aussehen lassen, hat er das Uderzosche Universum gut im Strich. Bei der Schaffung neuer Charaktere ist die Hand noch etwas unsicher, die Hauptfigur, der Pikte »Mac Aphon«, erscheint eher als farblose Kopie einer Figur von Uderzo aus einer anderen Comicwelt, dem Indianer »Umpah-Pah«. Und auch die Riesenseeschlange »Fafnie« geht gerade noch als nett durch, wenn man weiß, wer die große Schwester von »nett« ist. Geschichte und Text sind bei weitem nicht so dünn wie in den letzten zehn Alben; zwei-, dreimal sorgen sie sogar für ein kleines Lächeln beim geneigten Leser.
Alles in allem ein gelungener Neustart. Wenn sich die zwei auch nicht mehr ganz jungen Künstler – beide sind Jahrgang 1959 – ordentlich von Albert Uderzo und vor allem von Anne Goscinny emanzipieren können und einen eigenen Weg mit eigenen Abenteuern in und um das kleine gallische Dorf bestreiten, steht neuen großen Geschichten nur mehr wenig im Weg. Wir wollen es hoffen.
Alles Kultur, Fazit 98 (Dezember 2013) – Onlinelayout
Abbildung: Les Éditions Albert René
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