Tandl macht Schluss (Fazit 173)
Johannes Tandl | 31. Mai 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 173, Schlusspunkt
Klimaschutz mit Technologie statt mit Verzicht. Eigentlich ist allen klar, dass das kleine Österreich den weltweiten Klimawandel kaum irgendwie beeinflussen kann. China produziert mit 14.000 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten (CO2-eq) jährlich etwa 175 Mal so viel Treibhausgas wie Österreich (80 Millionen Tonnen CO2-eq). Und auch beim Pro-Kopf-Ausstoß haben uns die Chinesen längst überholt; und das obwohl das chinesische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf nur etwa ein Fünftel des österreichischen BIP pro Kopf beträgt.
Jetzt gehört es zur europäischen Solidarität, dass Österreich sich nicht mit dem Argument abputzt, dass das Land ohnehin viel zu klein ist, um einen messbaren Beitrag zur weltweiten Kohlendioxidreduktion leisten zu können. Daher ist es wichtig, mit großem Eifer daran zu gehen, die heimische Wirtschaft zu dekarbonisieren. Unsere exportorientierten Unternehmen könnten aufgrund ihrer enormen Produktivität mit klimaschonenden Verfahren internationale Wettbewerbsvorteile generieren, die allen Österreichern zugute kommen. Doch dieser Zug droht ohne uns abzufahren. Denn auch im Bereich der Klimapolitik setzen sich gerade Kräfte durch, die darin ein Vehikel sehen, eine antikapitalistische Agenda durchzusetzen. Und auch viele österreichische Grüne verfolgen dieses Ziel. Sie wollen gemeinsam mit den Treibhausgasen auch das in ihren Augen asoziale Wirtschaftssystem mit entsorgen.
Die ökologischen Antikapitalisten lehnen Wohlstandszuwächse ab, weil es sich ihrem sozialistischen Mindset ganz einfach nicht erschließt, dass eine erfolgreiche Wirtschaft auf Dauer exponentiell wachsen wird, weil sie innovationsgetrieben ist und auf technischem Fortschritt setzt statt auf zusätzlichen Rohstoffeinsatz. Erfolgreiche Ökonomien erzielen Produktivitätszuwächse, indem sie entweder teure Ressourcen ersetzen oder effizientere Verfahren entwickeln.
Vor diesem Hintergrund ist es gut und wichtig, eine marktverträgliche CO2-Bepreisung einzuführen, die den Unternehmen weiterhin internationale Markterfolge ermöglicht. Und weil nur dann verhindert werden kann, dass klimaschädliche Produktionen bei uns abgebaut und in Ländern mit niedrigerem CO2-Preis wieder aufgebaut werden, müssen für Staaten, die wie die USA, China oder Indien auch weiterhin auf fossile Energien setzen, CO2-Zölle eingeführt werden.
Mit einer Klimapolitik, die auf Askese und Verzicht beruht, kann Österreich nur eines erreichen: nämlich Wohlstandsverluste – nicht nur für die bösen Kapitalisten, sondern für alle, die auf sprudelnde Steuereinnahmen und auf ein leistungsfähiges Sozialsystem angewiesen sind.
Das EU-Klimaregime beinhaltet über den Klimazertifikathandel bereits eine CO2-Bepreisung. Importzölle für Kohlendioxid sind zwar ebenfalls vorgesehen, aber aus Rücksicht auf die USA, China oder Indien noch nicht durchgesetzt. Bis es so weit ist, bleibt den europäischen Konzernen nichts anderes übrig, als CO2-intensive Komponenten aus Ländern mit niedrigeren Klimastandards zu importieren.
Marktteilnehmer aus Drittstaaten, die in Europa Geschäfte machen wollen, werden erst dann klimafreundlich produzieren, wenn sie dadurch hohe CO2-Zölle vermeiden können.
In den nächsten Jahren wird sich der globale Energiemix zwar nachhaltig, aber viel zu langsam von den fossilen Energieträgern Öl, Kohle und Gas in Richtung erneuerbare Energien verändern. Bis 2040 wird die globale Energienachfrage um etwa 30 Prozent steigen. Damit wächst sie etwa um 1,3 Prozent jährlich. Das ist zwar deutlich langsamer als das globale Wirtschaftswachstum von prognostizierten 3,4 Prozent. Damit lassen sich aber weder das 1,5-Grad-Ziel noch das Zwei-Grad-Ziel des UN-Weltklimarates erreichen.
Für das Zwei-Grad-Ziel müssten die Treibhausgasemissionen zwischen 2045 und 2060 übrigens auf null reduziert werden. Anschließend müsste das zuvor übermäßig emittierte Kohlendioxid mit derzeit noch ziemlich utopischen Technologien wieder aus der Erdatmosphäre entfernt werden. Erreichen lässt sich das mit massiven Investitionen in Forschung und Entwicklung und sicher nicht mit dem Verzicht auf ein eigenes Auto.
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Tandl macht Schluss! Fazit 173 (Juni 2021)
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