Das Triathletenduo
Volker Schögler | 10. Juni 2023 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 193, Fazitbegegnung
Als Anton Hergouth vor einem halben Jahrhundert zu laufen begann, war von der »Joggingwelle« in Österreich noch nichts zu spüren. Die »Dauerläufer« von damals wurden eher schräg angesehen. Heute, mit 76 Jahren, ist er sechsfacher Weltmeister im Triathlon und zweifacher im Duathlon, in verschiedenen Altersklassen.
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Als Anton Hergouth vor einem halben Jahrhundert zu laufen begann, war von der »Joggingwelle« in Österreich noch nichts zu spüren. Die »Dauerläufer« von damals wurden eher schräg angesehen. Heute, mit 76 Jahren, ist er sechsfacher Weltmeister im Triathlon und zweifacher im Duathlon, in verschiedenen Altersklassen. Seine Frau Marianne, 66, steht ihm dabei um nichts nach: sechsfache Triathlonweltmeisterin sowie einmal im Duathlon und einmal Europameisterin im Triathlon, ebenfalls in verschiedenen Altersklassen. Plus jeweils unzählige weitere Spitzenplätze, sodass bereits gute zehn Kilogramm Medaillen zusammengekommen sind. Und – unter anderem – das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark für besondere Verdienste als Botschafter des Sports für Anton Hergouth.
Der Gründer eines Installationsunternehmens, in dem auch seine Frau gearbeitet hat, hört oft den Satz »Warum tut Ihr Euch das an?«. Seinen Gegenfrage lautet: Warum macht ein Jüngerer beim Ironman mit, obwohl er weiß, dass er nicht gewinnen wird? –
Das muss wohl jeder für sich selbst beantworten. Außerdem seien die meisten Leute eher desinteressiert, »weil wir ihr schlechtes Gewissen sind.« Wer fühlt sich jetzt ertappt? Ja, der Mensch ist ein Bewegungstier und Sportler leben gar nicht länger, sondern Nichtsportler sterben zu früh.
Der Laufweg des Ehepaars führte zunächst über Volksläufe bis zu internationalen Marathons und mündete in den Triathlon, für viele die Königsdisziplin des aeroben Körpertrainings: Schwimmen (750 Meter oder Langdistanz vier Kilometer), Rad fahren (20 oder 180 Kilometer) und Laufen (fünf oder 30 Kilometer), die Distanzen können etwas variieren. Im Winter wird Schwimmen durch Langlaufen ersetzt. Alles geschieht unmittelbar hintereinander, im Schnitt sind die beiden dabei zwischen einer und neun Stunden unterwegs. Alle Altersklassen haben die gleiche Strecke und Distanz zu bewältigen wie die Elite. »Die Belohnung ist, dass wir hinterher über den Bewerb reden können«, meint er. Dass »es gut ist für den Stressabbau«, meint sie. Beide genießen jedenfalls die Kombination Reisen und Sport: Spanien (2012), China (2014), Australien (2016), Estland (2017), Rumänien (2020), Italien (2022), Norwegen und Ibiza (2023) – dabei das sind nur jene Länder, in denen einer von beiden die WM gewonnen hat. 2022 brachten sie in Andorra das Kunststück zustande, beide den Weltmeistertitel in ihrer jeweiligen Altersklasse zu erringen. Die Hergouths gehören damit wohl zu den gefürchtetsten Mitbewerbern in der Szene, ziemlich sicher aber sind sie das erfolgreichste Ehepaar. Dabei hat Marianne Hergouth erst mit 40 Jahren so richtig mit dem Laufen begonnen. Mit 50 hat ihr Mann sie überraschend zum Ironman angemeldet. »Dafür habe ich erst kraulen lernen müssen«, erzählt sie lachend. Beim Ironman muss man 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren und über die Marathondistanz von mehr als 42 Kilometern laufen. Sie hat das bereits sechsmal gemacht. Mein stummer Ausdruck des Erstaunens oder schlechten Gewissens oder einer Mischung aus beidem lässt sie beruhigend erklären: »Durch Sport bin ich besser über den Wechsel gekommen.«
Auch Anton Hergouths Erfahrungen lassen neue Erkenntnisse zu. Seinen WM-Titel in China errang er nach mehr als acht Stunden mit nur einer Minute Vorsprung auf den Zweiten: »Der Aerohelm bringt auf 100 Kilometer eine Minute, ebenso wie rasierte Beine, aber die hat fast jeder Fahrer.« Und das sind ganz schön viele. Bei normalen Veranstaltungen kommen 200 bis 500 Sportler, bei Multisportbewerben 3000 bis 4000. Auch der finanzielle Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Für das Rennrad muss man wie für das Mountainbike mit 6.000 Euro rechnen und wenn noch alles mit dem Flugzeug transportiert werden muss, wie letzten März nach Norwegen, entstehen schon einmal ziemlich hohe Reisespesen – die das Ehepaar natürlich aus eigener Tasche bezahlen muss. Dafür sind der südsteirische Triathlon oder jener in Stubenberg wieder mit dem eigenen Minivan erreichbar. Die daraus resultierende Gesundheit und Fitness ist ohnehin unbezahlbar. »Aber«, so Anton Hergouth, der übrigens eine Neffe des Dichters Alois Hergouth ist, »früher haben wir fünfmal in der Woche trainiert, heute brauchen wir nach einem Wettkampf schon drei Tage zur Regeneration.« Ich weiß nicht, ob er das nicht nur zu meiner Beruhigung gesagt hat.
Anton Hergouth wurde am 13. Mai 1947 in Graz geboren, Marianne Hergouth am 22. Juli 1956 in Gleisdorf; beide entstammen Handwerkerfamilien. Sie haben drei Kinder und acht Enkelkinder. Das Installationsunternehmen der Pensionäre wird von einem Sohn weitergeführt. Sie sind vielfache Triathlonweltmeister in ihren jeweiligen Altersklassen mit unzähligen weiteren Sportleistungsmedaillen und Pokalen und haben bereits an rund 500 Wettbewerben teilgenommen.
Fazitbegegnung, Fazit 193 (Juni 2023) – Foto: Andreas Pankarter
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