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Pioniere im Stammbeisl

| 30. Mai 2016 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 123, Kunst und Kultur

Foto: Semmel Concerts

In der Halle A der Grazer Messe wird noch bis Ende Juli ägyptische Geschichte erlebbar gemacht. Dank Replikaten. Und dennoch überraschend sehenswert.

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Thomas Cook gilt gemeinhin als Pionier des Tourismus. Im Jahr 1869 organisierte der Engländer die erste Pauschalreise aller Zeiten. Briten und Amerikaner begleiteten ihn nach Ägypten, um sich dort vor Ort von den Resten der altägyptischen Hochkultur ein Bild zu machen. Eine Reise für Privilegierte, der schon bald ein Meilenstein in der Geschichte des Massentourismus folgte: Nilkreuzfahrten. Denn diese Flussreisen konnten sich vergleichsweise weniger betuchte Menschen auch leisten. Von Tempel zu Tempel in ein paar Tagen an Bord eines Dampfers mit allen Annehmlichkeiten.

Nilkreuzfahrten hat Thomas Cook noch heute im Angebot. Und keine Nilkreuzfahrt ist vollständig ohne einen Besuch im Tal der Könige. In diesem am Rande der Wüste und in unmittelbarer Nähe von Luxor gelegenen Gebiet wurden bis heute 64 Gräber und Gruben gefunden. Insbesondere die Gräber der Pharaonen erlangten Berühmtheit. Besonders jenes des vergleichsweise wahrscheinlich eher unbedeutenden, weil sehr jung verstorbenen Pharaos Tutanchamun.

Nun mag man das wissen. Und auch von Howard Carter gehört haben. Und vielleicht war man – wie der Autor dieser Zeilen – sogar schon einmal im Tal der Könige, um in guter alter Thomas-Cook-Tradition dem Massentourismus am Nil zu frönen. Und nun mag der folgende Satz ein bisschen seltsam klingen, aber: Das, was in der Messehalle A in Graz noch bis 27. Juli unter dem Titel »Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze« zu sehen ist, schlägt sogar das Erlebnis vor Ort. Denn auch wenn diese Wanderausstellung, die schon auf der halben Welt zu sehen war, ausschließlich Replikate zeigt. Und selbst wenn sie in Aufmachung und Stil sowie aufgrund des von der deutschen Synchronstimme von Anthony Hopkins gesprochenen Audio-Guides im Vergleich zum Originalabenteuer in Nordafrika so viel Charme vermuten lässt wie der Besuch einer Direktübertragung der Oscar-Verleihung im Stammbeisl im Konkurrenzkampf mit einer Sitzplatzkarte im Kodak Theatre zu Los Angeles – so steht am Ende der Tour außer Frage: Diese tendenziell aufgeregte Inszenierung unter den Geschichtserlebnissen unserer Zeit verdient das Prädikat sehenswert.

Nun könnte man den Gedanken weiterspinnen und sich überlegen, ob auf einer Welt, auf der immer mehr Menschen leben und in der es immer schwieriger wird, alle Kulturtourismusbegierigen im Sinne von Thomas Cook vor Ort zu befriedigen, Ausstellungen wie »Tutanchamun – sein Grab und die Schätze« die Zukunft gehört. Aber das wollen wir der Cook-Gruppe nicht wünschen. Uns übrigens auch nicht.

Tutanchamun. Sein Grab und die Schätze
Noch bis 27. Juli 2016
Jeweils Di–So, 10 bis 18 Uhr
Messe Graz, Halle A
tut-ausstellung.at

Alles Kultur, Fazit 123 (Juni 2016) – Foto: Semmel Concerts

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