Kein Titel wäre cool genug
Christian Klepej | 30. Juli 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 105, Kunst und Kultur
An den Herbst wollen wir jetzt im Sommer noch nicht ständig denken, das Festival für zeitgenössische Kunst »Steirischer Herbst« (wird gerne auch nur klein geschrieben) wirft trotzdem seine Schatten voraus. Das Motto heuer: »I prefer not to … share!« (Ich ziehe es vor, nicht zu teilen) ist eine Anlehnung an Herman Melvilles Erzählung »Bartleby der Schreiber« aus dem Jahre 1853. Indendantin Veronica Kaup-Hasler schreibt in ihrem Programmvorwort, wir wären zerissen, zerissen »zwischen dem Wissen, dass wir mehr teilen und gleichzeitig auf mehr verzichten müssen, wenn wir das Auseinanderdriften der Reichsten und Ärmsten auf diesem Planeten stoppen wollen«. Das klingt einmal grundsätzlich gut, und wir wollen, gerade wenn es um Kunst geht, nicht auf so Kleinigkeiten herumreiten, dass es den Ärmsten unter uns in Europa heute so gut geht wie noch nie auf diesem Planeten, und dass insbesondere ich nicht in Versuchung geraten werde, »Ausbildungs- und Karrieredenken für unsere Kinder einem ethischen Realitätscheck« zu unterziehen. Was immer dieser sicher auch sehr gut gemeinte Rat genau meinen will. Egal.
Der Steirische Herbst wird am 26. September mit der »legendären« (so steht es im Programm) »Needcompany«, einem Künstlerkollektiv unter der Leitung von Jan Lauwers und Grace Ellen Barkey, welches sich im Laufe seiner Geschichte immer wieder neu erfunden hat, in der Helmut-List-Halle eröffnet. Näheres über die Needcompany nachzuschlagen, erscheint mir ob der ja ständigen Neuerfindung jetzt eher aökonomisch, lassen wir uns also überraschen. Jedenfalls wird es sich um eine Uraufführung handeln und noch dazu in zwei Teilen. »Part I« (wohl der erste Teil) mit dem wohlmundigen Titel »If Art is My Lover Then Who The F*** Are You?« (Wenn Kunst mein Liebhaber ist, wer zur H**** bist dann Du?) startet um 19.30, der zweite Teil (ja, Part II selbstredend; herrlich, damals bei der Schülerzeitung hatten wir auch bei allem einen »Part II«) dann gegen 22.30 und hat den allzeitfreudenden Titel »All Tomorrow’s Parties«.
Das kann man wohl nicht sinnvoll übersetzen und wieweit es etwas mit dem Lied von »Velvet Underground« aus dem 1967er-Album »The Velvet Unterground & Nico« zu tun hat, weiß ich jetzt gar nicht. Ist aber vielleicht auch gar nicht so wichtig, gilt es doch an diesem Eröffnungsabend vor allem »zu feiern, was uns noch verbindet, was wir Menschen teilen und was wir noch nicht verloren haben«. Nachdem meine letzte Herbsteröffnung nun schon einige Jahre zurückliegt, damals wurde – wenn auch langsam – Abfall von der Decke der Helmut-List-Halle geworfen, und das hat mir dann für einige Zeit genug an modernem Kunstgenuss verschafft, freue ich mich schon auf diesen »Drahtseilakt ohne Netz«, auf dieses »in jedem Wortsinn singuläre Ereignis«. Schauen wir mal.
Steirischer Herbst 2014
»I prefer not to … share!«
26. September bis 19. Oktober
Eröffnung am 26.9. um 19.30
Helmut-List-Halle in Graz
steirischerherbst.at
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