Tandl macht Schluss (Fazit 199)
Johannes Tandl | 10. Januar 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 199, Schlusspunkt
Die Gefahr der Deindustrialisierung steigt. Die Politik schaut zu. Das Jahr 2024 wird ein Superwahljahr. Entsprechend groß waren die Steuergeschenke an die Pensionisten und an die Beamten, mit denen sich die Regierung die 3,3 Millionen Betroffenen gewogen halten will. Doch damit wurde auch ein Präjudiz für die Kollektivvertragsverhandlungen geschaffen. Denn nun muss natürlich auch die SPÖ-dominierte Gewerkschaft bei ihrer Klientel – den Arbeitnehmern – punkten. Dabei befindet sich Österreich in Bezug auf seine Wettbewerbsposition ohnehin schon auf dem Weg nach unten; Und zwar wegen seiner im Vergleich zu Asien und den USA dreimal höheren Energiepreise.
Wer jetzt glaubt, dass sein eigener Job nichts mit der Exportwirtschaft zu tun hat, liegt leider falsch. In Österreich hängen rund 60 Prozent aller Arbeitsplätze direkt oder indirekt von den Erfolgen der Exportwirtschaft ab. Dazu gehören die Mitarbeiter der Handwerker und Zulieferer ebenso, wie die der Supermärkte, Bäcker, und Gastronomiebetriebe. Schließlich kaufen dort auch die Arbeitnehmer der Exporteure und der sie beliefernden Unternehmen ein. Eigentlich war es den Gewerkschaften völlig klar, dass sich die Unternehmen angesichts des Verfalls der österreichischen Wettbewerbsposition keine hohen Lohnabschlüsse leisten können. Trotzdem setzten ihre überzogenen Forderungen mit Streikdrohungen und danach mit Streiks durch. Den Arbeitgeberverhandlern gingen – vor dem Hintergrund der Beamtenabschlüsse und Pensionserhöhungen – die Argumente aus und sie gaben nach. Dabei lagen die Arbeitskosten je geleisteter Stunde bei uns schon vor den diesjährigen Lohnabschlüssen um gut 20 Prozent über jenen der USA und sogar um 63 Prozent über jenen Japans (Quelle: IDW-Köln). Mit der vollen Inflationsabgeltung werden wir nun auch Deutschland, Frankreich und Finnland hinter uns lassen. In Europa ist die Arbeit dann nur mehr in der Schweiz, in Belgien und in Skandinavien teurer als in Österreich.
Aufgrund der internationalen Wettbewerbssituation ist jedenfalls nicht damit zu rechnen, dass die Industrie die höheren Personalkosten auf ihre Produkte aufschlagen kann. Daher überarbeiten die großen Unternehmen gerade ihre Investitionsprogramme; meistens zugunsten ihrer Überseestandorte. Dazu kommt, dass etwa China nach der Marktführerschaft in einigen wesentlichen Branchen längst auch die Technologieführerschaft übernommen hat. Und so droht etwa – als Folge der Antriebselektrifizierung – gerade der Absturz der europäischen Autoindustrie.
Doch anstatt der Bevölkerung endlich die Augen hinsichtlich der enormen Bedeutung einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft zu öffnen, streut ihr die Regierung weiterhin Sand in dieselben. So wurde etwa für die Steiermark gerade erst eine Studie veröffentlicht, die besagt, dass von den 40.000 Jobs im steirischen Autocluster bis 2040 »nur« etwa 8.000 abwandern werden. Vielleicht haben die Studienautoren ja die Zahlen, mit denen die Unternehmen ihre eigene Beschäftigungsentwicklung kommunizieren, für bare Münze genommen. Doch gerade große Konzerne halten sich gerne zurück, wenn es um die Verkündung von unangenehmen Botschaften geht. So plant etwa ein großer internationaler Autozulieferer mit mehreren Werken in Österreich, darunter eine mächtige Entwicklungsabteilung in der Steiermark, gerade den Bau eines noch mächtigeren F&E-Standorts in Indien. Bisher dringt auf den offiziellen Kommunikationskanälen des Unternehmens nichts über die 11.000 Ingenieure und Entwicklungsmitarbeiter, die dort im Endausbau arbeiten sollen, nach außen. Nur dass bereits 1.000 hochqualifizierte Inderinnen und Inder eingestellt wurden, hat man veröffentlicht. Und so weiß bisher nur das Management, ob diese 11.000 F&E-Mitarbeiter nicht auch einige Tausend Hightecharbeitsplätze in Österreich ersetzen werden. Die Indizien rechtfertigen jedenfalls eine deutlich erhöhte Alarmstufe in Bezug auf den Fortbestand unserer Zukunftsindustrien.
Die Politik soll in diesem Zusammenhang auch nicht so tun, als würde die Dekarbonisierung ausschließlich positive Auswirkungen für Österreich haben. Solange die Klimawende die Energie für die gewerblichen Verbraucher teurer und nicht billiger macht, werden durch sie die bestbezahlten Jobs des Landes gefährdet.
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Tandl macht Schluss! Fazit 199 (Jänner 2024)
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