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Alpbach. Festival des Brainstormings?

| 12. Oktober 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 176

Foto: Matteo Vegetti

Das erste »Quasi-post-Corona-Jahr«. Aber kein Sommer wie damals. Ein neues Präsidium, angeführt von Andreas Treichl, unterstützt von den fünf Vizepräsidentinnen Michaela Fritz, Florence Gaub, Katja Gentinetta, Katarzyna Pisarska und Marie Ringler und Generalsekretär Werner Wutscher, hat im Vorjahr von Franz Fischler übernommen und eine Transformation begonnen

Text von Thomas Goiser

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Der Hashtag #believeineuroe prangte heuer während des Europäischen Forum Alpbach am dortigen Kongresszentrum. So als wäre das bei den 4.500 Teilnehmern an den rund 240 Einzelveranstaltungen zweifelhaft. Besonders war (hoffentlich nur heuer) das rigide Coronatest-Regime, das einen Cluster frühzeitig verhinderte. Die intensiven Kontrollen in der Gastronomie waren beispiellos – und vielleicht beispielgebend – für andere Veranstalter. Das Thema »The Great Transformation« (eine Referenz an den Ökonomen, Autor und Philosophen Karl Polanyi) wurde in drei Tracks heruntergebrochen: »The Climate Opportunity«, »Securing Our Future« und »The Financing of Europe’s Future«. Größere Panels fanden ausschließlich in englischer Sprache statt, mehr denn je wurde gestreamt.

Politprominenz ohne Regierungsspitze
Jedenfalls kamen eine Reihe von Regierungsmitgliedern mit eigenem Programm und aktuellen Themen nach Alpbach. Das Forum verzeichnete (Einzel-)Auftritte der Bundesminister(innen, in alphabetischer Reihenfolge): Blümel, Edtstadler, Fassmann, Gewessler, Köstinger, Mückstein, Schallenberg, Schramböck, Zadic. Wer heuer (bewusst?) fehlte, war die Regierungsspitze. Hinzu kam die Eröffnung durch Bundespräsident Van der Bellen, gemeinsam mit der Präsidentin Griechenlands, Katerina Sakellaropoulou und Landeshauptmann Platter. Die diversen internationalen Vortragenden lieferten spannende Impulse, darunter drei europäische Regierungschefs sowie drei Mitglieder der Europäischen Kommission und eine Reihe von Ministern von Portugal über Litauen bis in den Irak.

Sichtbarer Aktionismus
Auch Aktivismus wurde erlebbar und sichtbar: Das Forum erlebte (wieder einmal) eine »Fridays for Future«-Demonstration sowie erstmals eine »Pride Parade«. Ein gewohntes, ausgelassenes Alpbach-Feeling kam aber nur schaumgebremst auf. Aus Veranstaltungen, die sich früher am Rande des Forums abspielten, wurden klar Nebenveranstaltungen. Das fast durchgehend regnerische Wetter trug ein Übriges dazu bei. Die offener gestalteten und sehr spontanen »Kamingespräche« mit Referenten (alle ohne Kamin) fanden in etwas abgeschwächter Form statt. In solchen stellten sich etwa Klimaökonom Gernot Wagner (New York University), Neos-Begründer Matthias Strolz oder Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger sowie Klimaschutzministerin Leonore Gewessler der Diskussion mit der jungen Generation. Gleichzeitig stattfindende, eher exklusive »Retreats« für Eingeladene zu Spezialthemen und sonstige Seitenkonferenzen waren teilweise mit dem offiziellen Programmgeschehen verwoben.
Ein Besuch in Alpbach lohnt sich weiterhin, 2022 (und danach!) – allerdings wird der Aufwand für Vorinformation und Organisation vor Ort wohl weiter steigen. Gleichzeitig wird sich eines nicht ändern: Die besonders bereichernden persönlichen Begegnungen finden spontan statt und lassen sich nicht planen.

Forum Alpbach, Fazit 176 (Oktober 2021), Foto: Matteo Vegetti

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