Anzeige
FazitOnline

Die Kunst, Feedback zu geben

| 6. April 2023 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 191, Serie »Erfolg braucht Führung«

In der aktuellen Folge beschreibt Carola Payer wie wichtig es ist, sich gegenseitig Raum und Zeit geben.

::: Hier im Printlayout online lesen

Jeder redet davon. Zu wenige tun es oft genug – Feedback geben! Der englische Begriff »Feedback« bedeutet so viel wie »Rückfütterung« oder Rückkopplung. Feedback ist eine offene Rückmeldung an eine Person oder an eine Gruppe, wie ihr Verhalten von anderen wahrgenommen und gedeutet wird. Regelmäßiges Feedback schafft mehr Offenheit und Klarheit in Kooperationen und Beziehungen und kann damit zu einer verbesserten Kommunikation und Zusammenarbeit im Lebens- und Arbeitsalltag verhelfen. Zu wenig Feedback zu erhalten und auch nicht in der richtigen Qualität, wird in vielen Befragungen von Mitarbeitenden und Führungskräften in Unternehmen rückgemeldet. Vielfach ist das Bewusstsein der Bedeutung für eine gute Team- und Unternehmenskultur schon vorhanden, aber trotzdem scheint das unkomplizierte Rückmelden, was man am anderen schätzt oder wo man Optimierungen in der Kooperation sieht, schwer zu fallen.

Angst vor Feedback
Im Gegensatz zu Kindern haben Erwachsene oft verlernt, offen ihr Denken und Fühlen zu artikulieren. Viele haben in ihrer Biografie negative Erfahrungen von Rückmeldungen gespeichert: Anklagende Vorwürfe im Elternhaus, entwertende Aussagen von Lehrkräften, schuldorientierte Rückmeldungen im Arbeitsleben und verletzende Gespräche im Beziehungsleben. Dadurch hat man die Angst vor Verletzungen oder vor Sanktionen gespeichert. Das führt manchmal zum Ausbilden einer ausgeprägten Harmoniesucht, die sogar zu einem ruinösen Empathieverhalten führen kann. Störungen, Abweichungen oder Dissonanzen werden nicht angesprochen und führen zum Ausbilden von schwierig zu bearbeitenden Dynamiken in der Zusammenarbeit oder im Team. Außerdem geht man davon aus, dass man die Person verletzt, wenn man ihr offen sagen würde, was man über sie denkt. Feedbackgebern auszuweichen oder Mitarbeitergespräche und die Teilnahme an Teamreflexionen zu verweigern, kann eine Strategie sein, sich vor kritischem Feedback zu schützen. Doch genau die Offenheit für Feedback ist für die Effektivität einer gelingenden und die Vermeidung einer gestörten Kommunikation in Beziehungen von großer Bedeutung. Solange ein offenes Feedback unterbleibt, weiß die Person nicht, wie man ihr Verhalten wahrnimmt und empfindet. Sie bekommt so keine Chance, es zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern. Und weil keine Verhaltensänderungen stattfinden, sieht man das eigene Bild von der Person immer wieder bestätigt. Feedback ist keine einfache Angelegenheit, sowohl Feedback zu geben als auch zu nehmen. Es kann manchmal weh tun, peinlich sein, Abwehr auslösen oder neue Schwierigkeiten heraufbeschwören, da niemand leichten Herzens akzeptiert, in seinem Selbstbild korrigiert zu werden. Auch muss der offene Umgang mit Gefühlen, um die es beim Feedback auch geht, häufig erst erlernt werden.

Feedbackmodus. Auswertung statt Bewertung
Auf offene und wertschätzende Art und Weise Feedback zu geben, bedarf oftmals Reflexion und Übung. Wir neigen dazu, das, was wir an einer Person wahrnehmen, sofort zu bewerten und zu interpretieren und die Person daraufhin eventuell in eine Schublade zu stecken. Dabei teilen wir nicht offen mit, was wir wahrnehmen, sondern unterstellen eventuell ihrem Verhalten bestimmte Motive und ordnen diese dann schon bestimmten Gründen zu. Dieser Bewertungsmodus kann durch auswertendes Feedback verhindert werden. Hier beschreibt man das Verhalten von Menschen in gemeinsamen Kooperationssituationen. Was man wahrnimmt, wie das wirkt und was man sich wünscht. So wird es dem Feedbacknehmer möglich, Kritik anzunehmen und daraufhin gegebenenfalls auch bestimmte Verhaltensweisen zu ändern. Der Feedbackgeber lernt dabei, die vorgefertigten Bilder, die er von seinen Mitmenschen abgespeichert hat, in Frage zu stellen und darüber hinaus auch allgemein vorsichtiger mit Urteilen umzugehen. Wichtig ist hier der Umgang mit Emotionen. Wenn Feedbackgeber verärgert in ein Feedbackgespräch gehen, wird oft der Ärger in das Formulieren des Feedbacks eingebaut und kann in eine Kampfansage ausarten, in das das Gegenüber auch abwehrend oder kämpfend einsteigt. Auf Augenhöhe zu bleiben, wenn Erwartungen abweichen, ist wesentlich für einen wertschätzenden Dialog.

Feedback als Schatzgräber
Feedback kann viele Schätze in Kooperationen, im Team und in Beziehungen heben: Feedback ist eine Basis gegenseitige Erwartungen zu klären, hilft bei der Selbsteinschätzung und Verhalten und Muster zu reflektieren. Es ermutigt, hilft bei der Fehlersuche, fördert persönliche Lernprozesse und die Personalentwicklung. Feedback hebt die Motivation, hilft, zielgerichtet zu arbeiten, bewirkt eine engere Verbindung mit der Aufgabe und hilft bei der Identifikation mit der Arbeitsumgebung. Feedbackprozesse helfen, die Qualität von Entscheidungen zutreffend zu bewerten und zu beurteilen, fördern die Kreativität und die Fähigkeit, sich auszutauschen, und erhöht die Beziehung und das Vertrauen zwischen Menschen, die miteinander etwas bewegen wollen. Menschliche Begegnungen entstehen über Kommunikation. Der Schatz eines offenen, unkomplizierten und wertschätzenden gegenseitigen Feedbackprozesses wird viel zu sehr unterschätzt. Feedbackkultur zu fördern, lässt nicht nur Schätze finden, diese Potenziale tragen auch zur Performance bei und sind für eine leane Wertschöpfung unabdingbar.

Just do it
Verlassen Sie sich nicht auf die eventuell schon etablierten Feedbackinstrumente im Unternehmen, wie 360-Grad-Feedbacks, Mitarbeitergespräche, sondern nehmen Sie sich mehr Zeit und Raum, mit Ihren wesentlichen Umfeldpartnern auszutauschen. Selbstwerterhöhung und Anerkennung ist ein zentrales Bedürfnis von Menschen. Daher freuen sich Menschen über positives, anerkennendes Feedback und erhalten Motivation. Menschen brauchen aber auch Orientierung und Sicherheit. Daher trägt Feedback zu Erwartungen oder Abweichungen zu Klarheit für den Rahmen bei. Den großen Wunsch, zugehörig zu sein, erreichen wir alleine schon dadurch, dass wir dem Gegenüber ehrliche Aufmerksamkeit und Raum geben. Just do it more, and be impressed of the effects!

Foto: Marija KanizajDr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

Fazit 191 (April 2023), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 58)

Kommentare

Antworten