Das wichtigste Staberl der Welt
Martin G. Wanko | 4. Oktober 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Da Wanko, Fazit 136
Der großartigste Moment ist so großartig, dass man nicht ruhig darüber schreiben kann. Wahrscheinlich hat dieser Moment mehr Menschen zusammengebracht, als alles andere auf der Welt. Es ist so und so das Größte auf der Welt: Raaauuuuccchhheennn!
::: Text von Martin G. Wanko [Hier im Printlayout lesen.]
Ich habe mir letztens wieder einmal »La dolce vita« vom großen Federico Fellini angeschaut. Vom Mastroianni bis zur Ekberg rauchen da alle. Von den französischen Nachkriegsklassikern ganz zu schweigen und am coolsten war hier der Belmondo in »Außer Atem«, der sich eine anraucht, dabei den Bogart am Filmplakat anschaut, ausnahmsweise nichtrauchend, aber am liebsten würde man ihm eine anstecken. Nicht vergessen sollte man natürlich den Piccoli in »Die Dinge des Lebens« mit Romy Schneider, wo er während der berühmten Autofahrt sein Leben rückpassieren lässt. Piccoli verschlingt nahezu die Tschick. Das ist alles ganz großartig und wie schon gesagt, das Großartigste auf der Welt, bis zu dem Moment, ab dem man nicht mehr raucht.
Das mit dem Rauchen aufhören ist eigentlich ganz einfach. Man sagt es jedem, den man kennt, und zur Sicherheit auch jedem, den man nicht kennt. Demzufolge sage ich es auch Ihnen, werte Leser: Ich rauche nicht mehr. Dieses Bekenntnis hat den großen Vorteil, dass man nicht mehr zurückkann. Würde nämlich bedeuten, dass man sich nicht im Griff hat. Natürlich ist man im Kopf leicht flockig unterwegs, hat Konzentrationsstörungen, will ein bisserl mehr essen und natürlich foppt einen das liebe Hirn aber schon gewaltig: Am Anfang testet es dich locker ab, um zu schauen, wie ernst es dir mit dem Aufhören ist, macht dann einen auf Trommelfeuer und Wirbelsturm, doch nach einigen Tagen gibt es sich geschlagen und du denkst, das hat nun sein Ende, du hast gewonnen, coole Sache und aus dem Nichts fährt der volle Hammer ein. Dann wummert wieder alles im Kopf und du denkst, das hört nie auf. Tut es aber! Man muss nur warten können, diese Minuten vergehen so zäh wie Stunden, aber sie vergehen. Das ist jetzt alles nicht wirklich gescheit, aber es reicht, dass man zum Rauchen aufhört, also ganz. Weder Zigarillos, Nikotinkautschi oder Dampfgeräte sind im Einsatz. Ich habe so einen Abstinenzler-Laden einmal betreten. Da standen die Jungs an der Bar und haben sich voll den Dampf gegeben. Erinnerte mich sehr an Opiumhöhlen des frühen 20. Jahrhunderts in den Romanen der Marguerite Duras. In Wahrheit die volle Süchtlerbude. Eigentlich unglaublich, dass man mit dem Beenden einer Sucht nochmals Geld machen will, aber bitte, soll so sein.
Zugegeben, starke Männer brauchen eine starke Hilfe, in diesem Falle meine Frau! Zur Sicherheit haben wir gleichzeitig zum Rauchen aufgehört. Es ist nämlich sehr lustig, sich die ersten Tage an einander abzureagieren, da weiß man, was man hat! Kleine Unstimmigkeiten münden in lustvolle Wortgefechten, die dann in Lachanfälle übergehen – man ist ja nicht blöd, man weiß ja, woher die plötzliche Erregung kommt. Dann kann man sich auch an einander anlehnen und fällt nicht um. Noch dazu liegen dann zu Hause auch keine Tschick mehr herum. Mitunter ein wesentlicher Faktor, weil den Gang zur Trafik oder zum Lokal um die Ecke kann man sich so und so sparen: Dort hat man überall die Frohbotschaft verkündet, dass man nicht mehr raucht. Dazu muss ich eines sagen: Ich bin deshalb kein Nichtraucher-Nazi. Nichts ist lächerlicher als Ex-Raucher, die plötzlich den militanten Nichtraucher heraushängen lassen. Das Rauchen einzudämmen ist ja nicht blöd, das Rauchverbot in Lokalen ergibt Sinn, kommt man wenigstens nicht mehr verstunken nach Hause, aber bitte alles mit einem Lächeln, Ihr G Punkt.
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Martin G. Wanko (47) ist Schriftsteller und Journalist. m-wanko.at
Da Wanko, Fazit 136 (Oktober 2017), Fotos: Selfies
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