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Elitär ist anders

| 12. Oktober 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 176, Fazitbegegnung

Foto: Erwin Scheriau

Er ist Bildungs- und Kulturreferent des Steiermarkhofs, vormals Raiffeisenhof, im Grazer Bezirk Wetzelsdorf, dem Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer. Der 53-jährige Johann Baumgartner hat in diesem Haus, das sich als Brücke zwischen Stadt und Land, als Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Konsumenten definiert, vor 18 Jahren seine berufliche Heimat gefunden.

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Als Bergbauernsohn wächst er mit drei Geschwistern in St. Kathrein am Hauenstein in Peter Roseggers Waldheimat auf. Nach der Hauptschule in Ratten macht er erst den Facharbeiter, dann den Meister in Landwirtschaft, im Francisco Josephinum in Wieselburg schließlich den Agraringenieur, holt die Abendmatura nach und studiert nebenberuflich an der Alpe-Adria-Universität »Erwachsenenbildung und Weiterbildung«. Herkunft, Werdegang und nicht zuletzt das Thema seiner Masterarbeit (»Kunst und Bildung«) prädestinieren den ebenso gelernten wie lehrenden Kommunikations- und Rhetoriktrainer für den Job in diesem Haus, in dem die gepflegte steirische Mundart und bei festlichen Anlässen der Steireranzug und das Dirndl zur atmosphärischen Grundausstattung gehören.

Vor allem als Macher und Kurator der Hofgalerie ist Johann Baumgartner ein Bindeglied zwischen urbanem und ländlichem Raum und Geist. Neben dem 70-Jahr-Jubiläum des Steiermarkhofs feiert dieser Tage die Hofgalerie ihren 50. Geburtstag. 1971 von Heiner Herzog gegründet, vermochte es Baumgartner, seit seinem Eintritt im Grazer Kulturhauptstadtjahr 2003 die Galerie in mehrerlei Hinsicht zu professionalisieren. Durch mehrere Zu- und Umbauten des Hauses können drei verschiedene Ausstellungen zugleich gezeigt werden, die eigentliche Hofgalerie im Parterre wechselt alle vier bis acht Wochen die Künstler, die sich wiederum aus einer Mischung aus Prominenten und Jungen rekrutieren. Gemein ist ihnen jedenfalls, dass sie allesamt sehr gern in die Hofgalerie kommen, weil sie zum einen wissen, dass durchschnittlich 200 Gäste allein zu den Vernissagen kommen – »bei Gerald Brettschuh waren es 700« (Baumgartner) – und auch sonst mit jährlich mehr als 70.000 Gästen und Seminarteilnehmern im Steiermarkhof für großes Publikum gesorgt ist sowie zum anderen, weil an den Verkäufen in der Regel keine Kunst- und Zwischenhändler mitverdienen.

Baumgartner schlägt damit mehrere Fliegen mit einer Klappe: Von der Zufriedenheit der Künstler zeugen zusätzlich die 80 bis 100 Ausstellungsbewerbungen pro Jahr, insbesondere schafft Baumgartner aber einen niederschwelligen Zugang zu Kunst, an der im Haus buchstäblich niemand vorbeikommt. Die Kunst kommt hier quasi zu den Leuten und nicht umgekehrt. Das entspricht auch seiner Überzeugung, dass Kunst nicht elitären Kreisen vorbehalten sein soll, sondern dazugehört: »Kunst ist Teil von gesamtheitlicher, humanistischer Bildung«, ist Baumgartner felsenfest überzeugt. Der ehemalige JVP-Landesobmann und derzeitige Kurator im Universalmuseum Joanneum sorgt seit zehn Jahren auch für Musik im Haus. In Zusammenarbeit mit dem Johann-Joseph-Fux Konservatorium und dem Steirischen Kammermusikfestival ist Echte Volksmusik, Blas- und Symphonieorchester und sogar Jazz zu hören.

In vielerlei Hinsicht spannungsgeladen dürfte die nächste Ausstellung werden: Vom 14. Oktober bis 25. November findet hier erstmals die nunmehr sogenannte »Künstlerhof-Schau«, Jahresausstellung der fünf großen steirischen Künstlervereinigungen, statt. Hintergrund ist deren Nicht-mehr-willkommen-Sein, sprich Unbeliebtheit im Grazer Künstlerhaus vulgo Halle für Kunst&Medien – das in den 1950er Jahren aber eben für diese Künstlervereinigungen gebaut wurde. Für die neue Schau in der Hofgalerie darf zwar jeder Künstler zwei bis vier Werke einreichen, aber es ist nicht mehr vereinbart, dass auch von jeder der Künstlervereinigungen Werke zu sehen sein werden. »Das Konzept ist mit den jeweiligen Präsidenten besprochen und vereinbart« so Baumgartner, der klug genug ist, extern kuratieren zu lassen. Wenn das klappt, wäre ein jahrzehntelanger Zwist beigelegt. Und es wäre Johann Baumgartners Meisterstück.

Johann Baumgartner wurde 1968 in eine Landwirtefamilie hineingeboren. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sehr unterschiedliche Ausbildungen, teilweise auf dem zweiten Bildungsweg und ein Fernstudium ebneten dem ehemaligen JVP-Landesobmann seinen Weg zum Pädagogik-, Bildungs- und Kulturreferenten im Steiermarkhof der Landwirtschaftskammer. Mit der Professionalisierung der Hofgalerie erntet er Zustimmung sowohl beim Publikum also auch bei den Künstlern. Die »Künstlerhof-Schau« ab 14. Oktober könnte einen alten Streit beilegen.   steiermarkhof.at

Fazitbegegnung, Fazit 176 (Oktober 2021) – Foto: Erwin Scheriau

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