Energieverbrauch
Redaktion | 2. Mai 2022 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 182, Fazitthema
Die Dimensionen unseres Energieverbrauches sind ungeheuer: Bevölkerung und Wirtschaft erweisen sich als gieriger Moloch, dessen Hunger nach Gas, Treibstoffen und Strom kaum zu stillen ist. Alternativen sind kaum in Sicht. Energieautarkie und Klimaschutz sind Herkulesaufgaben. Text von Johannes Roth
::: Hier im Printlayout online lesen
Etwas mehr als fünf Millionen Pkw stehen den Österreicherinnen und Österreichern zur Verfügung. Alle diese Autos müssen betankt werden. Vormittags ist es am günstigsten – um genau zu sein: knapp vor 12 Uhr –, denn die Spritpreisverordnung besagt, dass Tankstellen ihre Preise nur einmal pro Tag, nämlich um 12 Uhr, erhöhen dürfen. Ein Recht, von dem die Tankstellenbetreiber in den letzten Wochen reichlich Gebrauch gemacht haben: An 2016, als der Liter Diesel um 0,96 Euro zu haben war, wagt man sich kaum mehr zu erinnern. Die Energie, die notwendig ist, um Österreich täglich in Bewegung zu setzen, ist ungeheuer. Um sie zu erzeugen, sind Millionen Tonnen Treibstoff notwendig, Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr. Verkehr ist der mit Abstand größte Energieräuber hierzulande – weit vor Industrie, privaten Haushalten, dem Dienstleistungssektor oder der Landwirtschaft. Von den 1.122 Petajoule (224,4 Terrawattstunden) jährlichen Gesamtenergieverbrauchs entfallen rund 400 (80 TWh) auf den Verkehr (VCÖ 2019). Spritpreise gehören zu den sensibelsten gesellschaftspolitischen Themen. In Frankreich etwa waren es 2018 die Proteste gegen die durch Umweltsteuern künstlich erhöhten Spritpreise, die zu monatelangen Krawallen (Stichwort „Gilets Jaunes“/Gelbwesten) geführt hatten.
Die Treibstoffversorgung auf halbwegs leistbarem Niveau zu gewährleisten, erfordert einiges an Arbeit: Einer Zusammenfassung der WKO zufolge betrug der Mineralölverbrauch in Österreich 2020 unter Einbeziehung aller Mineralölprodukte (Kraftstoffe, Heizöl, Schmiermittel und Bitumen) 9,8 Millionen Tonnen. Der Verbrauch von Benzin und Diesel belief sich 2020 laut Klimaschutzministerium (BMK) auf knapp 7,64 Millionen Tonnen. Umgerechnet sind das etwa 9,24 Milliarden Liter pro Jahr.
Energieträger überwiegend fossil
Das Rohöl wird zum überwiegenden Teil importiert, bevor es von der OMV in Schwechat raffiniert und verteilt wird. Die größten unserer Handelspartner, die dafür sorgen, dass die Versorgungssicherheit mit Kraftstoffen und Heizöl gewährleistet bleibt, sind Kasachstan, Irak und Russland. Früher spielten auch Länder wie Libyen oder Aserbeidschan eine gewisse Rolle, doch die Importe aus diesen Ländern wurden 2020 drastisch eingeschränkt. 7,5 Millionen Tonnen importierten wir 2020, coronabedingt um 13 Prozent weniger als noch 2019. Kurz: Energie ist ein zentraler Bestandteil unserer Daseinsvorsorge.
Was brauchen wir? Öl und Gas, um unsere Autos zu bewegen und unsere Industrien am Laufen zu halten, Strom, um der Gesellschaft neuzeitlichen Komfort und der Wirtschaft die notwendige Aufwärtsbewegung zu ermöglichen. Das stellt uns vor ein Problem. Denn die moralischen Standards in jenen Staaten, aus denen wir die erforderlichen Rohstoffe importieren müssen, sind – gemessen an den unseren – niedrig. Fossile Brennstoffe, die uns einen großen Teil der benötigten Energie liefern, sind zudem bekanntermaßen Gift für die Umwelt, der Erzeugung von Atomkraft im eigenen Land haben wir schon vor langer Zeit eine Absage erteilt. Abgesehen von den eigenen verschwindend geringen Fördermengen an Erdöl und Erdgas haben wir kaum Alternativen: Die Wasserkraft in Österreich ist zu 70 Prozent ausgeschöpft, Windkraft und Photovoltaik sind entsprechend unterentwickelt. Kurz: Wir sind abhängiger denn je von Energieträgern, die uns zugeliefert werden. Diese Abhängigkeit schafft eine Reihe an Problemen. Das im Augenblick größte davon ist zum einen, dass sie uns der Möglichkeit beraubt, durch ein Gasembargo Einfluss auf die russische Aggression zu nehmen, zum anderen die Tatsache, dass wir die im Augenblick herrschende extreme Teuerung der Energiepreise einfach hinnehmen müssen. Diese Teuerung hat lange vor der Ukraine-Krise, nämlich bereits Anfang des vergangenen Jahres, eingesetzt. Preistreiber war das Gas.
Exorbitante Gaspreissteigerung
Die Preissteigerung ist ein Ergebnis von Spekulationen und dem Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Zufälle. Weltweit stieg während der Corona-Epidemie die Nachfrage nach Gas, das Angebot wurde gleichzeitig geringer. In Brasilien trocknete etwa eine Jahrhundertdürre die Flüsse aus, was dazu führte, dass dort nicht so viel Strom aus Wasserkraft produziert und ins Netz eingespeist werden konnte. Gleichzeitig war der Winter 2020/2021 vielerorts härter als sonst gewesen, was den Stromverbrauch ebenfalls erhöht hatte. Und da Strom- wie auch Heizkraftwerke zu einem wesentlichen Teil mit Gas betrieben werden, hatte das zur Folge, dass weniger Reserven gebildet werden konnten. Dazu kamen noch einige andere Faktoren, die in Summe eine exorbitante Teuerung bewirkten: Zwischen Jänner 2020 und Jänner 2021 stiegen die Großhandelspreise für Erdgas um fast 600 Prozent.
Die Gazprom, von der wir etwa 80 Prozent unseres Gases beziehen, erfüllte zwar ihre Lieferverpflichtungen, lieferte aber trotz Nachfrage nicht mehr als ausgemacht. Die Gasspeicher, die sonst während des Sommers gefüllt werden, wenn die Nachfrage und dementsprechend auch der Preis niedrig sind, blieben vergangenes Jahr leer. Das Speichervolumen aller österreichischen Gasspeicher beträgt übrigens 95,5 Terrawattstunden, zu Redaktionsschluss lag der Speicherstand bei nur mehr 14,1 Terrawattstunden (TWh). Sie werden jetzt, mit dem Ende der Heizsaison, wieder befüllt. Sind sie voll, könnte theoretisch der Gasbedarf eines ganzen Jahres mit Gas aus dem Speichersystem gedeckt werden: Ganz Österreich verbrauchte während des Jahres 2021 – ein Rekordverbrauchsjahr – 96,3 TWh. Laut E-Control sind die heimischen Gasspeicher aber vor allem dafür gedacht, saisonale Bedarfsschwankungen auszugleichen. Österreich ist aber auch eine der wichtigsten europäischen Gasdrehscheiben. Das Gas, mit dem die Anlagen befüllt werden, kommt aus Pipelines über die Ukraine aus Russland. Es gelangt über den Erdgas-Hub Baumgarten nach Österreich. Der ungestörte Betrieb von Baumgarten ist entscheidend für halb Europa. Italien, Slowenien, Kroatien, Ungarn, die Slowakei, Deutschland und Frankreich – sie alle beziehen Gas, das durch Baumgarten geschleust wird. In Österreich gibt es von Baumgarten aus zwei Hauptversorgungsleitungen, die Trans-Austria-Gasleitung und die West-Austria-Gasleitung. Die Binnenlage Österreichs macht die Gasversorgung auf alternativen Routen schwierig: Um Gas per Schiff zu importieren, fehlt uns einerseits die Küste, andererseits die Kapazität: Am Schiff kann es nur flüssig transportiert werden, um die entsprechenden Mengen hierzulande wieder zu verdampfen, fehlt es in Österreich schlicht an Infrastruktur.
Ohne russisches Gas wird es kalt und dunkel
900.000 Wohnungen werden mit diesem Gas beheizt, aber nur insgesamt 20 Prozent des direkten heimischen Gasverbrauches entfallen auf private Haushalte. 30 Prozent werden verstromt und in Heizkraftwerke gepumpt, weil es billiger ist, Gas zur Gewinnung von Strom einzusetzen, als andere Methoden anzuwenden. 40 bis 60 Prozent (je nach Quelle) des heimischen Gases braucht unsere Industrie: Papierhersteller benötigen am meisten, gefolgt von der chemischen Industrie, der Stahlerzeugung sowie der Stein- und Glasindustrie. 3,5 Prozent des heimischen Gases werden von der Nahrungsmittelindustrie in Anspruch genommen. Allein diese Zahlen zeigen, wie schwierig ein Verzicht auf Gas an sich und russisches Gas im Besonderen wäre. Denn es gibt keine schnell verfügbaren Alternativen. Selbst wenn alle logistischen und technischen Probleme um den Flüssiggasimport gelöst wären, gäbe es am Weltmarkt nicht genug davon. Die Anzahl der Gas-Exporteure ist begrenzt. Neben den USA wären es vor allem Nigeria und Katar, die uns ihr Gas sehr, sehr teuer verkaufen könnten, wobei der Preis aber nicht das einzige Problem wäre. Die USA setzen zur Förderung das bei uns aus umweltpolitischer Sicht verpönte Fracking-Verfahren ein. In Nigeria hat die Demokratie gelinde gesagt Defizite und auch aus Katar wird gemeldet, dass die dortige absolute Monarchie nicht im Traum daran denkt, die Scharia hinter die Rechtsstaatlichkeit und einer Demokratie westlicher Prägung zurückzudrängen. Wie bei den Rohölimporten gilt auch bei Gas: Moralische Skrupel muss man sich leisten können.
Daher ist ein Gasembargo aus österreichischer Sicht schlicht undenkbar. Wenn daher die Moral- und Haltungsjournaille mit immer größerer Vehemenz ein Gasembargo fordert, ignoriert sie daher bewusst oder, was naheliegender ist, aus Unwissenheit die wirtschaftlichen, sozialen und letztlich demokratiepolitischen Folgen dieser Forderung. Selbst wenn es genug leistbares und schnell verfügbares Gas aus anderen Ländern gäbe – man würde damit den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Auf absehbare Zeit wird Österreich daher wohl oder übel auch weiterhin mit russischem Gas leben müssen. Selbst der grüne Vizekanzler Werner Kogler musste in einem Interview mit der Kleinen Zeitung kürzlich einräumen, dass ein Verzicht auf russisches Gas »kurzfristig besonders schwierig« sei. Kogler: »Aber wir schaffen jetzt Abhilfe, indem wir nach und nach die Gasspeicher befüllen.« Sich mit Alternativen zu befassen, ist dennoch dringend geboten, denn auch ohne Sanktionen könnte es zu Lieferausfällen oder einem Totalstopp der Lieferungen aus Russland kommen. Die Folgen wären dramatisch. Eine »Energiekrise in nicht abschätzbarem Ausmaß« prognostiziert die Industriellenvereinigung in diesem Fall und weist auf ein zusätzliches Problem hin: Das Energielenkungsgesetz enthält keine Bestimmungen zur Entschädigung von Vermögensnachteilen bei Gaslenkungsmaßnahmen, sondern nur für feste und flüssige Energieträger. Heißt: Ein Importstopp von Gas trifft nicht nur Russland, sondern direkt jene Industrien (und deren Arbeitnehmer!), die vom Gas abhängig sind.
Putin droht unverhohlen
Es ist durchaus vorstellbar, dass Russland ob der EU-Sanktionen von sich aus den Gashahn zudreht. So droht Präsident Wladimir Putin indirekt, aber dennoch unverblümt mit der frühestmöglichen Umleitung russischer Gaslieferungen nach Fernost: »Russland muss die nötige Infrastruktur schaffen, um die Exporte nach China und Asien zu vervielfachen.«
Und auch die Gazprom stellt uns angesichts der Bemühungen, die Gasspeicher jetzt wieder zu füllen, bereits die Rute ins Fenster. In ihrem Quartalsbericht hält sie fest: »Um das Zielniveau der EU zu erreichen, müssten 63 Milliarden Kubikmeter Gas eingespeist werden. Das ist sehr herausfordernd. In den letzten Jahren wurden solche Mengen während einer Saison niemals nachgefüllt (…). Die Befüllung von europäischen Untertagsspeichern erweist sich nun als ernste Herausforderung (…). Darüber hinaus hängt das gesamte Gasvolumen, das für europäische Verbraucher verfügbar ist, zusehends von der Nachfrage am wachsenden asiatischen Markt ab.« Die Warnung ist schwer zu übersehen: Sollten die Chinesen erhöhten Gasbedarf melden, werde man diesen wohl zuerst decken – Europa muss dann nehmen, was übrigbleibt.
Doch damit nicht genug: Auch das Umweltdilemma bleibt nach wie vor bestehen: Gas zählt als fossiler Brennstoff nicht unbedingt zu den klimafreundlichen Energieträgern, selbst wenn es bei der Stromerzeugung ein geringeres Übel darstellt als Strom aus Öl oder Kohle. Während Braunkohlebriketts bei der Erzeugung einer Kilowattstunde Strom 680 Gramm CO2 freisetzen, liegt dieser Wert bei Erdgas bei »nur« 250 Gramm. Immer noch zu hoch, wenn man das Klimaziel erreichen will, allein: Es fehlt an tragfähigen Alternativen. Denn 900.000 Gasheizungen lassen sich nicht einfach von heute auf morgen wegverbieten, das Gleiche gilt für die Industrie, deren gesamte Prozess- und Anlagetechnik auf Gas ausgerichtet ist. Atomstrom kommt für uns (anders als etwa für Frankreich) nicht in Frage, die Rückkehr zur Strom- und Wärmeerzeugung durch Kohle steht ebenfalls nicht zur Debatte. Was bleibt, sind Wasserkraftwerke, Windräder, großflächige PV-Anlagen und Biogas, um Strom zu erzeugen – die Topografie Österreichs macht den entsprechenden Ausbau aber schwierig. So sind bereits 70 Prozent des technisch-wirtschaftlichen Wasserkraft-Potenzials an Österreichs Fließgewässern genutzt, an die 5.000 Kraftwerke gibt es bereits, derzeit sind etwas über 200 neue Kraftwerke in Planung. Müßig zu erwähnen, dass Wasserkraftwerke nicht überall realisiert werden dürfen, wo ein Gewässer die nötige Fließgeschwindigkeit aufweist. Bereits jetzt werden über die Hälfte der neu zu errichtenden Wasserkraftwerke in »sehr kritischen« Schutzgebieten geplant, das sind etwa Nationalparks, Natura-2000-Gebiete oder Landschaftsschutzgebiete, Biosphärenparks oder Gewässerstrecken im guten bis sehr guten ökologischen Zustand. Nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie muss mit jedem Eingriff in ein Fließgewässer auch die Verbesserung des Gewässerzustands einhergehen.
Ökologischer Widerstand vorprogrammiert
Dementsprechend ist der Widerstand gegen Wasserkraftwerke vorprogrammiert. Den Grazerinnen und Grazern in bester Erinnerung sind die Proteste der Umweltschutzorganisationen gegen das Murkraftwerk in Graz Puntigam; mit einer Leistung von 17,7 Megawatt und jährlich 82 Millionen Kilowattstunden Einspeisungskapazität an grünem Strom ist der Bedarf von mehr als 45.000 Menschen in der steirischen Landeshauptstadt bzw. der Verbrauch von über 20.000 E-Autos gedeckt, über 60.000 Tonnen CO2 können jährlich eingespart werden. Dennoch sah sich die Energie Steiermark monatelang mit Protestcamps, Vandalismus, Imageschädigung etc. konfrontiert, bevor sie 2019 endlich die Inbetriebnahme melden konnte. Der Grund für die Protestaktionen: Entlang des Murufers mussten Bäume gefällt werden. Schon dem Baustart waren jahrelange Genehmigungsverfahren vorausgegangen, strengste UVP-Auflagen – 99 unterschiedliche Ökologisierungsmaßnahmen – mussten begleitend gesetzt werden.
So sinnvoll Umweltverträglichkeitsprüfungen grundsätzlich sein mögen: Die detailgenauen, weitreichenden und langwierigen Verfahren stellen ein massives Problem dar. Nicht zuletzt deshalb soll das UVP-Gesetz novelliert werden. Eine vom Ministerium eingesetzte Arbeitsgruppe, die untersuchen sollte, was zur Beschleunigung von UVP-Verfahren beitragen könnte, präsentierte Mitte Februar erste Ergebnisse. Die allerdings werden von IV, WKÖ und E-Wirtschaft als unzureichend und zu zögerlich beurteilt. Vor dem Hintergrund, dass in acht Jahren 100 Prozent des Stromes aus erneuerbaren Energiequellen stammen soll, ist tatsächlich Handlungsbedarf geboten. Denn bereits bei mittelgroßen Wasserkraftwerken können bis zur Genehmigung vier Jahre vergehen. Bei Netzausbauprojekten liegt die Höchstmarke derzeit bei acht Jahren, erklärt etwa die Organisation »Österreichs Energie«: Der Negativrekord in diesem Bereich liegt bei Pumpspeicherkraftwerken mit Genehmigungsdauern von über zehn Jahren. Gerade diese Kraftwerke bilden aber ein zentrales Element in der Klima- und Energiewende, weil sie Energie im großen Maßstab speichern können. Und erst wenn Strom aus Sonne und Wind gespeichert werden kann, hat er das Potenzial, zu einem Backbone unserer Energieversorgung zu werden. Darüber hinaus sind Pumpspeicher auch für die Versorgungssicherheit unerlässlich.
Die völlig unterschätzte Herausforderung
Eigentlich wären die Länder dazu verpflichtet, Gebiete auszuweisen, in denen Kraftwerke für alternative Energien – also vor allem Windparks und PV-Anlagen – errichtet werden könnten. Die sind allerdings säumig. So behauptet Vizekanzler Werner Kogler gegenüber der Kleinen Zeitung: »80 bis 90 Prozent (der Gebiete, in denen die Errichtung von Windkraftwerken möglich wäre) sind noch nicht einmal ausgewiesen.« Tatsächlich ist die Errichtung von Windparks nur schwer mit den Zielen des Landschaftsschutzes vereinbar. Nichtsdestotrotz: Die Zeit drängt, denn die Pläne zur Rettung des Klimas sind überaus ehrgeizig. Zunächst will Österreich bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 36 Prozent gegenüber 2005 reduzieren, dazu soll der Anteil erneuerbarer Energie am Bruttoendenergieverbrauch auf 45 – 50 Prozent erhöht werden. Derzeit liegt der Anteil der erneuerbaren Energien in Österreich bei rund 33,5 Prozent. Strom stammt bereits zu rund 72 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Bis zum Jahr 2030 soll Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Bis 2050 strebt Österreich den Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft, also die völlige »Dekarbonisierung« des Energiesystems, an. In der Gesamtbetrachtung erweist sich der Energiemarkt als ungeheuer komplex. Die Energiewirtschaft ist von so vielen wechselseitigen Abhängigkeiten am Weltmarkt geprägt, dass man sich moralische Dünkel nicht leisten kann. Langfristige Verträge, Regelwerke, gesetzliche Vorgaben sind die Vorausetzung für die Versorgungssicherheit, machen aber gleichzeitig jede Änderung der bestehenden Systeme so unendlich schwer. Der Klimawandel zwingt uns zum Umdenken: Alternative Energieträger müssen in einem überschaubaren Zeitrahmen gesucht und gefunden werden. Technologieoffenheit und pragmatische Ansätze matchen sich mit ideologiegetriebenen Lösungsvorstellungen. Man täte von Seiten der Politik gut daran, der Bevölkerung endlich reinen Wein einzuschenken und ihr zu verdeutlichen, wie die Situation auf dem heimischen Energiemarkt tatsächlich aussieht; dass nämlich ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern ohne gewaltige Technologiesprünge nur mit großen Wohlstandseinbrüchen und Verwerfungen im Bereich der sozialen Sicherheit möglich wäre.
Fazitthema Fazit 182 (Mai 2022), Foto: Adobe Stock
Kommentare
Antworten