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Politicks August 2015

| 29. Juli 2015 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 115, Politicks

Finanzminister Schelling will die »kalte Progression« abschaffen
Die Initiative von Finanzminister Hans Jörg Schelling, die kalte Progression abzuschaffen, ist längst überfällig. Mit »kalter Progression« ist das Vorrücken der Lohn- und Einkommensbezieher in höhere Steuerstufen gemeint, weil die Löhne und Gehälter an die Inflation angeglichen werden.
Die öffentlichen Haushalte profitieren aufgrund ihrer Überschuldung aber auch ohne kalte Progression weiterhin von der Inflation. Denn nach wie vor ist der Großteil der Staatsschulden von knapp 286 Milliarden Euro nicht inflationsgesichert, während die Bemessungsgrundlagen für die Steuern und Abgaben – die Preise und Löhne – zumindest um das Ausmaß der Inflation steigen. Je höher die Inflation, desto größer ist daher die Abschmelzwirkung auf alte Schulden mit fixem Zinssatz.

Dennoch sind Zweifel an der Durchsetzbarkeit des Schelling-Vorschlages für einen Anpassungsmechanismus angebracht. Die Regierung will nämlich erst einmal »die Experten« befragen, wie sich der Plan am besten umsetzen lässt. Und die SPÖ hat bereits angekündigt, zwar ebenfalls für die Abschaffung, aber gegen einen Automatismus zu sein. In der Schweiz werden die Steuerzahler jedenfalls schon seit vielen Jahren durch die Verfassung von den Effekten der kalten Progression befreit. Dort werden die Tarifstufen zu einem jährlichen Stichtag – am 30. Juni – um das Ausmaß der Inflation angehoben. Bei uns wäre wohl der 31. Dezember geeigneter. Schließlich deckt sich das Steuerjahr der Lohnbezieher und auch das der meisten Einkommensteuerzahler mit dem Kalenderjahr.

Auch die Oppositionsparteien wollen die kalte Progression abschaffen. Möglicherweise wird daher tatsächlich etwas daraus, denn die Regierung will ihren Reformeifer vor den wichtigen Landtagswahlen in Oberösterreich und Wien unbedingt unter Beweis stellen.

Landesregierung – Noch größerer Reformdruck
Die steirische Landesregierung steht gleich vor mehreren Herkulesaufgaben. Wie LH-Vize Michael Schickhofer kürzlich eingestehen musste, fehlen im Landesbudget für 2015 an die 350 Millionen Euro und 2016 könnten es aufgrund der Steuerreform sogar 450 Millionen sein. Die Ursachen liegen nicht in der mangelnden Ausgabendisziplin der Ressortchefs, sondern in der Steuerreform und der stagnierenden Wirtschaft. Obwohl beide Faktoren schon seit Längerem bekannt sind, hat die ehemalige Finanzlandesrätin Bettina Vollath bis zur Landtagswahl keinen Zweifel daran gelassen, dass das Nulldefizit für 2015 halten werde. Die Opposition, allen voran FP-Chef Mario Kunasek, beklagt sich daher nun zu Recht darüber, dass das Ausmaß der drohenden neuen Schulden erst bekannt gegeben wurde, als das Budgetloch nicht mehr zu beschönigen war. »Den Steirern drohen nun strenge Sparbudgets, nur weil die Landesregierung in der vergangenen Legislaturperiode bewusst weggeschaut und die Öffentlichkeit über das Budgetdebakel nicht ausreichend informiert hat«, weidet sich Kunasek an den steirischen Finanznöten.

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer hat sich aber an Querschüsse aller Art gewöhnt und hält am Reformkurs unbeirrt fest. Gegenüber dem Kurier sagte er kürzlich, dass ihn der Mut ganz sicher nicht verlassen werde. Er sei befreit von der Eitelkeit, noch einmal eine Wahl gewinnen zu müssen und könne daher mit seinem neuen, jungen Team an weitere Reformen herangehen. Aufhorchen ließ Schützenhöfer mit der Bereitschaft, Kompetenzen an den Bund abzutreten, damit in der Spitalsreform endlich etwas weitergeht. »Es muss eine Gesamtsicht geben«, so Schützenhöfer und er nannte den Umstand, dass es sowohl im steirischen Hartberg als auch im nur wenige Kilometer entfernten burgenländischen Oberwart gut ausgebaute Spitäler gebe. Mit den Worten »Wir haben in Österreich alles in allem 287 Spitäler. In ganz Schweden gibt es nur 84 Krankenhäuser« kündigte Schützenhöfer wohl weitere tiefe Einschnitte an. Damit hat er klar gemacht, dass er nicht Landeshauptmann werden wollte, um neue Freunde zu gewinnen. Seine Amtskollegen in den anderen Bundesländern stehen jedenfalls unter noch größerem Druck, zumal dort meist nicht einmal jene Reformen in Angriff genommen worden sind, die in der Steiermark bereits umgesetzt und budgetwirksam wurden.

Das Asylthema treibt die Bürger weg von der EU, aber auch hin zur FPÖ
Die Hilflosigkeit, mit der die Politik der Flüchtlingsflut gegenübertritt, ist Wasser auf die Mühlen der EU-Gegner und vor allem der FPÖ. Die Bevölkerung macht jedenfalls die Politik für den Flüchtlingsansturm verantwortlich. Die Ursachen dafür, dass Österreich mittlerweile die Hauptlast des Exodus aus Afrika und »Arabischem Frühling« zu tragen hat, sehen die Wähler einerseits in einer zu großzügigen Aufnahmepolitik und andererseits in der mangelnden Solidarität des übrigen Europa.

Bundeskanzler Werner Faymann ist mit seiner Forderung nach Bezirksquoten bei den Landeshauptleuten kläglich gescheitert. Das hatte aber weniger mit der mangelnden Qualität seiner Vorschläge, sondern vor allem mit seiner jämmerlichen Kommunikationspolitik zu tun. Der Regierungschef hatte der »Krone« nämlich schon vor Sitzungsbeginn eine Einigung verkündet. Und das ist etwas, was man mit den stolzen österreichischen Landesfürsten nicht machen darf.
Nun hat sich auch der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl an einem Bauchfleck mit Anlauf versucht. Er forderte die Einführung von Gemeindequoten und eine Zwangsverpflichtung der Bürgermeister in ihren Gemeinden, Asylwerber aufzunehmen. Mit der Ansage »Paracelus lehrte uns: Auf die Dosis kommt es an«, forderte Nagl die Gemeinden auf, je 1.000 Einwohner fünf Asylwerber aufzunehmen. Dass sich Nagl angesichts von knapp 2.000 Flüchtlingen in Graz überfordert sieht, ist zwar verständlich, denn Großquartiere stellen sowohl Anrainer als auch Flüchtlinge vor große Probleme. Dennoch ergibt der Vorschlag wenig Sinn. Flüchtlinge in irgendwelche demografisch gefährdeten Kleingemeinden abzuschieben, kann nur zu einem weiteren Aufschaukeln der Lage führen. Die Idee, etwa im durch die FPÖ-Landtagskampagne zu zweifelhaften Ehren gekommenen Pusterwald, eine Handvoll junger afghanischer Männer in den programmierten Lagerkoller zu führen, scheint nicht besonders durchdacht zu sein. Die Flüchtlinge würden sich dort wohl wie Außerirdische vorkommen. Und dass sie – abgeschnitten von ihren Gesinnungsgenossen und Glaubensbrüdern – erst recht keine Chance hätten, sich vernünftig zu integrieren, wäre eine weitere logische Folge dieser Maßnahme. Jedes kleine Nest zur Erfüllung einer Flüchtlingsquote zu verpflichten, löst also auch kein Problem, passt aber zur Strategie, die Flüchtlinge überall sonst, nur nicht im eigenen Bereich gut aufgehoben zu sehen.

Landesrechnungshof prüft Vergabe der Glücksspiellizenzen
Die drei steirischen Automatenglücksspiellizenzen wurden noch in der abgelaufenen Legislaturperiode an drei Unternehmen vergeben, die alle in direkter oder indirekter Verbindung zum Glückspielkonzern »Novomatic« stehen.

Bei den Unternehmen handelt es sich zum einen um die »PG Enterprise AG«, die im Eigentum eines ehemaligen Vorstands der zu »Novomatic« gehörenden »Admiral-Casinos« steht. Im Aufsichtsrat sitzen Ex-ÖVP-Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl und der frühere der SPÖ zugerechnete Bezirkshauptmann von Bruck an der Mur, Jörg Hofreiter. Die zweite Lizenz ging an die Firma »PA Entertainment«, des Grazers Helmut Polanz. Mit »Novomatic« ist Polanz über eigene Geschäftsbeziehungen und welche seiner Gattin verbunden. Und die dritte Lizenz ging direkt an den »Novomatic-Konzern«.

Der Klubobmann der Grünen, Lambert Schönleitner, sieht bei der Vergabe der Lizenzen für das steirische Automatenglücksspiel jedenfalls einiges zu überprüfen und zu hinterfragen. Er spricht von einer »schiefen Optik«, wenn etwa ein Unternehmen, das erst im Zuge der Ausschreibung gegründet wurde und daher über keinerlei Erfahrungen in der Branche verfüge, stattdessen aber mit persönlichen Verflechtungen in die Politik ausgestattet sei, diese Ausschreibung gewinne.

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Politicks, Fazit 115 (August 2015)

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