Skulpturen aus Sand und Seide
Katharina Kocher-Lichem | 2. Juli 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 104, Kunst und Kultur
Im Künstlerhaus, dem schönsten White Cube von Graz, zeigt das Team von Sandro Droschl noch bis August, wie der Begriff »Skulptur« heute von Künstlerinnen und Künstlern interpretiert wird. Die Auswahl zeigt vor allem fragile Arbeiten.
Die Nervosität von Christian Egger, neben Sandro Droschl der wichtigste Kurator im Künstlerhaus, war groß, als vor der offiziellen Eröffnung der Ausstellung »Chat Jet, Part 2«, die Ersten die Welcome-Möglichkeit nutzen. Manches ist so fragil wie die Sandkunstwerke von Angelika Loderer oder Nathan Hyldens Edelstahlplatten, deren aufgesprühte Lackschicht bei der kleinsten Berührung so leicht verwischt, dass Egger um den Bestand der Werke bis zur Eröffnung fürchtete.
Die 30-jährige Feldbacherin Angelika Loderer zeigt, wie im Kunsthaus im Vorjahr, auch hier ihre filigranen Kuben aus Sand, diesmal mit farbigem Wettex durchsetzt und mit seitlich messerscharf anmutenden hochgezogenen Spitzen. Dass die Werke gar nicht so instabil sind, erklärt sie durch den anstrengenden Entstehungsprozess aus stundenlangem festen Stampfen und Stopfen. Die Farbe der Sande stammt aus vorangegangenen Verarbeitungsprozessen, so stammt der dunkle Sand aus einer Gießerei, hat also schon einmal zur Formung eines Werkes gedient und wird nun durch die Hände Loderers selbst trans-form-iert – ein Prozess, der der Künstlerin sehr wichtig ist.
Isa Genzkens »Empire Vampire III« ist eine fragile, schlank hochgebaute Setzung aus einem für ihre Kunst typischen Materialmix, die die Assoziation eines Eisbechers, gekrönt mit einem Schirmchen, hervorruft. Christian Egger und Sandro Droschl haben eine Auswahl besonders herausragender Werke zusammengestellt, wo zarte fadenscheinige Seide, von Tove Storch eingespannt in einem Rahmen aus verrostetem Edelstahl mit der größten Skulptur des Raums, dem »Verschlag« von Michael Kienzer, korrespondiert.
40 Werke von 26 Künstlerinnen und Künstlern sind wirkungsvoll über Hauptraum, Grafikraum, Apsis und Untergeschoß zu einer der schönsten Präsentationen zeitgenössischer Skulpturen aktuell in Graz zusammengestellt. Ziel der Ausstellung »Chat Jet, Part 2« ist, den aktuellen Skulpturbegriff zu diskutieren, so wie in »Chat Jet, Part 1« im Vorjahr anlässlich der Eröffnung des Künstlerhauses nach der Renovierung durch das Land Steiermark diskutiert wurde, wie sehr die Malerei bereits die Grenzen der Leinwand überschritten hat. Dazu wird es auch gesonderte Veranstaltungen wie Vorträge, Lectures oder Podiumsdiskussionen geben.
In der neu im Künstlerhaus eingezogenen Kunstbuchhandlung »Motto« finden Interessierte dazu die passende Primär- und Sekundärliteratur. »Motto« wird kompetent und umsichtig von Helga Droschl betreut und ist eine »Filiale« des 2008 von Alexis Zavialoff in Berlin gegründeten »Mottos«, das sich seitdem weltweit und nun eben auch in Graz erfolgreich etabliert hat.
Foto von Marus Krottendorfer
Alles Kultur, Fazit 104 (Juli 2014) – Onlinelayout
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Erratum
In der Printausgabe wurde Christian Egger
versehentlich einmal als »Christian Müller« bezeichnet.
Wir bedauern diesen Fehler.
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