Politicks Juli 2019
Johannes Tandl | 9. Juli 2019 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 154, Politicks
Bleibt es beim Mai 2020 als Landtagswahltermin?
Klar ist aber, dass die steirische ÖVP nichts gegen eine Vorverlegung der steirischen Landtagswahl hätte, während SPÖ-Chef Michael Schickhofer unbedingt erst in 10 Monaten, im Mai 2020, wählen lassen will. Schickhofer dürfte sich beim spätestmöglichen Wahltermin wohl bessere Chancen auf ein gutes Abschneiden ausmachen.
Nachdem Schickhofer sich als SPÖ-Speerspitze im für die steirische Volkspartei überhaupt nicht nachvollziehbaren Kurz-Bashing versuchte, sah man dort die Zusammenarbeit mit der SPÖ »erheblich belastet«. Offenbar wollte Schickhofer die linke Flanke der SPÖ abdecken, denn dort kommt die Kritik an Ex-Kanzler Sebastian Kurz bekanntlich besonders gut an.
Als daraufhin ÖVP-Landesrat Christopher Drexler die SPÖ mit der Alternative einer vorgezogenen Landtagswahl konfrontierte, um einen die Sachpolitik lähmenden einjährigen Dauerwahlkampf zu vermeiden, lenkte Schickhofer jedoch rasch ein. Er suchte von sich aus den Kontakt zu den Medien, um mit kalmierenden Tönen zurück zu rudern. Damit konnte er den Mai als Wahltermin vorerst retten. Eine Wahlvorverlegung wird es daher nur bei einem unüberbrückbaren Koalitionsstreit oder im Konsens zwischen ÖVP und SPÖ geben.
Die steirische FPÖ ist bereits mitten im Wahlkampf
Ein Blick auf viele Plakatwände zeigt, dass sich die FPÖ bereits intensiv auf die Landtagswahl vorbereitet. Denn derzeit lässt sich nur FPÖ-Obmann Mario Kunasek landesweit im Großformat affichieren. Kunasek ist nach seinem Ausscheiden als Verteidigungsminister als FPÖ-Klubchef in den Landtag zurückgekehrt. Vor Bekanntwerden des Ibiza-Videos hat er nie einen Hehl daraus gemacht, dass er den Landtag lieber heute als morgen wählen lassen würde. Aber obwohl die FPÖ mit ihrer medienfernen Wählerschicht kaum unter den korrupten Angeboten, die Ex-Vizekanzler Strache im Video unterbreitet hat, leidet, ist Kunasek um Schadensbegrenzung bemüht. Er spricht zwar ständig davon, dass die FPÖ einen Neuwahlantrag zur Vorverlegung der Landtagswahl unterstützen könnte; einen eigenen Antrag der Freiheitlichen hat er bisher jedoch nicht in den Steirischen Landtag eingebracht.
Schützenhöfer für Rotschwarz
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer hat vor wenigen Tagen in einem Doppelinterview mit dem burgenländischen ÖVP-Chef Thomas Steiner in der BVZ erklärt, dass sein Herz für eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und SPÖ schlägt: »Ich war immer ein Anhänger der Zusammenarbeit zwischen ÖVP und SPÖ«, so Schützenhöfer und er ergänzt: »Ich bin lange genug auf der Welt, um zu wissen, dass die Erfolgsgeschichte seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit diesen beiden Parteien zu tun hat.«
Schon möglich, dass Schützenhöfer das nur gesagt hat, um die burgenländische ÖVP als Juniorpartner einer rotschwarzen Burgenland-Koalition im Spiel zu halten. Denn im Burgenland hat SPÖ-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil die Ibiza-Affäre dazu genützt, die Landtagswahl von Mai 2020 auf Ende Jänner 2020 vorzuverlegen. Freilich, ohne die Zusammenarbeit mit der FPÖ tatsächlich zu beenden oder sich gar zu einer FPÖ-Ausgrenzung für die nächste Legislaturperiode hinreißen zu lassen.
Doch zurück in die Steiermark. Derzeit scheinen die Wogen zwischen ÖVP und SPÖ wieder geglättet. LH-Vize Michael Schickhofer wird sich hüten, der ÖVP einen weiteren Grund für die Beendigung der Landeskoalition zu liefern. Und da die ÖVP die Periode nur bei Vorliegen von aus Sicht der Wähler klar nachvollziehbaren Gründen beenden wird, ist trotz des derzeitig günstigen Momentums für die Schützenhöfer-ÖVP tatsächlich erst mit einer Mai-Wahl zu rechnen. Daher spricht nichts dagegen, dass die FPÖ schon demnächst einen Vorwand für einen Neuwahlantrag findet und entsprechend vorprescht. Schließlich wird dieser Antrag ohnehin keine ausreichende Mehrheit im Landtag finden. Für einen Politwirbel im Hochsommer reicht das aber allemal.
Anlaufschwierigkeiten beim Gesundheitstelefon 1450
Seit wenigen Monaten gibt es mit der Telefonnummer 1450 für die gesamte Steiermark eine zentrale Anlaufstelle, um außerhalb der Ordinationszeiten einen Arzt zu erreichen. Beim »Gesundheitstelefon 1450« werden die anrufenden Patienten durch kompetente Rotkreuzmitarbeiter beraten und im Bedarfsfall von einem Visitationsarzt zu Hause besucht oder von der Rettung ins Krankenhaus transportiert. Eigentlich ist das neue System ein Meilenstein in der steirischen Gesundheitsversorgung.
Doch das »Gesundheitstelefon 1450« hatte bisher seine Anlaufschwierigkeiten und sorgte so für jede Menge Ärger bei den Anrufern. Entweder war die Telefonnummer überlastet oder den Callcenter-Agents des Roten Kreuzes standen zu wenig Ärzte zur Verfügung, die sich bereit erklärt hatten, beim Visitationssystem mitzumachen. Im Gesundheitsfonds des Landes Steiermark erklärt man sich diese Kapazitätsprobleme mit dem unglaublichen Zulauf zum Gesundheitstelefon. Denn im deutlich größeren Niederösterreich hätte die Nummer zwischen 1. April und 25. Juni nur etwa 5.000 Anrufe zu verzeichnen gehabt, in der Steiermark jedoch mehr als 23.000.
Bisher nehmen zu wenige Ärzte am neuen Bereitschaftssystem teil
Das System hat jedoch eine Schwäche. Denn während sich die Ärzte im alten System in ihren Kassenverträgen dazu verpflichteten, Bereitschaftsdienste zu übernehmen, basiert das »Gesundheitstelefon 1450« auf Freiwilligkeit. Vorerst wurde die Bereitschaftspflicht zwar nur auf drei Jahre ausgesetzt; Gesundheitslandesrat Christopher Drexler ist jedoch davon überzeugt, dass sie vor den Höchstgerichten keinen Bestand mehr hat.
Im alten System versahen die niedergelassenen Ärzte ihren Wochenend- und Bereitschaftsdienst von ihren Ordinationen aus und erhielten die Kosten mit zusätzlichen 118 Euro je Dienst von der GKK bezahlt. Am »Gesundheitstelefon 1450« können auch Spitals- und Wahlärzte teilnehmen, und für die niedergelassenen Kassenärzte wurde die Ordinationsprämie gestrichen. Der Wegfall dieser Leistung veranlasste viele Kassenärzte, aus dem neuen, ausschließlich auf Visitationen beruhenden System auszusteigen. Und tatsächlich konnte die Zahl der erforderlichen Mediziner an den Wochenenden bisher nur zu 55 bis 65 Prozent erfüllt werden.
Daher konnten die Telefon-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter viel zu oft nur die Rettung vermitteln oder zu einem Besuch in der nächstgelegenen Spitalsambulanz raten, anstatt den Besuch eines Visitationsarztes zu zusagen.
Die Öffnung der Ordinationen soll die Teilnahmebereitschaft steigern
Inzwischen hat auch die GKK erkannt, dass den Patienten auch an den Wochenenden offene Ordinationen zur Verfügung stehen müssen. Daher soll es, beginnend mit 20. Juli, an allen Wochenenden und an Feiertagen, jeweils von 8 bis 11 Uhr, in jeder der 25 steirischen Versorgungsregionen des Gesundheitstelefons eine bis zwei offene Arztordinationen geben. Wie diese Zahl angesichts der Freiwilligkeit erreicht werden soll, bleibt abzuwarten. Die geöffneten Ordinationen können im Internet abgerufen werden und stehen den Patienten auch ohne vorigen Anruf beim »Gesundheitstelefon 1450« zur Verfügung.
Ob das ausreicht, um die Meinung der Ärzte in jenen Regionen, in denen sich die Mediziner bisher beinahe geschlossen an der Teilnahme am Visitationssystem des Gesundheitstelefons verweigerten, zu ändern, bleibt abzuwarten. In Feldbach war es in den ersten drei Monaten praktisch unmöglich, einen ärztlichen Visitationstermin zu bekommen. Dort gaben die Hausärzte als Grund für ihre bisherige Totalverweigerung jedoch nicht nur das Ordinationsproblem an, sondern auch die angeblich mangelhafte Kompetenz der Telefonberater. Dass sich Ärzte in medizinischen Angelegenheiten von nichtärztlichen Callcenter-Agenten etwas sagen lassen müssen, ist aus Sicht der Mediziner beinahe ehrenrührig. Daher bleibt zu hoffen, dass die freiwillige Teilnahme am neuen Bereitschaftsdienst durch die Ordinationsöffnung steigt.
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