Führung mit Humor
Carola Payer | 4. August 2020 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 165, Serie »Erfolg braucht Führung«
Ernsthaftigkeit und Humor in Unternehmen. Ein Gespräch von Carola Payer mit dem freischaffenden Künstler und Kabarettisten Simon Pichler.
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Lachen und Humor fördern das Betriebsklima, reduzieren Stress und beugen Krankheiten vor. Ist es daher auch Bestandteil von betrieblichen Gesundheitsförderungsprogrammen? Nutzen Führungskräfte das Potenzial, sich selbst und anderen eine motivierende Umgebung zu schaffen? Humor ist die Begabung, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen. Das Leben leicht statt schwer zu nehmen ist ein wesentlicher Bestandteil des Humors. Ein humorvoller Mensch ist gut gelaunt und steckt andere Menschen mit seiner positiven Stimmung an.
Lässt Wirtschaft Humor zu?
Professionalität in der Wirtschaft wurde lang nur mit Ernsthaftigkeit gleichgesetzt. Leichtigkeit und Humor wurden eher mit einer Laissez-faire-Haltung und fehlender wirtschaftlichen Fokussierung in Verbindung gebracht. In Zeiten von hohen Burnout-Quoten und bewussterer Team- und Mitarbeiterentwicklung wird Humor erkannt als Mittel gegen Leistungsdruck, um Konflikte zu lösen, Mitarbeiter positiv und lachend motivieren zu können und kreatives und innovatives Denken zu fördern. Zu allen Zeiten hat der Mensch sich des Humors bedient, auch und gerade dann, wenn es eigentlich nichts zu lachen gab. Selbst im Holocaust, eine der schlimmsten aller Katastrophen, haben sich Gefangene angeblich Witze erzählt. Sieht Simon Pichler, der neben seinen anderen Talenten auch als Kabarettist tätig ist, auch bei Managern ein Potenzial für den Einsatz von Humor? Simon Pichler: »Prinzipiell gibt es eine große Ernsthaftigkeit in der Wirtschaft. Geschäftstitel waren früher immer humorbefreit. Es war ein No-go, Humor in einem Firmennamen zu haben – alles musste ultraseriös sein. Heute heißen Radgeschäfte »Muskelkater« oder Friseurgeschäfte nicht mehr »Friseur Tina« sondern »Hair-Berge«. Die Frage, die man sich stellen muss, ist: Wem hat Wirtschaft je wirklich Spaß gemacht? Ernsthaftigkeit ist nach wie vor groß geschrieben. Humor wird als Sache der Freizeit definiert. Aber Humor wird nun auch von ernsthaften Unternehmen gefordert. Alles soll nicht mehr so steif laufen. Der Versuch, krampfhaft lockerer zu sein, amüsiert mich da aber manchmal. Konfliktbearbeitung mit Humor und Humor im Kundenkontakt werden schon aktiv als Strategie in Unternehmen diskutiert. Vielfach vergeht aber Mitarbeitenden das Lachen. Stress und ungelöste Konflikte sind oft der Grund dafür. Aber gerade da ist Humor zwar kein Heilmittel, schafft aber ein Aussteigen aus der Routine. »Der Humor ist dort tot, wo Leute viel alleine sind, wenig in Kontakt und auf Funktionieren ausgerichtet.«
Wichtigkeit von Humor
Simon Pichler: »Humor ist eine Bewältigungsstrategie! Das sollte den Wirtschaftstreibenden klar sein. Es braucht Vorgesetzte, die nicht nur Witze machen, sondern auch Spaß verstehen. Humor war immer ein Ventil der Unterdrückten gegenüber den Unterdrückern. Rom hatte einen Brunnen, an dem man Spottgedichte gegen Politiker aufsagen durfte, der Fasching war die Möglichkeit, humoristisch die Obrigkeit zu betrachten. Humor ist im Leben einfach notwendig, insbesondere in noch oft sehr hierarchischen Unternehmen. Es gibt sicher keine Branche, in der Humor ausgeschlossen ist. Aber es gibt auch Bereiche, in denen man Humor nicht vermuten würde, wie zum Beispiel am Gericht. Es gibt viele Richter, die humorvolle Satiren schreiben. Es gibt sogar gereimte Gerichtsurteile! Im Gericht ist Humor sehr wesentlich. Richter sind durch die Verschwiegenheitspflicht auch sehr mit sich alleine.«
Change Projekt »Humor einführen«
Simon Pichler: »Humor zu planen und einzuführen ist wie ein DDR-Kabarett. Humor ist ein Kulturthema. Wir machen in unseren Workshops in Unternehmen oft körperliche Aufwärmübungen, Koordinationsspiele, Schauspielübungen, sprechen gemeinsam Zungenbrecher. Die Leute werden aufgelockert. Mit der Zeit vergessen sie, warum sie da sind. Sie kommen in den Moment, werden ‚leicht‘. Voraussetzung ist, dass Humor auf allen Ebenen zugelassen wird und dass Humor auch provokant sein kann, berührt oder auch weh tut.« Kabarettistische Interventionen können Kulturprojekte unterstützen. Hier wird versucht, die Unternehmen mit ihren blinden Flecken humorvoll, provokant, wertschätzend und übertrieben zu konfrontieren. Simon Pichler: »Bei den Interviews zur Vorbereitung dieser Programme kommt immer: »Bitte nicht grob sein!« Die Unternehmen haben oft Angst, dass der Humor dann beleidigend wird. Hier ist großes Fingerspitzengefühl gefordert. Ich sehe mich hier als Profi, der das auf eine Ebene bringt, auf der die direkte Konfrontation weg ist. Eventuell tauchen wir da in eine ganz andere Welt und lassen das Programm dort ablaufen.«
Lernen von gesellschaftskritischen und
politischen Kabarettprogrammen
Unternehmen können von gesellschaftskritischen und politischen Kabarettprogrammen lernen. Simon Pichler bieten in seinen Soloprogrammen und im Duo mit seinem Partner Leo Lukas immer wieder sehr kritische und trotzdem sehr humorvoll aufbereitete Inhalte (etwa »Nackte Zahlen«, »Kriminelle Energie« oder »Pichlers politische Panikattacken«). Simon Pichler: »Die Auseinandersetzung mit kritisch betrachteten, ernsthaften Themen ist der Grund, warum ich auf der Bühne stehe. Wenn der Inhalt stimmt, dann ergeben sich die Pointen von selbst.« Guter humorvoller Lehrsatz für Manager: Wenn ich ein wirkliches Anliegen habe, finde ich auch den Weg einer leichten, humorvollen Vermittlung. Oder: Satirischer Humor ist eines der besten Mittel, schwierige Change-Situationen zu überwinden – eine Überlegung wert! Simon Pichler: »Viele sagen aber auch: Ich bin nicht witzig. Sie trauen sich nicht, witzig zu sein. Manche leiden unter Dauerwitzigen in Unternehmen, die ohne Gefühl andere schon fast mit ihren Witzen quälten oder zur falschen Zeit den falschen Sager haben.«
Humor ist vielleicht eines der am meisten unterschätzten Instrumente, um Menschen zu führen und starke Unternehmenskulturen aufzubauen. Er gehört in den Werkzeugkasten jeder Führungskraft. In humorvollen Teams lacht man miteinander und nicht übereinander und begegnet allen Menschen und Situationen mit einer offenen, freundlichen Haltung. Kritische Situationen werden mit einem positiven Zugang bearbeitet und Kreativität manchmal auch mit provokativen Interventionen angeregt. In humorigen Kulturen können Menschen sich selbst aufs Korn nehmen und über sich lachen. Simon Pichler: »Um in den Humor zu kommen, braucht es freischwebende Aufmerksamkeit. Du musst, egal was du machst, immer offen sein und bleiben.«
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Dr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at
Fazit 165 (August 2020), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 32)
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