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Weg mit alten Zöpfen

| 22. Dezember 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 139, Serie »Erfolg braucht Führung«

Wie man dem Unternehmen eine neue Frisur verpasst. Schon die derzeitigen Regierungsverhandlungen zeigen uns wieder, wie viele Widerstände neuen Ideen oder Maßnahmen entgegengebracht werden. Insbesondere, wenn an lang bestehenden, aber nicht mehr nutzbringenden Strukturen gerüttelt wird. Die Tendenz, die langen Zöpfe zu behalten, steht vor dem modernen Kurzhaarschnitt. Manchmal fasziniert mich die vehemente Forderung, im gewohnten Rahmen zu funktionieren versus neue Möglichkeiten auszuprobieren.

::: Text von Carola Payer
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Schon die derzeitigen Regierungsverhandlungen zeigen uns wieder, wie viele Widerstände neuen Ideen oder Maßnahmen entgegengebracht werden. Insbesondere, wenn an lang bestehenden, aber nicht mehr nutzbringenden Strukturen gerüttelt wird. Die Tendenz, die langen Zöpfe zu behalten, steht vor dem modernen Kurzhaarschnitt. Manchmal fasziniert mich die vehemente Forderung, im gewohnten Rahmen zu funktionieren versus neue Möglichkeiten auszuprobieren.

Immer mehr Unternehmen erkennen, dass die neue Vuca-Welt (Vuca ist ein Akronym für die englischen Begriffe Volatility, Uncertainty, Complexity und ambiguity; zu deutsch Volatilität bzw. Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit) auch von ihnen ein neues Styling erfordert. Um zukünftigen Anforderungen begegnen zu können, reichen keine kleine Schönheitsoperation oder ein schnelles Make-Up. Vielmehr geht es darum, die eigenen Organisations- und Führungsprinzipien fundamental infrage zu stellen. Um sich agil an neue Kundenanforderungen anzupassen und innovativ zu sein, braucht auch die »Organisations-Seele« einen Relaunch. Äußere Agilität erfordert innere Agilität.

Agile Strategie
Die Vision und der Sinn, diese zu verfolgen, sind wesentlich. Kernkompetenzen müssen Kundenbedürfnissen dienen oder neue Anwendungsfelder gefunden werden. Sinnstiftende Mitarbeiter machen sich auf den Weg – sie sind überzeugt, die Zöpfe fallen zu lassen, die neue Frisur wird in regelmäßigen Abständen reflektiert. Die Kommunikation mit Stakeholdern und Kunden ist wichtiger als die eigenen Hypothesen und Bewährtes der Vergangenheit. Das Bündeln von Sichtweisen ist Basis für neue Lösungen und Dienstleistungen. Was wirkt, ist gut, was nicht wirkt, wird bearbeitet. Wirkung ersetzt das alte »Richtig oder Falsch«- Paradigma. Die Zeit für Corporate Think Tanks löst sinnlose Montagsbesprechungen ohne Inhalt und Ziel ab. Strategie wird unterstützt von sharea-logen, crea-logen, assesa-logen und doa-logen. Wissen teilen, kreativer Austausch, Reflexion und Evaluation und Umsetzungsgespräche unterstützen den wirksamen Weg zum Kunden.

Agile Struktur
Auch Agilität braucht einen Rahmen, der dennoch wieder beweglich ist. Hierarchien werden abgelöst von teamorientierten Einheiten. Die Zugehörigkeit zu mehreren Teams und das Kooperieren mit verschiedenen Führungskräften sind Selbstverständnis. Führung wird nicht mehr nur als Position, sondern auch als Prinzip realisiert. Da hat so mancher das Gefühl, dass die Zöpfe durch eine Glatze abgelöst werden, auf der es auch möglich ist, parallel mehrere Perücken zu tragen.

Ein Zustand, der auch sehr fordernd oder überfordernd sein kann. Das irgendwann alles wieder FIX ist – dieser Gedanke wird aufgegeben. Die alten Zöpfe sind im Archiv oder auf der Mülldeponie.

Agile Kultur
Arbeiten am Mind-Set, an agilen Kooperationsprinzipien, Rahmen für Führung und Handeln sind nachhaltige und zähe Prozesse. Der Zopf kann hier nur sukzessive abgeschnitten werden. Muster zu begreifen und daran zu arbeiten ist herausfordernd; nicht den Glauben daran zu verlieren, wesentlich.

Prinzipien wie Commitment, Fokus, Offenheit und Mut müssen forciert werden. Vertrauen muss sich entwickeln können, Unkompliziertheit muss zur Tagesordnung gehören. Menschen müssen dabei unterstützt werden, im Selbstbewusstsein und Selbstausdruck zu wachsen. Partizipation und iterative Prozesse sind ständiger Teil der Kooperation. Hinter all diesen Anforderungen steht aber eine große Fähigkeit – das Loslassen! Da sind Führungskräfte als Vorbilder für Agilität gefragt. Unternehmen sind oft noch stark in einer Präsenzkultur verhaftet. Beschäftigte sollen vor Ort und möglichst kontrollier- und steuerbar sein. Mitarbeiter wollen ihren fixen Arbeitsplatz und ein hohes Maß an Ordnung. Das Loslassen von dieser Fixierung ist Aufgabe von Führungskräften.

Erfolg in der Welt mit VUCA-Umständen erfordert neue Führungsmodelle und -kompetenzen: flache Hierarchien, agile Strukturen, temporär stattfindende Führung, interdisziplinäres und interkulturelles Denken. Führungskräfte müssen die Basis für Dialoge im Unternehmen schaffen. Verständnis für die neuen Anforderungen, Teamkultur, unkomplizierte interne Kooperation und professionelle Kommunikationsqualitäten nach außen sind agile Kulturmerkmale.

Führungskräfte sind selbst betroffen, da für sie vieles neu und komplex ist. Die Aufgabe von Macht und »Mitarbeiter haben« ist erforderlich. Diese Veränderung muss erst verarbeitet werden. Die Ausrichtung aufs Ganze hat Vorrang vor der Optimierung des eigenen »Königsreichs«. Daher müssen sie vorbildhaft die neuen Möglichkeiten selbst nutzen und vor allem dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter mitkommen. Führung wird vom Verwalter von Personal zum Rahmenschaffer für Experimente.

Foto: Marija KanizajDr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

Fazit 139 (Jänner 2018), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 10)

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