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Politicks Jänner 2017

| 22. Dezember 2016 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 129, Politicks

SPÖ-ÖVP-Koalition – Durchdienen scheint angesagt
Eigentlich war der »Pensionistenhunderter« ein deutliches Zeichen dafür, dass demnächst eine Nationalratswahl ins Haus steht. Doch die Wiederholung des zweiten Durchgangs der Bundespräsidentenwahl, bei der Alexander Van der Bellen überraschend deutlich gewonnen hat, hat wieder einmal gezeigt, was die Österreicher von Politikern halten, die sie ohne Not zur Urne rufen; nicht genug jedenfalls, um sie eine Wahl gewinnen zu lassen.
Und auch die aktuellen Meinungsumfragen, die für die FPÖ einen Riesenvorsprung ausweisen, dämpfen bei Rot und Schwarz die Lust auf eine Wahlvorverlegung. Je nach Institut liegt die FPÖ bei der Sonntagsfrage nämlich aktuell bei 33 bis 35 Prozent, die SPÖ zwischen 25 und 27 und die ÖVP gar nur bei 18 bis 22 Prozent. Und selbst wenn die Zustimmung für Bundeskanzler Christian Kern bei der Kanzlerfrage derzeit beinahe doppelt so hoch ist wie jene für Heinz-Christian Strache und Reinhold Mitterlehner, kann sich die SPÖ alles andere als sicher sein, wieder als Erster aus der Wahl hervorzugehen. Schließlich hat die ÖVP mit Sebastian Kurz eine Art Supertrumpf in der Hand, dessen Popularitätswerte weiterhin ungezügelt nach oben schießen.
Doch wer so schnell so hoch steigt wie Kurz, kann auch schnell sehr tief fallen. Da reicht womöglich schon ein verpatzter TV-Talk-Show-Auftritt oder ein Türkei-Bashing zu viel, um die Stimmungslage völlig zu ändern. Reinhold Mitterlehner würde gerne als Spitzenkandidat in die Wahl gehen. Ihm bleibt fast nichts anderes übrig, als auf Zeit zu spielen. Denn aus heutiger Sicht wird es für ihn nicht einfach, seine eigene Partei von sich als besseren Kanzlerkandidaten zu überzeugen.
Daher wird die Regierung weitermachen und einige jener Inhalte aufgreifen, die in der Coverstory dieser Fazit-Ausgabe behandelt werden, um sich eine Reform-
agenda für die verbleibenden eineinhalb Jahre zu geben.

Die ÖVP erkennt in der FPÖ ihren Hauptgegner
ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner will seine Partei in Zukunft stärker von den Freiheitlichen abgrenzen und so an Profil und an Wählern gewinnen. Ob er endlich erkannt hat, dass es im Mitte-Links-Bereich des Politspektrums für die VP nicht viel zu holen gibt?
Wenn ja, müsste Mitterlehner die Partei inhaltlich so ausrichten, dass sie auch für jene wieder wählbar wird, die sich von der ÖVP zu den Nichtwählern oder gar zur FPÖ verabschiedet haben, weil das wertkonservative Profil der Partei verlorengegangen ist.
Die vielen Van-der-Bellen-Unterstützer unter den ÖVP-Funktionären könnten unter Mitterlehners Plänen jedoch auch das Gegenteil verstehen, nämlich eine Ausgrenzung der FPÖ anstelle einer pointierten Auseinandersetzung und inhaltlichen Abgrenzung.
Falls der ÖVP die politische Zuspitzung auf die Frage »Wir oder die FPÖ« tatsächlich gelingt, könnte sie verhindern, dass die nächsten eineinhalb Jahre nicht nur als Zweikampf zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen wahrgenommen werden, zwischen denen – wie schon bei der Wiener Landtagswahl – alle anderen Parteien aufgerieben werden.
Der steirische ÖVP-Landesrat Christopher Drexler kann in diesem Zusammenhang nichts mit der »peinlichen schwarzblauen Wichtigtuerei aus der zweiten und dritten Reihe« anfangen. Damit meint er wohl seinen steirischen Landsmann VP-Klubchef Reinhold Lopatka, der sich zuletzt – offenbar wie schon nach der steirischen Landtagswahl 2015 wieder ungefragt – als Verbindungsmann zwischen ÖVP und FPÖ ins Spiel brachte.
Dass die SPÖ derzeit laut über die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit der FPÖ nachdenkt, kommt dieser neuen ÖVP-Strategie natürlich entgegen. Schließlich werden jene Wähler, die unbedingt eine Regierungsbeteiligung der FPÖ verhindern wollen, ihren Stimmzettel nicht mehr so einfach bei der SPÖ ankreuzen können.

Die SPÖ versucht, die Debatte über Rotblau kleinzuhalten
Eine Diskussion über eine rotblaue Zusammenarbeit auf Bundesebene sollte aus Sicht der SPÖ eigentlich so unnötig wie ein Kropf sein. Dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl ist das klar. Er hält daher eine rot-blaue Koalition auf Bundesebene für völlig ausgeschlossen. Doch in den Ländern sehen das viele Spitzenfunktionäre offenbar völlig anders. Denn Michael Häupl ist als heimlicher SPÖ-Chef nicht mehr unumstritten. Daher sind die sozialdemokratischen Annäherungsversuche an die Freiheitlichen, die von Bundeskanzler Christian Kern mit einer Ö1-Radio-Diskussion gemeinsam mit Heinz-Christian Strache begonnen wurden, weiterhin aktuell. Den größten Widerspruch erntet Häupl ausgerechnet in der Steiermark und im Burgenland. Der in der mittlerweile ziemlich blau gewordenen Oststeiermark politisch sozialisierte Landeshauptmannstellvertreter Michael Schickhofer konterkariert die FPÖ-Ausgrenzungs-Doktrin, indem er gemeinsame Gespräche mit den Freiheitlichen vorschlägt, die selbstverständlich ergebnisoffen geführt werden sollten. Kategorisch solle man da gar nichts ausschließen, so Schickhofer. Eigentlich sagt er damit etwas in einer Demokratie völlig Selbstverständliches. Für die immer stärker gewordenen Linken in der SPÖ ist das trotzdem ein Tabu-Bruch, den sie keinesfalls hinnehmen können.
Auch für Landeshauptmann Hans Niessl, der das Burgenland gemeinsam mit der FPÖ regiert, wäre eine SP-FP-Zusammenarbeit eher eine Rückkehr zum Normalzustand in einer Demokratie. Niessl gilt als massiver Verfechter einer Vermögenssteuer und will sich weder in dieser noch in anderen strittigen Fragen einem einzig möglichen Koalitionspartner ausliefern. Das sei taktisch völlig unklug, widerspricht Niessl dem Wiener Bürgermeister.
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser will sich mit seiner Haltung zur FPÖ vor allem nicht in den SPÖ-internen Diskussionen verfangen. Doch auch er will der FPÖ eine Chance einräumen. Die Freiheitlichen müssten jedoch zeigen, dass sie aus dem Kärntner Debakel gelernt haben und dass sie jene Positionen akzeptierten, die für die SPÖ unveräußerlich sind.

Strache auf Facebook gegen VP-Außenminister Kurz
Vor wenigen Tagen sorgte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit einer ironischen Kritik an VP-Außenminister Sebastian Kurz auf Facebook für Aufsehen. Er, Strache, wolle dem politischen Notreisenden Sebastian Kurz Asyl in der FPÖ anbieten, denn in der ÖVP habe dieser seinen Obmann Mitterlehner und die Mehrheit der Landesfürsten und Parteifunktionäre gegen sich. Kurz habe mit seinem Auftreten gegen die Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei eine jahrelange FPÖ-Veto-Position vertreten. Ein endgültiger Abbruch der EU-Verhandlungen mit der Türkei wäre daher konsequent. Strache fordert seine Facebook-Community auf, Kurz auf die Finger zu schauen, ob dieser es mit seinem Türkei-Veto wohl ehrlich meint. Im Weiteren kritisiert Strache den Außenminister wegen dessen Weigerung, bei der Präsidentschaftswahl eine Wahlempfehlung für Norbert Hofer auszusprechen.
Kurz hat mit seinem Veto gegen weitere Türkei-Verhandlungen in Österreich gepunktet. Politisch hat er damit jedoch nicht viel erreicht, außer vielleicht dass sich Österreich in Brüssel isoliert hat. Da die Türkei-Verhandlungen derzeit sowieso ruhen, können sie nämlich gar nicht eingefroren werden.

Steirisches Landesbudget –  305 Millionen Minus
Der steirische Landeshaushalt für 2017 wurde Mitte Dezember mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vom Landtag beschlossen und weist eine Neuverschuldung von 305 Millionen Euro auf. Die gesamten Landesschulden steigen somit auf 4,9 Milliarden Euro. Von einem Nulldefizit kann längst keine Rede mehr sein. Allein die Steuerreform des Vorjahres schlägt sich mit niedrigeren Einnahmen von 110 Millionen Euro zu Buche. Dennoch freute sich Finanzreferent Michael Schickhofer über den gelungenen Haushalt, weil er ein Investitionsprogramm von über 700 Millionen Euro, mit dem die Konjunktur angekurbelt werden soll, beinhaltet. Schon bei der Budgetpräsentation sprach Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer von äußerst schwierigen Rahmenbedingungen. Mit dem Budget sollen Arbeit und Beschäftigung angekurbelt werden. Die umfassenden Reformen von ÖVP und SPÖ würden das Land auch finanziell auf ein neues Fundament stellen. Wegen ihrer langfristigen Wirkung würden sie sich jedoch nicht unmittelbar im Budget niederschlagen. Die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und KPÖ kritisierten die Budgetvorlage der SPÖ-ÖVP-Regierung als orientierungslose Fortsetzung einer intransparenten Politik, welche die Schönwetterreden der vergangenen Jahre entlarve. Tatsächlich zeigt das Budget auch die Grenzen des Föderalismus auf. Für viele weitere Reformen, die den Landeshaushalt positiv beeinflussen könnten, ist nämlich der Bund zuständig.

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Politicks, Fazit 129 (Jänner 2017)

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