Der Witz vom vollen Sack
Peter K. Wagner | 26. April 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 142, Kunst und Kultur
Ein Politikberater macht politisches Kabarett: »Jetzt rede ich«, heißt das Programm von Rudi Fußi. Anständige Unterhaltung mit einem Haken.
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Es ist wahrhaftig nicht die freundlichste Art, Rezensionen mit Fragen zu beginnen. Noch dazu rhetorischen! Daher seien die ersten Zeichen für eine klare E-n-t-s-c-h-u-l-d-i-g-u-n-g verschwendet. Ehe nun das Unumstößliche folgt: Warum tut er das?
Er, das ist Rudolf »Rudi« Fußi, ehemaliger Abfangjägervolksbegehrer, selbst ernannte Prostituierte unter den Polit- und PR-Beratern Österreichs mit einem letzten Fünkchen Ehre (»Für die FPÖ arbeite ich nicht«), manchen als Nebendarsteller der Kern-Silberstein-Kurz-Facebook-Affäre und anderen vielleicht als Lieblingswidersacher von Ursula Stenzel bei diversen Gesprächsrunden im Privat- und Internetfernsehen. Dieser Fußi jedenfalls ist nun Kabarettist. Politischer noch dazu. Und daher noch einmal die unwiderrufliche Fragestellung: Warum tut er das?
Im Grazer Theatercafé unterhielt er im März volle zwei Stunden lang mit einem fiktiven Kurs für angehende Politiker und rechnete dabei gnadenlos mit jenen Menschen ab, von denen er eigentlich unter anderen lebt. Was ihn etwa nicht davon abhält, festzustellen, dass Christian Kern immer so rede, als wäre er »kurz vorm Schnackseln«, oder das L. von Kurz-Sprecher Peter L. Eppinger als Trottelinitial zu bezeichnen. Oder den Grünen vorzuwerfen, dass sie stets nur fordern, was keiner will. Auch eine Anekdote aus seiner Zeit als Wahlkampfagentur von Frank Stronach gibt er preis (im Übrigen samt beeindruckend authentischer Imitation des Magna-Gründers): »Einer seiner ersten drei Sätze zu mir war eine Frage: ›Rudi, weißt du, warum der Weihnachtsmann so einen vollen Sack hat?‹ – ›Er kommt nur einmal im Jahr‹« Die realen Erzählungen aus seinem beruflichen Alltag wären das Highlight des auch sonst anständig unterhaltsamen Abends, bergen allerdings einen Haken. Er erzähle nur drei reale Begebenheiten, hält er gegen Ende des Abends fest. Das ganze Programm sei ohnehin nur ein Bruchteil des Materials, das er zusammen mit dem renommierten Kabarettisten und Autor Gerald Fleischhacker erarbeitet hatte. »Den Rest haben wir streichen müssen. Unsere Anwälte haben uns davon abgeraten.« Schade eigentlich.
Ach ja, aber die Eingangsfrage. Warum er das mache, beantwortet Fußi selbst. Sinngemäß will er Einblick gewähren. In ein System, das schon lange nicht mehr tut, was für die Menschen gut ist, sondern dem stets eigene Interessen am nächsten sind. Ein alter Hut. Aber alte Hüte sitzen ja bekanntlich oft gut.
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Alles Kultur, Fazit 142 (Mai 2018) – Foto: Christian Sklanik
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