Der Blick des Cockerspaniels
Katharina Kocher-Lichem | 29. Oktober 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 107, Kunst und Kultur
Turbulent geht es derzeit im Theater »Lechthaler-Belic« zu. Die Namensgeber des Theaters wirbeln als sich wild liebendes und zankendes Paar über die Bühne und ernten Standing Ovations.
Die Geschichte ist einfach erzählt – zwei Ehepaare sind auf Hochzeitsreise: Sybil und Elyot sowie Amanda und Victor. Sie haben dasselbe Luxushotel gebucht, und wie es der Zufall so haben möchte, liegen die Zimmer nebeneinander. Nun waren allerdings Elyot und Amanda einmal ein Paar und sind seit fünf Jahren geschieden. Für Turbulenzen ist also gesorgt, denn, wie man schnell erfährt, lieben sich Amanda und Elyot noch immer und die Komödie nimmt ihren Lauf.
Rosie Belic als Amanda und Nikolaus Lechthaler als Elyot spielen mit viel Esprit und pointensicher das sich ewig liebende und zankende Paar. Die Ausstrahlungskraft der beiden birgt die Gefahr, dass andere Schauspieler neben ihnen verblassen könnten. Juliane Walch als Sybil und Bernhard Muik als Victor interpretieren aber die ihnen zugedachten undankbaren Rollen als »Ehe-Statisten« mit sehr viel Charakter und sorgen so für ein gelungenes Gleichgewicht auf der Bühne.
Hohes Tempo und schneller Wortwitz zeichnen die Komödie aus, das Fett bekommen vor allem die jeweils lieblos geheirateten »Ehe-Statisten« ab. So bezeichnet Amanda ihren frisch Vermählten Victor als »Mann mit dem Blick eines Cockerspaniels bei schmelzendem Schnee«. Und als Sybil ihr Unbehagen an der Situation, dass ihr frisch Angetrauter schon wieder mit seiner Ex ins Bett hüpft, mit »ich fühle mich, als ob schleimige Tiere durch mich hindurchkriechen« zum Ausdruck bringt, kommentiert Elyot dies banal mit: »Kann schon sein, das Sofa ist ziemlich alt!«
Dass die Venus von Willendorf eine pointierte Rolle im Bühnenhintergrund dieser Komödie spielt, sei auch noch erwähnt.
Die Autor dieses Stückes ist der Brite Noël Coward, von Königin Elisabeth II. zum »Sir« geadelt. Er war erfolgreicher Schauspieler, Komponist und Regisseur und erhielt 1943 einen Ehrenoscar. Als Autor schrieb er ebenso erfolgreich Komödien und Revuen. »Die Hochzeitsreise« wurde 1930 uraufgeführt, Lechthaler-Belic haben sie weitgehend belassen und nur in ganz kleinen Nuancen modernisiert.
Rosie Belic und Nikolaus Lechthaler gehen ihren Weg seit vielen Jahren konsequent und haben es 2008 geschafft, in der Herrgottwiesgasse dieses kleine Theater zu errichten. Sie bespielen in Graz eine auf das Wesentliche reduzierte, qualitätsvolle Nische – das Publikum dankt es mit regelmäßig vollem Haus. Karten reservieren!
Die Hochzeitsreise (Weitere Informationen)
Noch bis 29. November 2014
Theater Lechthaler-Belic
8020 Graz, Herrgottwiesgasse 4
Karten: 0316 680315
le-be.at
Alles Kultur, Fazit 107 (November 2014) – Onlinelayout – Foto: Danila Amodeo
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