Wünsch Dir was
Martin G. Wanko | 20. Dezember 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Da Wanko, Fazit 149
Jedes Mal, wenn auf Soundportal »Wünsch dir was« von den Toten Hosen läuft, teile ich meiner Tochter mit, dass mir das Lied nicht gefällt. Das fängt mit dem beknackten Kinderchor am Beginn des Liedes an, und hört mit dem Songtext auf. Jedes Mal sagt sie mir, dass ich ihr das jedes Mal sage, wenn das Lied läuft, schon seit 1.000 Jahren.
::: Text von Martin G. Wanko [Hier im Printlayout lesen.]
Dabei frage ich Sie dann noch, ob ich ihr das eh schon einmal gesagt habe. Dabei gibt es einfach Lieder, die man nicht mag, warum auch immer. Ähnlich wie bei Menschen, die man nicht mag. Man sieht wen und mag den ganz einfach nicht. Hass auf den ersten Blick sozusagen. Aber bleiben wir beim Wünschen. Die letzten drei Jahre waren im Privaten eigentlich sehr beschissen, vom Tod meines Vaters bis zu meinem Herzinfarkt. Also habe ich mir vorgenommen, mir zu Silvester nichts mehr zu wünschen.
Nun habe ich aber einen netten Wunsch gehört, man sollte sich Glück wünschen, weil gesund waren die Fahrgäste auf der Titanic auch. So wünsche ich mir jetzt einmal einen ganzen Haufen Glück. Das kann ich tatsächlich gebrauchen, denn 2018 Jahr soll für 1970 Geborene ein ziemlich katastrophales Jahr gewesen sein, laut chinesischem Horoskop. Dort bin ich nämlich Hund im Sternzeichen und nächstes Jahr soll es mit den Hunden wieder aufwärtsgehen, sagt ein Freund zu mir.
Apropos Hunde: Jetzt habe ich schon einige Hunde gehabt, in meiner Kindheit. Das waren »nur« Dackeln, aber Hunde sind nun einmal Hunde, da verlernt man den Umgang nicht. Vielleicht sollte ich mir einen Hund wünschen. Jetzt weiß ich nicht ganz genau, wer dann wann mit ihm spazieren geht, aber es muss ja jetzt kein halbes Kalb sein, kann ja ruhig ein kleiner Scheißer sein, die brauchen nicht so viel Auslauf. Und schon komme ich wieder ins Zweifeln: Wenn man sich heute einen Hund anschafft, hat man plötzlich ziemlich viel mit Menschen zu tun, die man eigentlich meiden will: Herrschaften mit Kampfhunden, solche Menschen, die in Wien bereits einen Hunde-Führerschein brauchen. Wahrscheinlich würden Personen für ihre grenzwertigen Hunde wohl eher einen Waffenschein brauchen, ob sie den bekommen würden ist jedoch fraglich. In meiner Jugend war ja schon ein Schäferhund etwas Gefährliches, heute kommt mir der im Vergleich als zahmes Schoßhündchen vor. Ich mag mich eigentlich gar nicht mehr sehr gerne auf die Welt einlassen, zumindest nicht auf die vollen Kretins. Wünsch dir was? Na ja, dass es diese Patienten nicht mehr gibt, dann wäre vieles einfacher, auch die Geschichte mit dem Hund.
Vielleicht sollte man sich nichts wünschen, sondern fordern. Ich fordere, dass die Menschen in der Stadt mehr Rücksicht aufeinander nehmen. Dann wäre alles stressloser. Ich habe selber dazugelernt, ich bin beim Autofahren entspannter. Zugegeben, mit meinem Skoda Fabia lässt es sich jetzt nicht wirklich wild fahren, aber in der Stadt kann man schon ein bisserl aggro sein. Habe ich mir, so gut es geht, abgewöhnt. Geht ganz einfach, drei Mal durchatmen und der Stress ist schon von Anfang an gedrosselt. Durch den Bauch atmen, sagte man bei der Reha. Vielleicht haben deshalb so viel Chiller einen Bauch, weil sie permanent durch den Bauch atmen. Kann ja sein. Wenn ich dadurch ein paar Minuten zu spät komme, ist es mir seitdem egal. Natürlich wissen Sie es besser, ich habe ja schon einmal darüber geschrieben: Ich komme ziemlich oft zu spät. Mittlerweile ist es mir aber gleichgültig. Das ist ein Unterschied. Früher regte mich mein Zuspätkommen zumindest ein bisserl auf, jetzt ist es mir egal.
Diese Gleichgültigkeit ist aber ein wünschenswertes Lebensgefühl. Einfach einen Gang runterschalten und die Dinge trotzdem erledigen. Nicht dass ich mich nicht mehr anstrenge, aber früher bestieg ich halt halb lachend halb fluchend den Berg, mittlerweile bin ich eher schweigend und nachdenklich. Ans Ziel komme ich ebenso. Vielleicht sollte ich mir einige Minuten für mich wünschen, für eine sinnvoll sinnlose Tätigkeit: der Zauberwürfel. Als Kind habe ich beim Zauberwürfel maximal drei Seiten zusammengebracht. Das wäre zu ändern. Klingt blöd, aber so kann man doch als halbseniler Endvierziger die Zeit an sich vorbeiziehen lassen. Und wenn alles nichts hilft, werde ich den Zauberwürfel erst wieder verfluchen und aus dem Fenster werfen: Frei nach dem Motto der Lateiner: Nullum magnum ingenium sine mixtura dementiae fuit. In der Übersetzung: Es hat keinen großen Geist ohne eine Beigabe von Verrücktheit gegeben. Ihr denkwürdiger G Punkt.
Martin G. Wanko (48) ist Schriftsteller und Journalist. m-wanko.at
Da Wanko, Fazit 149 (Jänner 2019), Foto: Martin G. Wanko
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