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Politicks Dezember 2016

| 24. November 2016 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 128, Politicks

Die Gesundheitsreform steht
Jetzt wird es ernst bei der Gesundheitsreform. Gesundheitslandesrat Christopher Drexler hat gemeinsam mit den betroffenen Interessengruppen eine umfassende Erneuerung des gesamten Gesundheitswesens vorgelegt. Die wichtigsten Eckpunkte sehen die Absicherung der derzeitigen Standards durch eine flächendeckende, medizinisch kompetente Telefonhotline, örtliche Gesundheitszentren für die Primärversorgung und mindestens sieben Leitspitäler in den sieben steirischen Regionen sowie dem LKH-Universitätsklinikum Graz für die Spitzenmedizin vor.

Die steirische Spitalslandschaft ist nämlich 100 Jahre alt und stammt noch aus dem Postkutschenzeitalter. Außerdem hat die demografische Situation in den Randregionen dazu geführt, dass die Fallzahlen in den dortigen Spitälern so gering geworden sind, dass vor allem die Jungärzte Angst davor haben müssen, ihre Karrieren aufs Spiel zu setzen, wenn sie zu lange dort arbeiten. Die Gerätemedizin wird durch den medizinischen Fortschritt, der auch weiterhin zu einer unvermindert schnell wachsenden Lebenserwartung führen wird, so teuer, dass nur optimale Auslastungen die hohen Investitionen rechtfertigen können. Darüber hinaus führt das neue EU-konforme Ärztearbeitszeitgesetz dazu, dass schlecht ausgelastete Spitalsabteilungen auf Dauer nicht mehr mit Ärzten besetzt werden können. Und auch der niedergelassene Bereich ist vom Wandel betroffen. In den nächsten beiden Jahrzehnten gehen nämlich zwei Drittel der Allgemeinmediziner in Pension. Das Berufsbild des ständig erreichbaren Landarztes ist zudem mit den Zielen einer nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance strebenden – überwiegend weiblicher werdenden – Ärzteschaft ebenfalls nicht mehr vereinbar.
Die Spitalsbetreiber, die Krankenkassen, das Pflegepersonal und die Ärzteschaft sind sich weitgehend darin einig, dass die Weiterführung unseres derzeitigen Gesundheitssystems dazu führen wird, dass die Qualität sinkt und die Kosten explodieren. Mit diesem Konsens haben die steirischen Regierungsparteien ÖVP und SPÖ einen wichtigen politischen Meilenstein zu einer erfolgreichen Gesundheitsreform bewältigt.

Christopher Drexler musste das Gesundheitsressort vor zwei Jahren in einer Art Feuerwehraktion übernehmen. Seine ebenso ambitionierte Vorgängerin Kristina Edlinger-Ploder ist mit ihren Plänen gescheitert, weil es ihr nicht gelingen wollte, die 17.000 Mitarbeiter der Landesspitäler für ihre im Vergleich zur jetzigen Reform bescheidenen Pläne zu gewinnen. Edlinger-Ploder wurde Opfer der Kommunikationsverweigerung einiger potenzieller Reformgeschädigter. Die ÖVP – ihr wird der Großteil der Spitalsbediensteten politisch zugeordnet – sah sich daher dazu gezwungen, Edlinger-Ploder zu ersetzen und die Gesundheitsreform mit dem im ÖAAB, der ÖVP-Arbeitnehmerschaft, beheimateten Christopher Drexler neu aufzusetzen. Ihr Beharren auf die Reform wurde Edlinger-Ploder als politische Sturheit ausgelegt. Das war zwar ungerecht, aber wer das Gesundheitssystem reformieren will, muss nicht nur einen gordischen Knoten durchschlagen, sondern danach in der Lage sein, die losen Fäden wieder zusammenzuknüpfen. Denn eine Reform hat nur dann Chancen, wenn sie von allen Beteiligten – von der Ärztekammer bis zu den Bürgermeistern der Spitalsstandorte – mitgetragen wird.
Im nun vorgestellten »Steirischen Gesundheitsplan 2035« geben tatsächlich die meisten Beteiligten verbindliche Zusagen. Verantwortlich für die Reform ist nicht der Gesundheitslandesrat, sondern die gemeinsame Plattform von Land, Spitälern, Krankenkassen und Sozialpartnern, der steirische Gesundheitsfonds. Die Betroffenen haben so laufend die Möglichkeit, ihre Standpunkte zu konkretisieren. Die Strategie Drexlers beruht darauf, alle »Stakeholder« immer tiefer in die Reform zu integrieren, um ihnen die Möglichkeit zu nehmen, vom gemeinsamen Weg auszuscheren. Die Gebietskrankenkasse, die WKO und die AK bilden klar berechenbare Faktoren – nicht jedoch die Ärzteschaft. Im nächsten Jahr finden nämlich Ärztekammerwahlen statt. Dort wechseln die Mehrheiten regelmäßig. Und mit der Gesundheitsreform steht das wichtigste Thema in der wahrscheinlich wieder mit großer Leidenschaft geführten Wahlauseinandersetzung schon heute fest.

Nach der Ärztekammerwahl wird es für die Gesundheitsreform erst wieder ernst, wenn bekannt gegeben wird, wo die Leitkrankenhäuser angesiedelt werden und was dann mit den vielen überflüssig gewordenen Spitälern geschehen wird. Nicht eingebunden in die Reform sind nämlich jene Bürgermeister, die ihr Spital verlieren werden. Gesundheitslandesrat Christopher Drexler gilt als Meisterstratege. Daher werden die Standortentscheidungen wohl so spät wie irgendwie möglich kommuniziert werden.

Schützenhöfer-Idee einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe wird umgesetzt
Der Schenkelklopfer »Wenn du nicht mehr weiterweißt, dann gründe einen Arbeitskreis«, beschreibt den Stand der Bundesstaatsreform trefflich. Denn seit Jahrzehnten wird darüber diskutiert, wie die Kompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern neu geregelt werden sollen. Und weil sich die Verantwortlichen an die Ergebnisse entsprechender Expertendiskussionen nicht gebunden fühlten, konnte der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer die Landeshauptleute und die Regierungsspitze nun davon überzeugen, endlich selbst Nägel mit Köpfen zu machen und in einer Arbeitsgruppe ein verbindliches Reformpaket zu erarbeiten.

Bis spätestens Jahresende soll die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Föderalismusfragen mit jeweils vier Vertretern erstmals tagen. Schützenhöfer sieht darin den »Einstieg zum Umstieg« für ein besseres Bund-Länder-Verhältnis. Im Mittelpunkt soll die Vereinfachung von rechtlichen Vorschriften für die Wirtschaft stehen.

In die Verhandlungen gehen auf Seite der Länder die Landeshauptleute Pühringer, Platter, Niessl und Häupl. Auf Seite des Bundes stehen Bundeskanzler Kern und Vizekanzler Mitterlehner als Repräsentanten fest. Erste Ergebnisse sollen noch im ersten Quartal des kommenden Jahres präsentiert werden.

Bundespräsidentschafts-Qual: Noch bis 4. Dezember
Der Bundespräsidentschaftswahlkampf bleibt mühsam. Mit den Anhängern von Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer stehen sich zwei Lager gegenüber, die sich mittlerweile tief verabscheuen. Auf beiden Seiten versuchen selbsternannte »Faktenchecker« die Argumente der Gegenseite auseinanderzunehmen. Die FPÖ-Sympathisanten scheinen dabei in einer eigenen Welt zu leben, in der jede Äußerung gegen Hofer als böse Mainstream-Meinungsmache abgetan wird. Entsprechend geifernd gestaltet sich der Social-Media-Bereich, in den sich die Kampagnisierung verlagert hat.

Aber auch die Van-der-Bellen-Anhänger verlassen die eigene Facebook-Blase nur mehr selten. Dort können sie sich gegenseitig darin bestärken, wenn sie sich über alle vermeintlichen Populisten von Orban und Trump über Kurz und Lopatka bis zu Strache und natürlich Norbert Hofer moralisch entrüsten.

Dass Hofer ausgerechnet jetzt gegen die Moslems Stimmung macht, indem er ihnen vorwirft, sich zu schade für Pflegeberufe zu sein, wird ihm auch keine zusätzlichen Wähler bringen. Und wenn Van der Bellen von einem »Alpen-Mordor« spricht, zu dem Österreich verkommen könnte, falls Hofer Präsident wird, kann ihm auch nur jemand dazu geraten haben, der keine Ahnung davon hat, wie »Jetzt erst recht«-Stimmungen das Momentum von Wahlkampagnen verschieben können.

Strategisch würde es für beide Kandidaten nun darum gehen, jene Leihwähler, die sie sich bei der letzten Stichwahl von der SPÖ, der ÖVP und dem Griss-Lager geborgt haben, zu motivieren, noch einmal zur Wahl zu gehen. Van der Bellen konnte beim letzten Mal wesentlich mehr Wähler gewinnen, die noch nie zuvor Blau oder Grün gewählt haben. Insofern hat er bei einer steigenden Wahlmüdigkeit mehr zu verlieren als Hofer. Daher sollte er alles dafür tun, damit seine Anhänger in den wahlentscheidenden letzten beiden Wochen nicht über das Ziel hinausschießen.

Graz-Wahl am 5. Februar
Nachdem die KPÖ die Budgeteinigung mit der Grazer ÖVP platzen ließ, wurde die vorzeitige Neuwahl des Gemeinderats notwendig. Die Kommunisten begründen ihr Handeln nach wie vor mit der Weigerung von ÖVP, SPÖ und FPÖ, eine Volksbefragung über das geplante Murkraftwerk durchzuführen. Dabei ist längst klar, dass diese Abstimmung gar nicht rechtsgültig hätte durchgeführt werden können, weil die erforderlichen Unterschriften viel zu spät, nämlich erst nach den entsprechenden Beschlüssen und nach der UVP, vorgelegt wurden.

Bürgermeister Siegfried Nagl geht wieder als ÖVP-Spitzenkandidat ins Rennen. Von seiner Partei ließ er sich das Recht absegnen, die Kandidatenreihung persönlich vorzunehmen. Nagl sagte gegenüber Fazit, er hoffe auf klare Mehrheiten, denn Graz müsse wieder regierbar werden. Er will auch einige Quereinsteiger in den Gemeinderat bringen. Mit der ehemaligen Snowboard-Weltmeisterin Marion Krainer konnte er bereits den ersten prominenten Neuzugang vermelden. Die KPÖ geht wieder mit Elke Kahr in die Wahl, die SPÖ mit Michael Ehmann. Bei der FPÖ versucht es Mario Eustacchio ein weiteres Mal und die Grünen setzen auf Tina Wirnsberger. Ob und mit wem die NEOS kandidieren, wollen sie Ende November beschließen.

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Politicks, Fazit 128 (Dezember 2016)

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