Hören wir endlich damit auf, Migranten zu Opfern zu machen!
Christian Klepej | 31. März 2019 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 151
Sawsan Chebli ist seit Dezember 2016 die Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Berliner Staatssekretärin für Bürgeschaftliches Engagement und Internationales. Zuvor war sie für zwei Jahre stellvertretende Sprecherin des bundesdeutschen Auswärtigen Amtes.
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Was jetzt im Detail den Aufgabenbereich einer Staatssekretärin für »bürgerschaftliches Engagement« umfasst, wollen wir heute gar nicht so genau ausleuchten. Als politische Spitzenbeamte in Berlin kann die dort geborene Tochter einer in den frühen Siebzigerjahren in die Bundesrepublik eingewanderten Familie aus Palästina aber jedenfalls schon jetzt auf eine tolle und beachtenswerte Karriere zurückblicken.
Sawsan Chebli ist Mitglied der SPD und hat schon einige Male mit Äußerungen zu bzw. Anprangerungen von Sexismus und Rassismus für überregionale Beachtung gesorgt. Mitte März hat sie erneut mit einer Twitternachricht auf ein – nach ihrem Dafürhalten – Rassismusproblem in Deutschland hingewiesen. Sie wäre von einer Stewardess auf einen Inlandsflug auf Englisch angesprochen worden. Ihre Frage an die Flugbegleiterin, warum diese glaube, sie könnte kein Deutsch, beantwortete diese mit »Wir haben halt viel ausländischen Gäste.«. Chebli schloss ihre Nachricht mit »Schon wieder. Ehrlich, es nervt.« Und fügte noch den »Hashtag« (quasi ein Internetstichwort) #vonhier den Ausführungen an.
Jetzt lassen wir einmal außer Acht, dass natürlich einem jeden das auf die Nerven gehen darf (und soll), was ihn eben stört. Aber diese für sich unwichtige Begegnung einer erfolgreichen Deutschen in mittleren Jahren mit einer im Berufsstress stehenden Mitarbeiterin einer Fluglinie hat eine viel weiter gehendere Dimension. Nämlich bezüglich auf unser aller Zusammenleben. Cheblis Hashtag #vonhier weist nämlich auch auf die in wohl eher links zu verortenden Kreisen immer stärker werdende Forderung hin, einen Menschen nicht nach seiner Herkunft zu fragen. Die Argumentation speist sich daraus, dass jemand, der nicht wie ein »Biodeutscher« aussieht, alleine durch die Frage »Woher kommst Du?« diskriminiert wird. Es würde ihm nämlich seine (Mit-)Bürgerschaft aberkannt. Das ist eine dummdreiste Denke! Und wir sollten schleunigst mit solchen, alle Migranten weiterhin zu Opfern stilisierenden – die eigentliche Diskriminierung! – Verhaltensmustern aufhören.
Abseites von allen Migrationsbewegungen, abseits von allen Islamdiskussionen, abseits von eben auch allen Diskriminierungsdiskussionen bezüglich Migranten darf ich Ihnen versichern, passiert nämlich eines in unseren europäischen Staaten: ein wunderbares Zusammenleben der hier verwurzelten Bevölkerung mit Zuwanderern der ersten oder zweiten Generation. (Viel weiter brauchen wir nicht zurückblicken, dann wäre ja auch etwa ich aus Schlesien.)
Damit will ich selbstverständlich nicht all die Probleme, die es definitiv gibt, die es vor allem mit der Gruppe der muslimischen Einwanderer gibt, wegreden oder verharmlosen. Und ich will auch nicht leugnen, dass es Rassismus und Diskriminierung gibt. Nur ist das zum Einen hier heute nicht das Thema und zum Anderern ist natürlich auch der (weitaus!) überwiegende Teil aller unserer muslimischen Mitbürger im Grunde nur von einer Sache beseelt: in Frieden und Freiheit nach dem persönlichen Glück zu streben. Und gut mit seinen Nachbarn auszukommen.
Und so sei es mir auch einmal erlaubt vom Abstrakten ins Konkrete zu gehen und etwa von den Miteltern in der Turnstunde meiner Töchter zu erzählen, wo mich eine Kopftuch tragende Mutter zweier entzückender Kinder jedesmal mit einem herzlichen »Grüß Gott« begrüßt, und wo ich mich mit einer anderen Mutter, einer Schwarzen, immer ausnehmend unterhaltsam über unsere »kleinen Schlingel« unterhalte. Oder der türkische Lebensmittelhändler bei mir ums Eck, der meine Lieblingsmehlspeise schon kennt und der mir immer öfter auch einen Laib seines furchtbar köstlichen mit Sesam bestreuten Weißbrotes weglegt. Schlechte Menschen gibt es, hüben wie drüben. Die gerade Beschriebenen sind es nicht! Sie haben dafür eines mit der Staatssekretärin gemeinsam: sie wurden offenbar nicht so stark diskriminiert, um nicht erfolgreich bei uns angekommen zu sein. Im Übrigen werde ich jeden Menschen, den ich kennenlernen darf – nicht zuletzt aus Respekt – immer eines fragen: Woher kommst Du?
Editorial, Fazit 151 (April 2019)
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