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Auch der nächste Versuch, Sozialismus endlich richtig zu machen, wird scheitern

| 11. Mai 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 172

Der bundesdeutsche Verein »Konzeptwerk Neue Ökonomie«, eine Art Think-Tank mit Schwerpunkt auf Wirtschaftsthemen, hat im Auftrag der den deutschen Grünen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung eine Studie erstellt.

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Unter dem Titel »Societal Transformation Scenario« wurde sie unlängst, wie die Berliner Tageszeitung Taz schreibt, »ohne großes Aufsehen online« präsentiert. Diese Studie liegt zur Stunde noch nicht auf deutsch vor, was mir als Kind des 20. Jahrhunderts nur wenig spanisch erscheint: Den grünen Großdenkern fallen die vielen Buzzwörter halt im Englischen leichter von der Zunge und dem geneigten Leser deren oftmalige Inhaltsleere dafür deutlich weniger auf.

Zentrale Botschaft dieser Blaupause eines »Szenarios für einen Umbau der Gesellschaft« – übersetzt man sich den Titel, wird die hier angetretene Reise viel klarer – sind vor allem Einschränkungen und Verbote. So soll Schluss mit dem Wirtschaftswachstum sein, der Konsum der Bevölkerung also ordentlich eingeschränkt, die allgemeine Arbeitszeit deutlich reduziert und der persönliche Wohnraum für jeden von uns um etwa ein Viertel verkleinert werden. Der Fleischkonsum der Bevölkerung soll um 60 und der Autoverkehr (in den Städten) um 80 Prozent verringert werden. Der Bestand an elektrisch angetriebenen Geräten wie Waschmaschine oder Geschirrspüler wird halbiert und Flugzeuge dürfen wir Bürger der industrialisierten und erfolgreichen, kurz bösen Länder nur mehr einmal in drei Jahren von innen sehen. Dafür aber können die Menschen in den »ärmeren Ländern« alle zwei Jahre das Anrecht auf einen Flug nutzen. Immerhin.

Hauptfeind der Studienmacher ist die bislang erfolgreichste Art, Gesellschaft so zu organisieren, dass immer mehr Menschen in immer besseren Umständen (Kindersterblichkeit, ausreichende Ernährung, Lebenserwartung …) leben können: der Kapitalismus. Dieser müsse überwunden werden und es müsse statt dessen darum gehen, »konkrete menschliche Bedürfnisse zu erfüllen und dem allgemeinen Wohlergehen zu dienen«. Das Potential »fundamentaler gesellschaftlicher Veränderungen« sehen die Studienautoren vernachlässigt und mit weniger Produktion und Konsum sei das »gute Leben für alle« möglich. Das gute Leben, wie sie es meinen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, natürlich ist jeder Stromfresser weniger in meiner Wohnung wünschenswert, natürlich will ich (und mache ich auch schon) meinen Fleischkonsum reduzieren. Und jedenfalls dürfen und sollen wir auch darüber nachdenken, »wie wir leben wollen« bzw. »besser leben wollen«! Was hier Gestalt annimmt, ist aber – mir zumindest – viel zu nah an einem weiteren Versuch, die sozialistische Utopie endlich einmal »richtig« umzusetzen. Auch wenn sich das Konzeptwerk redlich bemüht, nicht die Fehler der Sowjetunion oder deren Epigonen zu wiederholen, die in die hunderten Millionen gehenden Opfer der Kommunisten wollen bedacht werden, bleibe ich skeptisch. Denn statt der immer erfolglosen Fünfjahrespläne nun 25-Jahrespläne vorzulegen, kann mich nicht wirklich beruhigen.

Natürlich wird mich selbst das alles kaum mehr betreffen, als alter Mann habe ich da ein Freilos, ich habe aber auch zwei kleine Kinder und um deren Zukunft beginne ich mir Sorgen zu machen. Zu keinen Zeiten der Geschichte hat der Kommunismus seine Bevölkerung ausreichend ernähren können, und die Reduktion des Fleischverzehrs kann vielleicht geschafft werden, aber wohl deswegen, weil diese wirren Gedankenkonstrukte unser aller Wohlstand gefährden. Und die Versorgung mit ausreichend Nahrung ins Stocken gerät.

Schaut man sich noch dazu an, wie sehr unsere Medien die Grünen hofieren, deren Visionen nachhängen, dient das auch nicht einer Entwarnung. Eine in KPdSU-Manier eingesetzte Kanzlerkandidatin der Grünen, die sympathische Annalena Baerbock, wird gefeiert, als hätte diese Partei das Ei des Kolumbus gefunden. Ein Groupie der ARD hat diesen undemokratischen Akt in einem Kommentar sogar als »erfrischend« empfunden; sind halt schon lange her, die Personalbesetzungen in Moskau. Von dieser Seite wird für die Konzepte der Grünen – die im Kern natürlich, wie die aller Parteien, auch was Gutes haben mögen – also kaum mit Gegenwind zu rechnen sein. Bleibt zu hoffen, dass die Wähler in nächster Zeit mit Bedacht entscheiden und sich nicht der Kirche des vermeintlich Guten hingeben.

Editorial, Fazit 172 (Mai 2021)

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