Tandl macht Schluss (Fazit 114)
Johannes Tandl | 2. Juli 2015 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 114, Schlusspunkt
Wer die FPÖ besiegen will, muss sie in die Bundesregierung holen! Inzwischen sieht sogar das der SPÖ nahestehenden Ifes-Institut die FPÖ bei der Sonntagsfrage gut abgesichert auf Platz eins. Und die Regierungsparteien reagieren: Sie überhäufen die FPÖ mit Verhetzungsvorwürfen und versuchen ihr gleichzeitig, mit einer restriktiveren Asyl- und Migrationspolitik, den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Doch wie schon in der Vergangenheit werden SPÖ und ÖVP damit scheitern. Die eigentliche Ursache für Straches Erfolge liegt in den Abstiegsängsten der Mittelschicht. Immer weniger Österreicher glauben, dass das Land die Wirtschafts- und Beschäftigungskrise mit dieser Spitze bewältigen kann. Sie fühlen sich von der Regierung durch steigende Lebenshaltungskosten, eine unglaubliche Steuer- und Abgabenlast, aber auch durch die Probleme bei der Finanzierung von Gesundheit, Pflege und Pensionen im Stich gelassen. Dazu kommt, dass Österreich aufgrund der ineffizienten staatlichen Strukturen als Wirtschaftsstandort nach hinten durchgereicht wird. Mit der Folge, dass erstmals sogar die Unternehmen in einen Investitionsstreik getreten sind.
Natürlich hat die Stillstandskoalition auch bei der Asylpolitik versagt. Während die meisten europäischen Länder seit Jahren versuchen, die Flut von Asylwerbern einzudämmen, hat Österreich geschlafen. Und wenn die Innenministerin für heuer ein Bevölkerungsplus von einem Prozent nur durch Asylwerber ankündigt, ist das eine diesbezügliche Bankrotterklärung. Denn ein Land, das es aufgegeben hat, die Zuwanderung zu steuern, hat sich selbst aufgegeben.
Derzeit profitiert die FPÖ natürlich davon, dass sie die Wähler aufhetzt. Aber gehört das nicht zum Wesen jeder lebendigen Demokratie? Im steirischen Wahlkampf etwa wurde von der FPÖ ein Rechenbeispiel inseriert, bei dem eine arbeitslose, die Mindestsicherung beziehende asylberechtigte Familie auf das gleiche Haushaltseinkommen kommt wie eine gleich große österreichische Arbeiterfamilie mit dem durchschnittlich verdienenden Vater als Alleinverdiener. Obwohl die Zahlen stimmten, führte das Inserat zu massiven Verhetzungsvorwürfen durch die SPÖ. Doch tatsächlich erfüllen nur wenige Asylberechtigte die hohen Anforderungen des Berufslebens. Sie bleiben daher – wie übrigens auch immer mehr minderqualifizierte Österreicher, denen das AMS schon lange keine Jobangebote mehr unterbreiten kann, weil es sie einfach nicht gibt, – auf Dauer in der Mindestsicherung. Mit ihrem Beispiel konnte die FPÖ jedenfalls erfolgreich nachweisen, dass sich das Arbeiten für Niedrigverdiener nicht mehr lohnt.
Dass die österreichische Mindestsicherung das Einkommen in den Herkunftsländern der Asylberechtigten meist um das Mehrfache übersteigt, liefert der FPÖ zusätzliche Argumente gegen die Asylpraxis. Nirgendwo auf der Welt ist es anscheinend so attraktiv, einen Asylantrag zu stellen, wie in Österreich.
Weil das auch die Politik weiß, wurde nun damit begonnen, das Asylwesen zu verschärfen. In einem ersten Schritt will die Innenministerin die Verfahren verschleppen, den Familienzuzug behindern und dort, wo es trotz der ungarischen Einwände noch möglich ist, die Abschiebebestimmungen des Dublin-Abkommens anwenden. In einem nächsten Schritt wird für Asylwerber und -berechtigte womöglich der Zugang zum Gesundheitssystem erschwert. Äußerungen aus Regierungskreisen lassen zudem darauf schließen, dass für Migranten auch der Bezug der Mindestsicherung schwieriger werden soll – möglicherweise indem man die Fristen für die Bezugsberechtigung dramatisch verlängert. Die Politik setzt also Ideen der Freiheitlichen um.
Die FPÖ verstößt jedenfalls gegen den politischen Grundkonsens, den schwierigen Bereich der Asylpolitik nicht zu thematisieren. Angesichts ihrer Ausgrenzung haben die Freiheitlichen jedoch keinen Grund, sich an diesen Konsens zu halten. Sie sind die perfekte Protestpartei. Selbst Wähler, die gar nicht wollen, dass die FPÖ in die Regierung kommt, können einen Denkzettel ausstellen, indem sie blau wählen. Solange die FPÖ ihre Lösungskompetenz nicht endlich unter Beweis stellen muss, wird sie daher weiter von Sieg zu Sieg eilen. Der Letzte, dem es gelungen ist, die Blauen zu entzaubern, war Wolfgang Schüssel. Wer die FPÖ bändigen will, muss sie in die Bundesregierung holen!
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