Tandl macht Schluss (Fazit 142)
Johannes Tandl | 26. April 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 142, Schlusspunkt
Über was soll ich denn schreiben? Der Kommentar »Tandl macht Schluss« entsteht tatsächlich immer erst ganz am Ende der Fazitproduktion. In den Wochen zwischen den Produktionsphasen erhalte ich zwar viele Inputs, die die Themensuche erleichtern. Doch am Drucklegungstag, dem Freitag vor dem Erscheinungsdienstag, ist dann alles anders und die Themenwahl beginnt neu mit der Frage an Freunde und Kollegen: »Über was soll ich denn schreiben?« Dabei helfen mir moderne Kommunikationstools wie der Facebook-Messenger oder WhatsApp ebenso wie der Kaffeehausbesuch in der Früh beim Weitzer oder im Kaiserfeld. Jetzt gelte ich in meinem persönlichen Umfeld durchaus als Wirtschaftsliberaler mit konservativem, wenn nicht sogar patriotischem »Background«.
Also jemand, mit dem man immer schon auch über Themen reden konnte, bei denen man sonst eher vorsichtig ist, weil sie einen, wenn man nicht messerscharf formuliert und butterweich relativiert, als Anhänger einer rechtspopulistischen Gesinnung entlarven könnten. Dabei bin ich seit Jugendtagen ein Anhänger einer offenen Migrationspolitik – wenn es nach mir geht, darf jeder bleiben, der mehr in den Sozialstaat einzahlt als herausnimmt – ich bin ein Gegner von Atomkraftwerken und Waffenexporten und im Großen und Ganzen ein begeisterter Anhänger der offenen Gesellschaft im Sinne Karl Poppers. Ich kann zwar, je länger ich wirtschaftlich denke, durchaus auch dem Laissez-faire, einem ungezügelten Liberalismus, der im starken Widerspruch zum Neoliberalismus bzw. der ökosozialen Marktwirtschaft steht, etwas abgewinnen, aber das nur weil ich kein anderes Instrument als den Markt kenne, mit dem sich die menschliche Gier in geordnete Bahnen lenken lässt. Ich bin auch Befürworter eines staatlichen Interventionismus. Schließlich kann nur ein wacher Staat Monopole verhindern und den Markt so sensibel kontrollieren, dass Spekulationsblasen mitsamt ihren Verwerfungen und Krisen von vornherein verhindert werden ohne die Erwerbsfreiheit zu gefährden. Doch der Interventionismus ist anscheinend Geschichte. Globale Monopole wie Amazon, Facebook oder Google wuchern vor sich hin. Und leider gehört es zu den Kehrseiten der Globalisierung mitsamt ihren supranationalen Konstrukten, dass man mit nationaler Wirtschaftspolitik kaum mehr etwas ausrichten kann; außer vielleicht die Wohlhabenden und ihr Geld mit einer unsinnigen Steuerpolitik zu vertreiben.
Ich hoffe, Sie sind mir bis jetzt durch die verschiedenen Ausprägungen des Liberalismus als Basis einer freiheitlichen Wirtschafts- und damit demokratischen Gesellschaftsordnung gefolgt. Meine linken Freunde stoßen sich jedenfalls regelmäßig an der Definition des Begriffs »Neoliberalismus«. Der ist unter Ökonomen eindeutig als das, was man in Deutschland gerne auch »Rheinischer Kapitalismus« oder bei uns »Soziale Marktwirtschaft« nennt, definiert. Mir drängt sich oft die Frage auf, welcher Wandertrainer auf den deutschsprachigen Gewerkschaftsschulen damit begonnen hat, die monetaristischen Vorstellungen von Milton Friedman als neoliberal zu bezeichnen. Ich frage mich aber auch, wie unbedarft jene Journalistenkollegen wohl sind, die den falsch geschulten Gewerkschaftern diese Begriffsverwirrung so lange durchgehen ließen, bis sie sich in der »nichtökonomischen Welt« durchsetzen konnte. Egal. Ich frage also herum, worüber ich schreiben soll, und erhalte folgende Anstöße: Die vom Innenminister geplanten Verschärfungen im Asylgesetz; das Kopftuchverbot an Kindergärten und Schulen; irgendwelche Kinder, die im Auftrag der Türkei in österreichischen Moscheen die Schlacht von Gallipoli nachspielen; die Ghettobildung in den Städten oder die nächtlichen Schlägereien von ausländischen Banden in Graz. Ich kann diese Themen nicht mehr hören und will auch nicht darüber schreiben. Schließlich sind sie die logische Folge einer Migrationspolitik, die zu feig war, Konflikte auszuräumen, als es noch möglich war. Mit Placeboaktionen wird die Politik das, was uns die »Wir-schaffen-das-Kanzlerin« und ihre österreichischen Vasallen eingebrockt haben, nicht lösen. Und mit dem von mir geliebten Liberalismus schon gar nicht!
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Tandl macht Schluss! Fazit 142 (Mai 2018)
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