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Politicks Oktober 2023

| 10. Oktober 2023 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 196, Politicks

Von der Gesundheitsfront
Diese Ausgabe der Fazit-Politicks entsteht ausnahmsweise nicht in der Redaktion in der Grazer Schmiedgasse, sondern direkt an der Front der Gesundheitskrise, in einem Krankenzimmer des LKH Weiz. Das LKH Weiz stand wochenlang im medialen Fokus, weil es eine Reihe von Reformschritten über sich ergehen lassen musste. Letzte Höhepunkte waren die Umstellung der Chirurgie zu einer Wochenklinik – sprich Ambulanz und Notfallaufnahme sind an Wochenenden geschlossen – und die Vertiefung der Integration der internen Abteilung in einen Verbund mit den benachbarten oststeirischen und Grazer KAGes-Häusern. Was meinen Gesundheitszustand betrifft, sollten Sie wissen, dass es eine Reihe von Erkrankungen gibt, die eine intravenöse Antibiose erfordern. Als Patient ist man daher zu einem Spitalsaufenthalt verdonnert, weil drei bis vier Infusionen im mehrstündigen Abstand eben nicht ambulant verabreicht werden können. Also keine Sorge um mich persönlich! »Wir schaffen das!

Meine Neugierde war also groß, als ich vom Hausarzt zu einem »Ground Zeroder Spitalskrise überwiesen wurde. Was von der ersten Minute überzeugte: Die überwältigende Freundlichkeit und erwärmende Herzlichkeit des Pflegepersonals. Dieser Eindruck hat sich auch nach einigen Tagen des Aufenthalts nicht abgeschwächt, sondern kontinuierlich verstärkt. Diese Leute mögen ihre Patienten und – was für ihre Motivation mindestens ebenso so wichtig ist – sie mögen sich selbst und gegenseitig und sie haben kein Problem damit, an ihre Leistungsgrenzen zu gehen. Dass auch die medizinische Versorgung stimmt, zeigt folgendes Beispiel eines Zimmernachbarn: Er wurde zur Abklärung massiver Rückenschmerzen eingeliefert und sollte eigentlich nach einer Schmerztherapie wieder nach Hause. Bis der Befund seines Wirbelsäulen-CTs – er sitzt übrigens in einem völlig anderen KAGes-Haus – Alarm schlug, weil er einen Aortenriss diagnostizierte. Inzwischen hat der Herr Nachbar einen Aorten-Stent erhalten. Irgendwie gewinnt man als Direktbetroffener den Eindruck, dass die sogenannte Spitalskrise eher ein Streitthema der Regionalpolitik ist, dass das System zwar an seine Grenzen gerät, es aus Patientensicht aber immer noch hervorragend funktioniert.

Was sollen die Klimastreiks?
Die Fridays for Future-Kinder sind wieder da. Mit Schulbeginn gab es wieder eine massive Kundgebungswelle der Jugendlichen. Dass bei den Kids immer auch eine antikapitalistische Agenda mitschwingt, ist zwar bedenklich, trotzdem stellt sich die Frage, ob dem Klimaproblem womöglich nicht tatsächlich jene überragende Nummer-1-Position zukommen sollte, die von Fridays for Future eingefordert wird. Angesichts der Gefahren für den heimischen Industriestandort wegen der in Gang gesetzten Lohn-Preis-spirale und den viel zu hohen Energiekosten, den inflationsbedingt überbordenden Lebenskosten, die immer mehr Haushalte in ihrer Existenz gefährden, mag man verleitet sein, dem Klimaproblem tatsächlich nur den Stellenwert eines von vielen Problemen zuzubilligen. Denn natürlich ist das Klimaproblem rational betrachtet jenes, das erst zum Schluss angegangen werden sollte, weil der österreichische Beitrag an den globalen Emissionen mit 0,02 Prozent schließlich unter der statistischen Wahrnehmungsgrenze liegt und zum anderen bei uns die Emissionen ohnehin sinken, während sie weltweit deutlich steigen. Doch so einfach ist das Problem nun einmal nicht: Der Emissionshandel vernachlässigt nach wie vor Importe aus Drittländern und damit sämtliche Vorprodukte, die etwa in China hergestellt werden. Obwohl wir seit einem halben Jahrhundert wissen, was auf uns zukommt, wenn wir uns nicht vom Erdöl verabschieden, haben OPEC und Saudi-Arabien unmissverständlich klargemacht, dass sie selbst die letzten Ölreserven auf dem Planeten plündern werden, um im Geschäft zu bleiben. Damit liegt eines auf der Hand: Klimafreundliche Technologien werden sich weltweit nicht schon durchsetzen, wenn sie zur Verfügung stehen, sondern erst wenn sie absolut (also auch ohne CO2-Bepreisung) günstiger sind als die fossilen Technologien. Wenn unsere Kinder daran mitwirken, dass der Westen es schafft, eine globale CO2-Bepreisung zu erwirken, die tatsächlich auch die Schwellenländer und die arabische Welt erfasst, wäre das wichtigste Ziel im Kampf um das Klima erreicht.

Wie heiß wird der heiße Herbst?
Die Bundesregierung ist, so zumindest das beinahe tägliche Mantra von Finanzminister Magnus Brunner und Bundeskanzler Karl Nehammer, immer noch sehr stolz darauf, dass die Kaufkraft trotz massiver Inflation erhalten werden konnte. Dass ihr dabei die Inflation und damit die internationale Wettbewerbsposition unserer offenen Volkswirtschaft entglitten sind, hat die ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP jedoch übersehen. Und so leidet der Wirtschaftsstandort unter jedem Prozentpunkt, um den die heimische Inflation höher ist als jene der Eurozone oder der internationalen Zielmärkte.

Tatsächlich war die Regierung in ihrer Inflationsbekämpfung alles andere als untätig. Zu nennen sind die Valorisierung der Sozialleistungen, die Abschaffung der Kalten Progression, aber auch die diversen Einmalzahlungen, der Energiepreisdeckel und die 10-prozentige Pensionserhöhung. Im letzten Herbst stimmte das konjunkturelle Umfeld noch. Daher sahen sich die Arbeitgeber außerstande, den massiven Lohnforderungen der Gewerkschaften, die damals zusätzlich von der Regierung unterstützt wurden, zu trotzen. Doch nun steht abermals eine von hoher Inflation überschattete Herbstlohnrunde ins Haus. Und seit dem Vorjahr haben sich die ökonomischen Vorzeichen deutlich geändert. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian stellte bereits vor Verhandlungsbeginn klar, dass der ÖGB nicht wegen der falschen Regierungspolitik auf notwendige Lohnerhöhungen verzichten werde.
Die gewohnten Rituale bei Lohnverhandlungen werden daher heuer erstmals seit langem nicht zu einer Einigung beitragen. Die Betriebe können sich die nochmalige Inflationsabgeltung im hohen einstelligen Prozentbereich schlicht nicht leisten. Ein Ökonom von Agenda Austria fordert daher abgabenfreie Einmalzahlungen, die Neos fordern eine massive Senkung der Lohnnebenkosten zugunsten der Verhandlungsergebnisse. Die Gewerkschaft kann beiden Ideen nicht viel abgewinnen. Daher wird ein Showdown die Folge sein; mit einem Abschluss, der die Inflation jedenfalls weiter befeuert.

Gemeinsame Regierungssitzung
Am 20. September fand in Wolfsberg die erste gemeinsame Regierungskonferenz Kärntens und der Steiermark statt. Die Landeshauptmänner Christopher Drexler und Hans-Peter Kaiser präsentierten mit ihren Stellvertretern Anton Lang und Martin Gruber zahlreiche gemeinsame Vorhaben, die in Angriff genommen werden sollen, um die Vorteile der Koralmbahn zu nutzen.

Mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung zwischen den beiden Ländern untermauerten die Regierungsmitglieder die künftig noch engere Zusammenarbeit. Mit ihr sollen jene Chancen noch besser genutzt werden, die sich durch die Inbetriebnahme der Koralmbahn ergeben. »Der neue Zentralraum, der hier entstehen wird, bringt für beide Länder unschätzbare Vorteile, betonten Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler sowie die beiden stellvertretenden Landeshauptmänner Martin Gruber und Anton Lang in der anschließenden Pressekonferenz. »Mit 1,1 Millionen Einwohnern, über 500.000 Arbeitskräften und einer demografischen Wachstumsrate von 2,5 Prozent wird der neu entstehende Zentralraum zu einem der dynamischsten Mitteleuropas, ist sich Kaiser sicher. Entstehen soll eine »ganz neue Form der Interregionalität auf allen Ebenen. Die Regierungen in Kärnten und in der Steiermark hätten bereits bewiesen, dass sie nicht nur gut arbeiten, sondern vor allem gut zusammenarbeiten, so Drexler. »Diese Qualität der Zusammenarbeit wollen wir nun über die Landesgrenzen hinaus etablieren, denn es ist eine Zusammenarbeit im Interesse der Menschen in unseren Ländern. In einer Zeit mit vielen Herausforderungen schaffe die neue Infrastruktur positive Rahmenbedingungen, welche die Perspektiven für beide Länder grundlegend verändern. »Es wird sich ein neues Band von Wohlstand und Arbeit entwickeln, das die beiden Länder miteinander verbindet.

 

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Politicks, Fazit 196 (Oktober 2023)

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