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Tandl macht Schluss (Fazit 171)

| 13. April 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 171

Hoffentlich endet der Weg von Herbert Kickl in einer Sackgasse Auf den Straßen der Bundeshauptstadt treffen sich Woche für Woche Tausende Menschen, die in Corona keine tödliche Viruserkrankung, sondern ein Instrument sehen, das ihnen die Freiheit nehmen soll. Sie skandieren »Kurz muss weg!« oder »Wir sind das Volk!« und sprechen sich gegenseitig Mut und Anerkennung als frühe Helden einer bald folgenden Revolution zu. Ihre Mission ist es, aufzustehen. Aufzustehen gegen jene Mächtigen, die ohne Not eine Pandemie ausgerufen haben, nur um die Unbequemen zu brechen.

Für die nach Ibiza nach einer neuen Identität suchende FPÖ-Spitze kommt die Pandemie gerade recht. Das Migrationsthema wird von der ÖVP besetzt. Also muss etwas anderes her – wie die Zwangsmaßnahmen gegen Corona. Die sind so einschneidend und polarisierend, dass sie jeden betreffen.

Zum klassischen Repertoire der Populisten gehört aber auch noch das Aufspüren von Sündenböcken. Bei Rechtspopulisten sind das die Fremden, bei Linkspopulisten natürlich die Reichen und bei Coronapopulisten halt alle, die man für die Lockdowns verantwortlich machen kann.

Die Leugner und Verweigerer auf den Wiener Coronademos sind sich einig, dass niemand, der sich nicht krank fühlt, infektiös sein kann. Obwohl die FPÖ-Spitze ganz genau weiß, dass man andere mit dem Virus anstecken kann, ohne selbst Symptome zu zeigen, stellen sich Herbert Kickl, aber auch Dagmar Berlakowitsch eindeutig auf die Seite der Masken- und Testverweigerer. Das ist ein Spiel mit dem Leben. Und das macht die Haltung der FPÖ so perfide.

Bei seinem Auftritt auf einer dieser Demos zog der FPÖ-Klubobmann mit den Worten »Die machen das ohne Not, aus reinem Machttrieb« über die Regierung her. Kickl wurde so innerhalb weniger Tage zum neuen Star unter den Corona-Verweigerern. Dass er gemeinsam mit echten Neonazis und Sieg-Heil-Rufern in diesem Teich fischt, kümmert ihn nicht.

Herbert Kickl ist ein Stratege. Er weiß natürlich, dass er mit ein paar Tausend Coronaleugnern und den Hard-Core-Impfverweigerern keine Wahl gewinnen wird. Die Corona-Müdigkeit greift jedoch in der gesamten Bevölkerung um sich. An jedem weiteren Tag ohne Gastronomie, ohne Sport, ohne Vereins- und Kulturleben wenden sich immer mehr ganz normale Menschen von der Politik ab. Dazu kommt ein wachsender Corona-Zorn. Viele Bürger sehen sich durch die Lockdowns in ihrer Existenz bedroht. Es gibt mittlerweile 500.000 Arbeitslose und den zwangsgeschlossenen Kleinstunternehmern hat man zwar einen Teil der betrieblichen Fixkosten ersetzt, Geld zum Leben haben sie aber schon lange keines mehr erhalten.

Viele Österreicher haben zwar Verständnis für die Schließungen, nicht jedoch für dilettantisch formulierte Verordnungen oder für eine staatliche Digitalverweigerung, die beim Contact Tracing dazu führt, dass die Infektionsketten nicht mehr aufgespürt werden können. Und natürlich ärgern sich die Impfwilligen zu Recht darüber, dass sich die EU bei der Impfstoffbeschaffung über den Tisch ziehen hat lassen. In diesem Umfeld treffen die radikalen und aufwiegelnden Botschaften der FPÖ auf fruchtbaren Boden. Das legitime politische Ziel der Freiheitlichen ist klar. Sie wollen die völlig heterogenen Gruppen von Verschwörern, Verweigerern, Frustrierten, Zornigen und in ihrer Existenz Bedrohten in ihrer Bewegung sammeln und einen. Derzeit hat die FPÖ aber niemand mit dem Charisma eines Jörg Haider oder eines HC Strache – also eine Persönlichkeit, die in der Lage wäre, diese Bewegung anzuführen. Daher geht Kickl einen anderen Weg: Er versucht, diese potenziellen FPÖ-Wähler zu radikalisieren, indem er ihre berechtigte Unzufriedenheit in Hass gegen die Regierenden umformt. Das macht Kickl so gefährlich.

Es bleibt daher zu hoffen, dass sich die Vernünftigen in der FPÖ Kickls Scharfmacherei und die Vergiftung des Politklimas auf Dauer nicht gefallen lassen. Zu diesen Vernünftigen gehören neben dem leider schwer an Corona erkrankten Oberösterreicher Manfred Haimbuchner und dem steirischen FPÖ-Chef Mario Kunasek viele weitere stramm Rechte, aber eben nicht rechtsradikale FPÖler. Diese Leute sind jetzt gefordert!

::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK

Tandl macht Schluss! Fazit 171 (April 2021)

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