Erfolgsfaktor Familie
Carola Payer | 30. November 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 178, Serie »Erfolg braucht Führung«
Über das Arbeiten im Familienunternehmen. Ein Gespräch von Carola Payer mit der Grazer Familie Totz, deren Mitglieder gemeinsam eine Steuerberatungskanzlei betreiben.
::: Hier im Printlayout online lesen
In Österreich handelt es sich bei rund 157.000 Firmen um Familienunternehmen. Diese geben mehr als 1,8 Millionen selbstständig und unselbstständig Beschäftigten einen Arbeitsplatz und erwirtschaften Umsätze in der Höhe von rund 414 Milliarden Euro. Inklusive der Ein-Personen-Unternehmen gibt es rund 273.600 Familienunternehmen mit mehr als 1,9 Millionen Beschäftigen. Diese erzielen Umsätzen von rund 442 Milliarden Euro. Familienunternehmen zeigen gerade in Zeiten mit starken Umbrüchen oft die Fähigkeit, sehr stabil zu bleiben. Das liegt an einer soliden und nachhaltigen Wirtschaftsbasis. Nicht das Quartalsergebnis für die Börse oder der Vierjahresturnus von Wahlen zählt, sondern das Denken in Generationen ist maßgeblich. Fakt ist auch, dass im Gegensatz zum Unternehmen als wirtschaftsorientiertes System eine Familie kein rationales Gebilde ist, mit seiner eigenen Geschichte und ganz spezifischen Beziehungsphänomenen. Die Emotionen im Miteinander haben daher noch mal eine spezielle Dynamik. Im Interview mit Familie Totz: Geschäftsführer und Vater Marcus Totz, Partnerin im Unternehmen und Ehefrau und Mutter Angelika Totz, Tochter und Partnerin im Unternehmen Anna Totz und Sohn und Mitarbeiter Bernhard Totz, haben wir das spezifische Miteinander reflektiert.
Manchmal mehr Zufall als strategischer Plan
Spannend ist, dass bei Familienunternehmen nicht immer der klare strategische Businessplan zur Gründung führte, sondern die Umstände bzw. der Zufall. Marcus Totz: »Es war eigentlich Zufall, dass wir alle in der Firma sind. Ich wollte immer etwas mit meiner Frau machen!« Angelika Totz: »Es war eigentlich super, mit Marcus im gleichen Unternehmen zu starten. Die Kinder waren klein und es war praktisch, die Situation als Mutter und Betriebswirtin unter einen Hut zu bekommen. Die Flexibilität der Arbeitszeitgestaltung wäre für mich in einem anderen Unternehmen nicht möglich gewesen.« Bernhard Totz: »Ich wollte immer Buchhaltung machen und nach dem Bundesheer habe ich die WIFI-Buchhaltungsausbildung absolviert. Jetzt bin ich neben dem Studium im Unternehmen beschäftigt.« Anna Totz: »Ich wollte ausziehen, dafür musste ich Geld verdienen. Da war es naheliegend, quasi in der Firma »einzuziehen« und bei meinen Eltern zu arbeiten. Da gerade Bedarf war, habe ich in der Lohnverrechnung mitgeholfen. Irgendwann fing es mir an, Spaß zu machen. In der Zwischenzeit habe ich einiges im Unternehmen, bis zum Bilanzieren, probiert und merkte – das ist es! Heute bin ich beteiligt am Unternehmen, bereite mich gerade für die Steuerberatungsprüfung vor und es macht jeden Tag Freude, ins Büro zu kommen!«
Trennung Familie und Unternehmen
Während in klassischen Betrieben mit dem Schließen der Tür auch in der Regel die mit der Arbeit verbundenen Themen zumindest am »Feierabend« erledigt sind, dringen Unternehmensthemen nicht selten in die »letzten Winkel« der Familienkommunikation hinein. Strategische oder operative Themen abseits des Tagesgeschäftes werden in der Familie Totz eher in der privaten Zeit bzw. am Küchentisch besprochen. Bernhard und Anna Totz: »Privat können wir in Ruhe über alles diskutieren. Die Hektik des Alltags, wo wir mit Kundenthemen beschäftigt sind, ist nicht der richtige Rahmen. Im Büro werden dann relevante Details verschriftlicht und in Form gebracht.« Marcus Totz: »Der Beruf rennt immer zusammen mit der Familie. Daher ist es wichtig, auch Abstand zu gewinnen und anderen Themen im Leben Raum zu geben, Kunst, Sprachen, Sport, Ausgleich. Jeder braucht auch seine eigenen Inspirations- und Kraftquellen.«
Konfliktkultur im Familienunternehmen
Familien- und Gesellschafterkonflikte können die eigentliche Geschäftstätigkeit überlagern und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigen und im extremen Fall auch zerstören. »Familyness« ist einerseits eine wesentliche Ressource des Familienunternehmens, die zu einer besonders hohen Einsatz- und Opferbereitschaft von Familienmitgliedern führt. Diese kann aber bei Verletzungen, dem Gefühl von Zurückweisung, Enttäuschungen umschlagen und zu einer negativen »Familyness« werden. Diese kann dann zu Wut, Hass bis zum Zerstörungswillen führen. Auch Unternehmerehepaare müssen eine gute Gesprächskultur entwickeln. Enttäuschungen über die Nichterfüllung von gegenseitigen Erwartungen im Betrieb dürfen nicht in die private Partnerschaft getragen werden. Marcus Totz: »Konfliktsituationen sind meistens Meinungsverschiedenheiten oder Auffassungs- und Interpretationsunterschiede von rechtlichen Sichtweisen. Wir diskutieren intensiv die Zugänge zu den gesetzlichen Vereinbarungen. Ich finde, dass mich die Kinder hier auf Trab halten, und ich muss mich an ihnen reiben.« Angelika Totz: »Wir lösen die meisten Konflikte mit viel Diskussionen auf. Anna ist seit zehn Jahren bei uns im Betrieb und hat alle Arbeitsbereiche im Unternehmen durchgemacht. Da bringt sie auch viele wertvolle verschiedene Sichtweisen mit.« Bernhard Totz: »Es sind des Öfteren natürlich auch interne Absprachen, Unklarheit zu Zuständigkeiten, die Stress verursachen.« Anna Totz: »Natürlich reagiert man auch gerade in hektischen Situationen wegen Kleinigkeiten mal emotional. Und, wenn ich zu einem Thema sehr gut eingelesen bin, weiß ich Dinge genauer und besser und muss den Seniorexperten – also meinen Vater – halt ein wenig dominanter überzeugen.« [lacht] Bernhard Totz: »Auch mit den Mitarbeitern habe ich ein gutes Verhältnis. Sie verstehen auch, dass Kinder mit ihren Eltern im Arbeitskontext eventuell sich auch mal anders reiben.«
Teamarbeit und Kooperation
Bernhard Totz: »Jeder hat schon so sein Spezialgebiet. Ich kümmere mich zum Beispiel um die EDV-Systeme, Anna managt viele Teamthemen. Dennoch sind Papas Schuhe schon noch sehr groß. Da ist er sicher noch sehr dominant. Da gibt es noch viel zu lernen.« Marcus Totz: »Betriebsblindheit vorzubeugen ist auch ein wichtiges Thema. Wir arbeiten daher mit anderen Kanzleien zusammen und leben dabei sehr intensiv Kooperationen. Da lernen wir, wie andere es machen, und gestalten so wieder unsere eigen Weg.« Anna Totz: »Aufgrund der Situation am Arbeitsmarkt, den Generationenthemen und dem großen Frauenanteil in unserer Branche müssen wir eventuell auch neue Arbeitszeitkonzepte überlegen. Die Viertagewoche ist die Zukunft. An der Umsetzung scheitert es momentan noch wegen der hohen Arbeitslast. Konkret haben wir noch keine Idee, wie das momentan in der Praxis gehen soll. Ich denke, das wird sicher wachsen und sich entwickeln. Eine gute Unternehmenskultur ist uns ein Anliegen.« Angelika Totz: »Unsere Mitarbeiter sind auch froh, weil sie wissen, dass es nach unserer Pension weitergeht und ihr Arbeitsplatz bestehen bleibt.«
Dr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at
Fazit 178 (Dezember 2021), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 45)
Kommentare
Antworten