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Volker Schögler | 26. April 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 142, Fazitgespräch
Der steirische Finanzlandesrat Anton Lang von der SPÖ überVerkehrs- und Umweltpolitik, Bonität und Fixzinsen, den Koralmtunnelund Olympia 2026 in Graz und Schladming.
Das Gespräch führten Johannes Tandl und Volker Schögler.
Fotos von Marija Kanizaj.
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Der seit Juli 2017 als Finanzlandesrat amtierende Anton Lang, ist ein Obersteirer aus echtem Schrot und Korn, dem der laute Auftritt fern ist. Zum Glück ist er als gelernter Banker aber auch einExperte auf seinem Gebiet.
Erfahren ist der 58-jährige vormalige Leobner Gemeinderat, Sport- und Jugendreferent sowie Stadtrat auch in der Politik. Seit 2008 ist er bereits Landtagsabgeordneter und seit 2016 Landesrat für Verkehr, Umwelt, erneuerbare Energien, Sport und Tierschutz.
Im Fazitgespräch erläutert er, wie er mit dem Schuldenstand des Landes Steiermark von mehr als 5 Milliarden Euro umgeht und warum er daran glaubt, bereits 2020, ein Jahr früher als im Stabilitätspakt vorgesehen, das angestrebte Nulldefizit erreichen zu können.
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Herr Landesrat, was sagen Sie zu jemandem, der behauptet, der Schuldenstand von 5,2 Milliarden Euro ist viel zu hoch? Immerhin ist er seit dem Landtagswahljahr 2015 um eine Milliarde angewachsen.
Ich will nicht, dass die Schulden noch weiter steigen. Und das werden wir im Rahmen des Rechnungsabschlusses auch beweisen. Wir wollen den Budgetpfad unbedingt einhalten, der 2015 beschlossen wurde. Demnach müssen wir 2021 ein Nulldefizit erreichen.
Ist das schaffbar?
Ich bereite gerade das Doppelbudget für 2019 und 2020 vor. 2020 wird das Maastrichtdefizit noch rund 45 Millionen Euro betragen und 2021 werden wir das Nulldefizit erreichen.
Da kommt uns aber auch ein außerordentliches Wirtschaftswachstum zugute, aber dass sich im stärksten Wachstumsjahr der letzten Jahrzehnte 337 Millionen Euro neue Schulden anhäufen, ist schon kurios.
Wir haben ein hohes Wirtschaftswachstum, das schlägt sich aber nur bedingt auf das Land Steiermark durch. Verantwortlich dafür sind zwei Maßnahmen der Bundesregierung, nämlich der grundsätzlich begrüßungswerte Familienbonus, aber auch die Senkung der Umsatzsteuer im Hotelbereich. Beides belastet das Land jährlich mit etwa 30 Millionen Euro bei den Ertragsanteilen, die wir dadurch weniger bekommen. Zugute kommt uns aber, dass die Kosten für das Flüchtlingswesen geringer geworden sind.
Das S&P-Rating der Steiermark liegt bei AA– mit negativem Ausblick. Wie wollen Sie wenigstens die Perspektive verbessern?
Indem wir ein Doppelbudget beschließen, bei dem wir den Pfad, der sich aus dem Stabilitätspakt ergibt, einhalten. Wir werden zeigen, dass wir das Nulldefizit erreichen. Eine Ratingagentur schaut aber auch darauf, wie wir uns intern aufstellen.
Was ist darunter zu verstehen?
Für das Rating ist das Liquiditätsmanagement wichtig; nicht nur bei uns im Land, sondern auch bei unseren ausgelagerten Gesellschaften wie etwa der KAGES. Wir werden daher ein Cash-Pooling, wie es in großen Konzernen üblich ist, einführen. (Anmerkung: Beim Cash Pooling wird Liquidität innerhalb eines Konzerns hin und her transferiert: Bereiche mit schwacher Liquidität gleichen die Liquiditätsmängel durch Kredite, die sie bei Bereichen mit überschüssiger Liquidität nehmen, aus.) Wir haben unsere Ausleihungen durchforstet und setzen in dieser Niedrigzinsphase stark auf Fixzinssätze. Nach Expertenmeinung wird das Zinsniveau ab 2019 wieder steigen. Dann werden wir entsprechend profitieren. Für eine Ratingagentur sind das alles Maßnahmen, die dazu beitragen, dass das System stabiler wird.
Jeder Prozentpunkt, um den die Zinsen steigen, kostet die Steiermark etwa 50 Millionen Euro. Zu welchem Zinssatz finanziert sich das Land Steiermark zurzeit und würde eine Ratingsteigerung auf AA+ etwas bringen?
Wir finanzieren uns sehr günstig über die Bundesfinanzierungsagentur. Aufgrund der Bonität zahlen wir für die meisten Kredite unter einen Prozent an Zinsen. Daher würde ein AA+ gar nicht so viel bringen. Aber wir dürfen die Gefahr nicht übersehen, was passiert, wenn wir uns im Rating verschlechtern. Die Möglichkeit, sich über so günstige Zinssätze zu refinanzieren, fällt dann weg. Und bei unserem Schuldenstand macht schon ein halbes Prozent viel Geld aus.
Geht sich damit bis 2021 ein Budgetausgleich aus? Also nicht nur ein ausgeglichenes Maastrichtbudget, dafür wären etwa 219 Millionen Euro erforderlich, sondern in der Höhe der Gesamtneuverschuldung von zuletzt 337 Millionen?
Für uns entscheidend ist das Maastricht-relevante strukturelle Defizit. Es beginnen jetzt die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner. Ich bin in sehr gutem Austausch mit Landesrat Christopher Drexler. Wir müssen uns anschauen, ob wir dieses Ziel nicht schon 2020 erreichen könnten. Nach dem Rechnungsabschluss wird es um einen Konsolidierungsbedarf von rund 300 Millionen Euro gehen. Wir werden uns jedenfalls bemühen, das schneller zu schaffen, als der Budgetpfad vorgibt.
Ihr Verhandlungspartner Landesrat Drexler ist gleichzeitig der größte Kostentreiber. Bei den Personalkosten der KAGES wird es keine Einsparungen geben und der technische Fortschritt macht die Medizin auch jährlich teurer. Was erwarten Sie sich von der Gesundheitsreform?
Wir müssen zwischen Investitionen und Betriebskosten unterscheiden: Was kosten die Investitionen und was kostet der laufende Betrieb inklusive Personal? Da hat Christopher Drexler schon vieles gemacht. Wir setzen in der Steiermark ja auf Gesundheitszentren; in meiner unmittelbaren Heimat, der Obersteiermark, ist Mariazell fertig, Eisenerz ist in der Umsetzung, jetzt kommt Liezen dran. Aus meiner Sicht führt an dieser Reform kein Weg vorbei. Wir müssen die Schwerpunktkrankenhäuser umsetzen, aber gleichzeitig die regionale Versorgung ordentlich gewährleisten.
Zum Verkehr: Zurzeit entstehen landesweit verbindliche Konzepte zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs. Wie viel Geld steht dafür zur Verfügung?
In die Infrastruktur muss laufend investiert werden. So werden wir für Straßenbahnprojekte mit der Stadt Graz in den nächsten 15 Jahren rund 43 Millionen Euro in die Hand nehmen, was einem Drittel der Kosten entspricht. Wir nehmen auch für die Verkehrserschließung der Grazer Reininghausgründe einige Millionen in die Hand. Bereits beschlossen sind auch Investitionen in den öffentlichen Verkehr zwischen Graz und Weiz, wo wir einen Ersatz-S-Bahn-Korridor schaffen. Dafür haben wir 36 Millionen für die nächsten zehn Jahre beschlossen. Wir dürfen die Steiermark nicht zu Tode sparen, sondern müssen auch in die Zukunft investieren.
Wenn der öffentliche Verkehr forciert werden soll, warum übernimmt das Land nicht die grüne Idee vom Jahresticket um 365 Euro? Das würde zwar 13 Millionen bei bestehenden Nutzern kosten, aber 36,5 Millionen Euro bringen, wenn nur 100.000 Steirer dieses Ticket kaufen würden.
Das klingt fast so, als ob der ÖV ein Geschäft wäre. Der ÖV wird schon jetzt zu rund 80 Prozent von der öffentlichen Hand finanziert! Die Einnahmenseite spielt damit in der Gesamtbetrachtung nur eine untergeordnete Rolle. Wenn wir auch diesen Teil reduzieren, bleibt im Budget für den erforderlichen Ausbau des ÖV kein Spielraum. Die Menschen wollen schnell, sicher und günstig von A nach B kommen. Wir müssen daher alles unternehmen, damit die Menschen durch ein entsprechendes Angebot auf die Öffis umsteigen. Aber dazu brauchen wir die Infrastruktur, eine Vertaktung und auch Komfort, um vor allem Neukunden zu gewinnen. Eine Tarifvergünstigung kostet viel Geld und führt in erster Linie zu Verlagerungen im System. Das heißt, dass in erster Linie Stammkunden auf das neue System umsteigen und billiger fahren. Neukunden gewinnen wir damit nur wenige. Glauben Sie mir: Wenn ich über Tarifvergünstigung 36,5 Millionen mehr einnehmen würde, bräuchten wir über die Finanzierung des ÖV gar nicht diskutieren.
Wie weit sind die sogenannten Mikro-ÖV-Netze?
Wir haben zwischen 80 und 90 Gemeinden, die für entsprechende Projekte um Förderung angesucht haben. Darunter sind große Einheiten wie das »GUSTmobil« (Anmerkung: Sammeltaxisystem für Graz-Umgebung) für 38 Gemeinden rund um Graz, aber auch kleine, wie etwa am Semmering, die alle sehr gut angenommen werden. Es fahren meist örtliche Taxiunternehmen zu einem gestützten und daher günstigen Fahrpreis und schließen so die Lücke hin zum öffentlichen Verkehr. Dass nie alle auf die Öffis umsteigen werden, ist klar. Aber es sollte uns gelingen, das öffentliche Netz so herzurichten, dass die Mehrzahl sagt: Das ist super, da bin ich dabei.
Dazu passt das Thema Feinstaub vor allem im Großraum Graz und unsere Frage: Was bringt der »IG-L-Hunderter« tatsächlich? Der Großteil des verkehrsbedingten Feinstaubs soll ja vom Reifen- und Bremsenabrieb kommen. Und der ist bei Tempo 130 nicht höher als bei Tempo 100?
Ich kann nur weitergeben, was mir die Experten sagen: Nämlich dass etwa die Geschwindigkeitsbeschränkung von Tempo 100 vor allem im stark befahrenen Autobahnbereich Graz-Ost bis Graz-West sehr viel bringt. Sowohl was die Abgasemissionen betrifft, als auch was den Lärmschutz für die Anrainer anlangt. Außerdem reagiert das System im Umland von Graz nicht nur auf Feinstaub, sondern auch auf die Stickoxidbelastung. Verkehrsminister Norbert Hofer will sich diese IG-L-Lösungen alle anschauen. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt.
Sie haben sich persönlich gegen Diesel- und Pkw-Fahrverbote in Graz ausgesprochen. Von welchen Umweltmaßnahmen versprechen Sie sich am meisten zur Luftsanierung?
Wenn die Stadt Graz Fahrverbote erlassen will, werde ich nicht im Wege stehen. Aber die Experten sagen mir, dass Fahrverbote an belasteten Tagen kaum Wirkungen haben. Ich bin daher überzeugt, dass langfristig nur die Maßnahmen greifen, die teils schon meine Vorgänger begonnen haben und die ich jetzt intensiviere. Da ist zum Beispiel der Ausbau der Fernwärme, um den privaten Hausbrand wegzubringen. Oder die Förderung von bis zu 5.000 Euro für die Umstellung von alten Ölkesseln auf eine energiesparende neue Technologie. Im Zuge der Aktion »Meine Luft, reine Luft« konnte man in den »Feinstaubmonaten« zum Preis von zwei Monatskarten einen dritten Monat im Verkehrsverbund gratis fahren und freitags galt die Stundenkarte als Tageskarte. Und jetzt gibt es das ganzjährige Freizeit-Ticket um elf Euro.
Welche Maßnahmen sind im Straßenbau geplant?
In den letzten zwei Jahren haben wir in der Steiermark jeweils zwischen 60 und 70 Millionen Euro in Straßen- und Brückensanierungen investiert und damit an die einhundert Vorhaben umgesetzt. Heuer hat der strenge Winter vor allem in der Obersteiermark mit Temperaturen zwischen minus 15 und minus 20 Grad wieder enorme Straßenschäden verursacht, die jetzt saniert werden müssen.
Und welche Neubauprojekte gibt es?
Seit 30 Jahren spricht man bereits vom Ausbau der B 68 (Feldbacher Straße), der Verbindung zwischen Gleisdorf und Feldbach. Dafür konnte ich jetzt die Finanzierung sichern. Der Neubau des Abschnittes Fladnitz-Unterstorcha-Saaz befindet sich derzeit in der Umweltverträglichkeitsprüfung. Exakt erstreckt sich das 7,3 Kilometer lange Vorhaben von der bestehenden Raabbrücke nordwestlich von Fladnitz bis zur Einbindung in den bereits umgesetzten Teilabschnitt der Querspange Gnas bei Saaz. Als Nächstes gehen wir die B 70 (Packer Straße) im Abschnitt Mooskirchen-Krottendorf an, da wurde das UVP-Verfahren eingeleitet. Dieser Abschnitt ist der noch fehlende Lückenschluss für einen durchgehenden, leistungsfähigen Ausbau der B 70 von Köflach bis zur Autobahnanschlussstelle Mooskirchen. Außerdem startet heuer die Fertigstellung der Umfahrung Preding-Weiz. Die Ausschreibung des noch fehlenden Teils 2 wird demnächst fertig gestellt, die geschätzten Kosten betragen 70 Millionen Euro.
Wie geht es Ihnen mit dem Bund? Die Fertigstellung der Murtal-Schnellstraße wird offenbar um zehn Jahre verschoben, die Elektrifizierung der Ostbahn findet anscheinend nicht mehr statt, und der Koralmtunnel wird mindestens zwei Jahre später fertig. Sind Sie bei der falschen Partei?
Das darf ich jetzt so beantworten: Der Ausbau der S 36 im Murtal ist ein Asfinag-Projekt und wir wissen, dass es massive Umplanungen der Trasse wegen des Widerstands von Anrainern und Problemen mit Grundstücksablösen gegeben hat. Das gab es auch 40 Jahre lang beim Ausbau der S 7 ab Fürstenfeld. Doch die wird jetzt endlich gebaut. Was den Schienenausbau betrifft, muss ich schon Folgendes sagen: Mit dem vorigen Verkehrsminister Jörg Leichtfried haben wir ein Steiermarkpaket geschnürt, in dem der Anteil des Landes und der ÖBB, sprich des Bundes, genau festgelegt wurden. Ich bin im Mai bei Verkehrsminister Hofer, um mit ihm zu besprechen, wie er dazu steht und ob die Zeitpläne halten oder nicht. Jede Verzögerung beim Koralmtunnel wäre für die Steiermark schlecht, weil der Tunnel vor allem für die Weststeiermark ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor werden wird. Man weiß schon jetzt, dass sich dort Betriebe ansiedeln wollen und Grundstückskäufe tätigen. Der Semmering-Basistunnel ist angeblich zeitlich auf Schiene. Damit wird es aber zu einer ganz neuen Verkehrsführung in der Steiermark kommen, weil die internationalen Fernverkehrszüge nach Westen und Süden dann über Klagenfurt bzw. Wien verlaufen werden und nicht mehr über die Obersteiermark. Wir müssen daher die Regionalzüge im Mur- und im Ennstal verdichten, um die Kapazitäten zu halten.
Eine Frage noch zum Sport – wäre Olympia 2026 in Graz und Schladming nicht eine Riesenchance für die Steiermark, die einige Hundert Millionen wert sein müsste?
Als Sportlandesrat und ehemaliger Funktionär sage ich, dass Olympia etwas Besonderes ist, noch dazu Winterspiele. Aber als Finanzlandesrat muss ich klar sagen, dass ich aufgrund der budgetären Situation des Landes Steiermark keine Möglichkeit sehe, hier im großen Stil mitzufinanzieren. Wir wissen, dass uns als Land Steiermark die WM in Schladming etwa 180 Millionen Euro gekostet hat, der Bund hat den Rest bezahlt. Insgesamt lagen die Kosten bei 430 Millionen. Ich muss bei Olympia 2026 von ähnlichen Größenordnungen ausgehen, ohne bislang allerdings Näheres zu wissen.
Und noch eine zur Parteipolitik – wann haben wir die nächste steirische Landtagswahl und wer wird SPÖ-Spitzenkandidat?
Ich gehe davon aus, dass sie planmäßig im Frühjahr 2020 stattfindet. Es gibt keine Notwendigkeit im Lande Steiermark, früher zur Wahl zu gehen. Und unser Spitzenkandidat ist Michael Schickhofer.
Herr Lang, vielen Dank für das Gespräch.
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Anton Lang wurde am 12. November 1959 in Leoben geboren, wo er auch zur Schule ging und 1979 maturierte. Nach dem Bundesheer war er ab 1982 beruflich als Innenrevisor der Sparkasse in Leoben tätig. Er ist politisch stark in der SPÖ-Ortsorganisation verwurzelt und war Gemeinderat für Jugend und Sportangelegenheiten in Leoben. 2008 rückte er als Abgeordneter in den Landtag nach. Ab April 2014 war er zusätzlich Leobener Stadtrat für Finanzen. Im Mai 2016 folgte Lang Jörg Leichtfried nach, der in die Bundesregierung Kern wechselte und wurde als Landesrat für Verkehr, Umwelt, erneuerbare Energien und Sport designiert. Ab Juli 2017 zusätzlich Landesrat für Finanzen. Anton Lang hält sich durch regelmäßiges Laufen fit und nimmt an Halbmarathons teil.
Fazitgespräch, Fazit 142 (Mai 2018), Fotos: Marija Kanizaj
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