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Tandl macht Schluss (Fazit 101)

| 26. März 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 101, Schlusspunkt

Selbst Kleinverdiener müssen Unsummen an den Staat abgeben. In Deutschland ist eine heftige Diskussion über Steuergerechtigkeit entbrannt. Gemeint ist damit jedoch nicht, ob es gerecht ist, wenn selbst Geringverdiener mehr als die Hälfte ihres Einkommens an den Fiskus bzw. an die Sozialkassen abliefern müssen, sondern ob man Steuerhinterziehern weiterhin die Möglichkeit zu einer strafmindernden Selbstanzeige geben soll. Dass die Diskussion bereits Wirkung zeigt, erkennt man am Wording in den deutschen Medien. Kaum ein Journalist wagt es noch, von »Steuersündern« zu sprechen. Ab sofort gilt nur mehr der Begriff »Steuerbetrüger« als politisch korrekt.

Jetzt könnte man meinen, diese Diskussion sei angesichts des Falles »Uli Hoeneß« typisch für das wiedervereinigte Deutschland, wo die Eliten bekanntlich zugelassen haben, dass der Wert »Freiheit« immer öfter durch den Wert »Gleichheit« ersetzt wird. (Dabei sollte gerade den Bewohnern der ehemaligen DDR klar sein, dass »Gleichheit« als Wert nur gemeinsam mit »Freiheit« Bestand hat.) Jetzt mag man die Frage stellen, was die deutsche Diskussion mit Österreich zu tun hat? Da unser Land medial immer mehr zu einem Anhängsel der Bundesrepublik wird, zeigt der »Fall Hoeneß« aber auch bei uns Wirkung. Denn auch unsere Politik scheint daran Gefallen zu finden, in den bösen Steuerbetrügern die Sündenböcke dafür zu suchen, dass der Staat mit dem, was an Steuern, Abgaben und Sozialbeiträgen hereinkommt, nicht auskommt.

In einem Hochsteuerland mögen die Wähler keine Steuererhöhungen. Denn trotz der Verniedlichung der staatlichen Gier durch die Politik und unbedarfte Medien haben viele Stimmberechtigte mitbekommen, dass sie bei der letzten Wahl hinters Licht geführt wurden. Von einer SPÖ, die die nachhaltige steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit versprochen hat, und von einer ÖVP, die der Wirtschaft entsprechende Entfesselungsmöglichkeiten zugesichert hat. Weil sie ihren Steuerbetrug nicht zugeben wollen, versuchen die beiden Parteien abzulenken. Die ÖVP brüstet sich, die Reichensteuer verhindert zu haben, und die SPÖ sieht im Hypo-Desaster einen guten Grund, die Lohnsteuersätze doch nicht anzugreifen. Dabei sind die Steuereinnahmen allein durch die kalte Progression im Vorjahr um über drei Milliarden Euro auf 76,4 Milliarden Euro angestiegen. Die Gesamten Beiträge zur Europäischen Union betragen im Vergleich dazu »nur« etwa 2,9 Milliarden Euro. Der Staat ist ganz einfach nicht dazu in der Lage, auch nur annähernd Maß zu halten. Angesichts der jahrzehntelang verschleppten Verwaltungsreform, Pensionsprivilegien für das eigene Klientel und einem Beamtendienstrecht, das jeden ASVG-Beschäftigten die Zornesröte ins Gesicht treiben muss, wäre es daher höchst an der Zeit, den Spieß umzudrehen und die Leute zu feiern, denen es gelingt, sich dem Steuerdiktat zu widersetzen.

Ich will weder den Sozialstaat kürzen, noch am Bildungssystem sparen oder unsere Straßen verkommen lassen. Wir müssen die Politik jedoch dazu bringen, auf weitere Gestaltungsspielräume radikal zu verzichten. Leider funktioniert das bisher nur »Top-down«, mit vernünftigen Menschen wie Franz Voves oder Hermann Schützenhöfer an der Spitze. Denn bei Wahlen bilden diejenigen, die sich ohne nachzurechnen einreden lassen, Gewinner des staatlichen Transfersystems zu sein, immer noch die große Mehrheit der Wähler.

Was die wenigsten begreifen, ist, welche Unsummen bei uns selbst Kleinverdiener an den Staat abgeben müssen. Um in Österreich 14 mal pro Jahr 1000 Euro netto zu verdienen, verursacht man jährliche Lohnkosten von beinahe 22.000 Euro. Selbst diese Niedrigverdiener werden also mit 635 Euro monatlichen Lohnabgaben belastet. Dazu kommen noch die indirekten Steuern, von beinahe 400 Euro pro Monat. Auf diese Weise schafft es unser Staat, selbst den Ärmsten unter den Vollzeitbeschäftigten mindestens 57 Prozent ihres Einkommens abzuknöpfen und irgendwohin umzuverteilen.

::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK

Tandl macht Schluss! Fazit 101 (April 2014)

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