Die Sache mit der Sucht
Martin G. Wanko | 28. März 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Da Wanko, Fazit 141
Also, wenn Sie diese Seite hier lesen, dann wird es laut größtmöglicher Wahrscheinlichkeit so sein, dass ich nach wie vor nicht rauche. Die Sache mit dem Nichtrauchen macht mich zwar noch immer ein bisserl nervös, aber im Großen und Ganzen funktioniert es. Es funktioniert sogar so gut, dass ich kreativ tätig sein kann, ohne ans Rauchen zu denken. Zwar klopft gelegentlich ein Geist bei mir an, der meint, dass ein Tschick doch gehen müsste, oder? Nur einer, ich meine, einer ist ja keiner. Doch ich packe dann meine virtuelle Faust aus und vertreibe jeglichen Anflug von Irrsinn. Es bleibt nie bei der einen Zigarette und Rückfälle nehmen einen immer mit.
::: Text von Martin G. Wanko [Hier im Printlayout lesen.]
Dazu bin ich jetzt auch noch heikel geworden. Ich vermeide Lokale, in denen geraucht wird. Die Cohi in der Leonhardstraße und die Kombüse lasse ich noch aus Sentimentalitätsgründen durchgehen, beides harte Nikotin-Buden, aber geht es um neue Lokale, bleibe ich hart, kein Rauch mehr. Wissen Sie, wie angenehm das ist, wenn man nach Hause kommt und nicht so stinkt, als wäre neben einem der halbe Regenwald abgebrannt? Und dazu kommt der Wein, der schmeckt anders, seit ich nicht mehr rauche, viel geschmacksintensiver. Als ob mir über Nacht Geschmacksknospen gewachsen sind.
In der Bahn ist das Nichtrauchen besonders angenehm, weil man an den klassischen Stationen, wo der Zug länger als drei Minuten hält, auch auf keine Lungentorpedos hetzen muss, jetzt aber auch nicht unausstehlich wird, weil man auf ungewolltem Entzug ist. Das Nichtrauchen hat etwas, zumal ja die coolen Raucher immer weniger werden. Anders gesagt, ich kenne keine Raucher über 30, die freiwillig rauchen.
Ich weiß überhaupt nicht, warum ich nicht schon vor langer Zeit aufgehört habe, das mit dem Aufhören funktioniert ja so einfach. Einfach nein sagen und jedem Menschen die Ohren vollquatschen, dass man nicht mehr raucht. Dann schließen sich die Türen hinter einem automatisch. Natürlich habe ich das schon angetestet: Letztens in München traf ich meine Kollegen aus Köln, wegen unseres Drehbuchs, das wir gerade schreiben. Die Arbeit stand unter einem guten Stern und wir waren früher fertig als erwartet. Ich ging dann am Abend durch die Stadt und gluckerte mir einen an, jetzt nicht schlimm, gerade so, dass es gemütlich war. Da hätte ich bis zum Abwinken rauchen können, habe es aber nicht getan. Jetzt können Sie mich natürlich fragen, ob ich stolz darauf bin, dann sage ich, ja das bin ich. Voll kindisch und blöd, aber gelegentlich ist Eigenlob verdammt wichtig. Ich bin verdammt stolz darauf, nicht mehr zu rauchen. Was soll ich jetzt als nächstes in Angriff nehmen?
Rein essenstechnisch habe ich mich so halbwegs unter Kontrolle, meine Wampe könnte zwar etwas kleiner sein, aber es geht noch so. Und die Sucht nach meinem Fußballverein will ich hier nicht ins Spiel bringen, da wird in die Wochenenden richtig investiert!
Facebook! Klingt blöd, aber einmal in der Woche einen Facebook-freien Tag zu machen, ist sicher sinnvoll. Mal schauen, wie sich das anfühlt. Wahrscheinlich sollte man überhaupt einen Tag in der Woche das Smartphone weglegen. Der Autor Marc Fischer meinte einmal, es kommt nicht von ungefähr, dass ein Iphone die Maße einer Zigarettenschachtel hat. Natürlich kann man jetzt sagen, dass dieser Vergleich doch ziemlich weit hergeholt ist und überhaupt! Von irgendetwas muss man ja abhängig sein, Sucht ist ja geil. Nein, eben nicht. Sucht ist total uncool, weil sie einem das Leben verkackt. Ich habe jetzt einen kleinen Test gemacht: Ich ertappte mich stündlich dabei, dem Impuls nachzugeben, irgendeinen Schwachsinn zu googeln, die Nachrichtendienste nach Neuigkeiten abzuklappern oder die Mails zu überprüfen. Warum eigentlich?
Noch vor gar nicht so langer Zeit lag am Morgen die Tageszeitungen vor der Türe, tagsüber trällerten die Nachrichten im Radio und am Abend folgte die Zib. Dann kam der Teletext, als erstes Medium, das sehr schnell reagieren konnte. Kann mich noch erinnern, wie man da bei Fußballspielen saß und schaute, ob das Ergebnis verharrte oder nicht. Dann kam das Internet und wir mussten plötzlich alle hinein, um nicht alt auszuschauen. Moorhuhn-Spiel und alles Drum und Dran, die erste Hotmail-Adresse und Wörter wie Update, Web und Speicherplatz waren Teil der neuen Wirklichkeit. Aber die PCs waren noch anständige Trümmer und man konnte sie nicht durch die Gegend schleppen. Das Smartphone schafft das alles und hat uns jetzt ziemlich unter Kontrolle. Es wird Zeit, abzuschalten. Machen Sie mit? Ihr werter G Punkt.
Martin G. Wanko (47) ist Schriftsteller und Journalist. m-wanko.at
Da Wanko, Fazit 141 (April 2018), Foto: Selfie
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