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Hans Dampf

| 20. Dezember 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 149, Serie »Erfolg braucht Führung«

Über die Rollenvielfalt im Handwerk. Ein Interview von Carola Payer mit Werner Fleck, dem Gründer und Geschäftsführer von Elektro Fleck.

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Handwerk hat goldenen Boden«, dieser Satz trifft nach wie vor zu und fasst zusammen, was diese Berufszweige für unsere Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft bedeuten. Ob sie dem Handwerksunternehmen vor allem in kleinen Strukturen auch Kisten voll Gold und ein goldiges Leben bringen, ist eine andere Sache. Das sieht auch Werner Fleck so. »Es ist ein hartes Brot. Hätte ich den Wissensstand von heute, hätte ich nicht mehr gegründet.« Nicht weil er nicht gerne sein Handwerk und seine Dienstleistung den Kunden anbietet, sondern weil er den Einsatz an persönlicher Lebensenergie weitaus größer bewertet als in einem Angestelltenverhältnis. »Wäre ich angestellt geblieben, wäre ich heute wahrscheinlich Baustellenleiter bei einem Großbetrieb, in ganz Europa unterwegs, mit geregelten Arbeitszeiten, berechenbarer Freizeit, klarer Stellenbeschreibung und Ausblick auf eine gute Abfertigung.«

Rollenvielfalt meistern
Die Realität im Alltag des Kleinstunternehmers: Statt klarer Stellenbeschreibung »Mädchen für alles«. In sehr kleinen Betrieben kann von Managementstrukturen nicht die Rede sein. Auch Werner Fleck ist Key-Accounter, koordiniert das Angebots- und Auftragsmanagement, regelt die Arbeitsvorbereitung, ist an der Ausführung beteiligt, leitet die Qualitätssicherung, betreibt das Rechnungsmanagement, ist zentraler Ansprechpartner für das Beschwerdemanagement, ist Buchhalter, Bürofachkraft, Chef-Assistenz, Facility-Manager, Innovationsmanager, Wächter über das Unternehmensportfolio und den Liquiditätsrahmen. Mitarbeiterführung konzentriert sich natürlich auf den Chef. »Daher habe ich auch keinen Internetauftritt, Marketingaktivitäten wie eine Homepage, Präsenz auf Facebook … das geht sich einfach nicht mehr aus. Du musst immer wieder entscheiden, was für das Laufen des Geschäftes nicht so wichtig ist, auch wenn das eventuell schon ein allgemeiner Standard ist.« Das Tagesgeschäft dominiert den Alltag. Daher sind zeitliche Ressourcen knapp und dürfen nicht verschwendet werden. Mut zur Lücke und das Gefühl, »nie fertig zu sein«, begleiten den unternehmerischen Alltag. Der Betrieb läuft das ganze Jahr. Der normale Arbeitstag geht von 6:30 bis 22:00 Uhr, an sechs Tagen der Woche.

Mitarbeiter finden, binden
Traditionelle Handwerksunternehmen sind vor allem als Arbeitgeber in den Regionen von essenzieller Bedeutung. Jeder dritte Beschäftigte im ländlichen Raum findet seinen Arbeitsplatz in einem solchen Unternehmen. Fast die Hälfte der österreichischen Unternehmen sind traditionelle Handwerksbetriebe, die mehr als 500.000 Personen Arbeit geben und jeden zweiten Lehrling in Österreich ausbilden. Werner Fleck hat zwei Mitarbeiter. Diese schätzen die Flexibilität, die abwechslungsreichen Tätigkeiten, den direkten Umgang mit Kunden und das gute Betriebsklima. »Ich kann gut mit meinen Leuten, ich kann mich gut auf Menschen einstellen«, sagt Werner Fleck. »Ich kann meine Erwartungen mit denen der Mitarbeiter abgleichen. Mein Sohn arbeitet jetzt auch wieder bei mir. Da er seit kurzem Vater ist, kann er seine Arbeitsstunden auch so gestalten, um auch für die Familie Zeit zu haben. Ich bin auch nicht ganz der Strenge. Orientierung am Kunden ist mir wichtig. Wenn das passt, ist freie Zeiteinteilung möglich. Ich ärgere mich wenig, außer beim Autofahren. Sonst bin ich sehr umgänglich.« Auf die Frage, wie die Führung des Sohnes gut gelingt: »Früher hatten wir das Problem, dass beim Feedback geben immer die Gefahr bestand, sich verletzt zu fühlen. Heute ist er älter, reifer.« Werner Fleck hat die typische Betriebsform, wo die Frau in den Betrieb involviert ist. »Das haben wir probiert«, sagt er. »Aber Meine Frau ist kein Büromensch. Es ist ihr nicht von der Hand gegangen und es hat ihr keine Freude gemacht. Da haben wir das gelassen.« Eine kluge Entscheidung. Zu oft werden Familienmitglieder aus praktischen Gründen in den Betrieb integriert. Sie erfüllen dann eine Rolle, nicht weil sie es so gerne wollen oder können, sondern weil sie Familienmitglied sind. Das führt mitunter auch zu unnötigen Konflikten.

Mitarbeiter ausbilden
Werner Fleck: »Wir schauen, dass wir vor allem über Großhändler aktuelle Infos bekommen. Wir recherchieren auch viel im Internet. Da ich selbst Ausbildner an Institutionen bin, bekomme ich dort auch immer Zugang zu den neuen Trends. Kursangebote können nicht in Anspruch genommen werden. Kein Geld, keine Zeit. Unglaublich teuer für unsere Betriebsgröße. Wenn meine Mitarbeiter an der Elektrikertagung teilnehmen, sind 75 Porzent des Betriebs unproduktiv.« Das Ausbilden von Lehrlingen wird aus der Sicht von Werner Fleck immer schwieriger. »Wir haben hier das Problem, dass viele für die Arbeit geeignet wären, aber nicht die Fähigkeiten haben, die Schule zu schaffen. Meine bestehenden Mitarbeiter habe ich geprägt.«

Digitalisierung und Globalisierung im Handwerk
Kleine wie große Betriebe sehen sich seit einigen Jahren mit der zunehmenden Digitalisierung konfrontiert. Wie geht man bei Elektro Fleck damit um? »Ich habe ein System für das Rechnungswesen, die Kundenverwaltung und ein Buchhaltungsprogramm. Internet und die sozialen Medien, sind für uns derzeit nicht so Thema. Falls mein Sohn Interesse hat, sich mehr im Betrieb zu engagieren, wird das sicher mehr werden.« Die Globalisierung wurde für das Unternehmen durch die EU-Osterweiterung ab 2014 spürbar. »Auf einmal gab es keine Anfragen mehr für Rohbauinstallierung«, erklärt Fleck. »Man muss die Trends beobachten. Wir waren auch stark in Photovoltaik. Das wird im Moment wieder weniger. Dafür wird der Wohnbau wieder mehr. Beim Portfolio habe ich immer darauf geachtet, mit dem Strom mit zu gehen und mich auf Kundenanforderungen ein zu stellen und gute Kooperationen zu pflegen. Die Anforderungen von Vater Staat werden immer höher und daher steigt der unproduktive administrative Aufwand. Teilweise hat das mit Handwerk nichts mehr zu tun.«

Gesund sein, gesund bleiben
In vielen Gewerken der Baubranche ist die Arbeit körperlich sehr anstrengend. Auch bei Werner Fleck zeigen sich Verbrauchserscheinungen. Was hält ihn fit? »Ich nehme wir jeden Tag eine Stunde heraus. Das geht nur am Abend. Sport, mit dem Hund in den Wald gehen. Ich habe mir auch einen Fitnessraum zu Hause eingerichtet. Gegen 21 Uhr komm ich zum Trainieren. Untertags ist es schwer, in Ruhe zu Essen.« Daher achtet er beim Abendessen auf Qualität. Am wenigsten Raum bekommt Familienzeit. Gesellige Kontakte sind nicht bis kaum möglich. Werner Fleck: »Wenn ich ehrlich bin, ich bin immer unter Spannung.« Der Elektriker im Ort, der Bäcker ums Eck, die Hutmacherin in der City oder die Möbeldesigner im Coworking-Space. Sie alle leisten einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Nachhaltigkeit. Bislang fehlen politische Rahmenbedingungen, die Kleinstunternehmen so unterstützen, dass die Rollenvielfalt ohne Selbstaufopferung realisierbar ist.

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Werner Fleck, Gründer und Geschäftsführer von »Elektro Fleck«, verheiratet, Vater von vier Kindern. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die gesamte Elektrotechnik im Bereich Haus- bzw. Gebäudetechnik für Privatkunden und Unternehmen. Smarthome-Lösungen, SAT-Anlagen, Photovoltaik, Alarmanlagen, Sprechanlagen und die Überprüfung elektrischer Anlagen gehören zum Betätigungsfeld. Telefon: +436645873611, Email: elektro-fleck@inode.at

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Foto: Marija KanizajDr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

Fazit 149 (Jänner 2019), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 20)

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